Saint Etienne
“International”
(CD, Heavenly Recordings, 2025)
Wenn Saint Etienne ihr – wenn man ihre beiden Soundtrack-Scheiben nicht mitrechnet, das zuerst nur in Japan erschienene “Continental” aber schon – 13. Album “International” veröffentlichen, dann handelt es sich laut ihrer Ankündigung auch um ihr letztes. Aufgenommen hat die 1990 von den seit jungen Jahren befreundeten Bob Stanley und Pete Wiggs in London gegründete Formation, zu der seit 1991 auch Sängerin Sarah Cracknell gehört, die Scheibe zusammen mit Tim Powell, der einst zum Produzententeam Xenomania gehörte.
Und dann gehen sie getrennte Wege, weil sie sich musikalisch oder in persona auseinandergelebt haben? Nein, so soll es tatsächlich nicht sein und Saint Etienne bezeichnen sich immer noch als beste Freunde – die aber nicht ewig weitermachen wollen und somit entschieden haben, nur neun Monate nach dem letzten Longplayer “The Night” Abschied zu nehmen. Live-Termine sind für 2026 aber noch in Planung.

(© Rob Baker Ashton)
Für die 42 Minuten von “International” als ihr großes Finale hat das Trio mit einigen Freunden und Zeitgenossen kollaboriert. Los geht es pompös und druckvoll, wenn die erste Vorab-Single “Glad” als Opener fungiert, tanzbar treibend, abgroovend und schwer eingängig, zudem gute Laune machend, wenn es darum geht, sich an alltäglichen Dingen wie der Natur zu erfreuen, weil das Leben sonst schon schwer genug ist. Gemeinsam mit Tom Rowlands von den Chemical Brothers haben sie diese Nummer geschrieben und produziert, bei der auch Jez Williams von Doves an der Gitarre zu hören ist.
Tim Powell ist nicht nur als Produzent und Mixer des Longplayers mit im Boot, die melodische Clubnummer “Dancing Heart” hat er zusammen mit Saint Etienne erarbeitet. Warme Elektroklänge sind es wieder, die dominieren, was auch der als Gesangsduett mit Nick Heyward von Haircut 100 erschaffene Elektropopsong “The Go Betweens” untermauert, der mit zusätzlicher Produktion von Gus Bousfield vielleicht auch ein Überbleibsel der “The Night”-Tage ist, schließlich hatte er diese Scheibe mit der Band produziert.
Sphärischer wird es dann bei “Sweet Melodies” über Liebesgefühle in sich tragende, in warmen Sommernächten in verschiedenen Großstädten gehörte Melodien, einer Kollaboration von Saint Etienne mit dem britischen DJ und Remixer Erol Alkan. Mit dem funky abgroovenden “Save It For A Rainy Day” wird es dann wieder tanzbarer, entstanden mit Flash Cassette, der laut eigener Umschreibung ein Electronic Disco act from sunny West Yorkshire ist.
Einige Songs sind auch ohne Gäste entstanden, wie das schöne, gemütlich dahin fließende, sich mit toller Melodie im Ohr festsetzende “Fade” oder am Ende der Scheibe das mal warm jazzige, mal druckvoll tanzbare “Why Are You Calling”, die Disco-Nummer “He’s Gone” und das die Band-Album-Historie abschließende, etwas verspielter anmutende “The Last Time”.
Die anderen hingegen werfen noch einige bekannte Namen ins Feld. Vor allem mal wäre das Vince Clark, in den Gründungsjahren bei Depeche Mode, ewig nun schon der Kopf hinter allen nicht-gesanglichen Klängen des Duos Erasure. Er beeinflusst die eingängige Synthiepopnummer “Two Lovers” mit seinen Sound-Ideen.
Ganz anders klingt das zunächst weit sphärischer daher kommende, dann intelligent Techno und Pop verbindende, stellenweise hypnotische “Take Me To The Pilot” mit Paul Hartnoll, der einen Hälfte von Orbital – definitiv eines der Highlights der Scheibe. Vom Sound her wieder völlig konträr ist das soulig groovende “Brand New Me” als Duett mit Janet Planet von der australischen Band Confidence Man, mit der das Stück entstand – aber auch sehr reizvoll.
Das gilt für die gesamte Scheibe, die durch die vielen Gäste noch facettenreicher daher kommt und einen sehr würdigen Album-Abschluss für Saint Etienne darstellt.
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Bewertung: 8 von 10 Punkten
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