Home Film “Hive” – ein beeindruckendes Drama über Kriegsfrauen und ihren Mut zur Selbstbestimmung

“Hive” – ein beeindruckendes Drama über Kriegsfrauen und ihren Mut zur Selbstbestimmung

Autor: Tobi

"Hive" Filmplakat (© jip film & verleih)

Hive

Darsteller: Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi, Kumrije Hoxha
Regie: Blerta Basholli
Dauer: 84 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: jip-film.de/hive
Facebook: facebook.com/jipfilm


Wenn uns die Regisseurin und Drehbuchautorin Blerta Basholli in ihrem nun bereits mehrfach ausgezeichneten Spielfilmdebüt “Hive” eine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte aus dem Kosovo präsentiert, dann hat sie hierzu auch einen sehr großen persönlichen Bezug. Basholli wurde im Kosovo geboren und ist auch dort aufgewachsen. Mit 16 Jahren flüchtete sie 1999 mit einem Teil ihrer Familie nach Deutschland, lebte und studierte dann in New York, um 2011 an ihren Geburtsort zurückzukehren.

Die Handlung nimmt uns mit ins eigentlich beschauliche Bergdörfchen Krusha e Madhe, aus dem Fahrije Hoti 1998 nach dem Einmarsch durch serbische paramilitärische Kräfte in ihrer Region nach Albanien floh, um das Leben ihrer Kinder zu beschützen. Als sie dann im Juni 1999 wieder heim kehrte, war ihr Mann verschwunden – so wie die meisten.

Zu Beginn des Films sehen wir eine Fahrije (Yllka Gashi), die sich wie so viele andere Frauen bereits daran gewöhnt hat, dass ihr Mann vermisst ist, auch nach Ende des Krieges. Da die Hoffnung auf eine lebendige Rückkehr realistisch gesehen gering ist, wird sie als Witwe angesehen, und als solche sollte sie am besten nur die Hausarbeit erledigen und ihre Schwiegereltern respektieren. Hiervon alleine kann Fahrije allerdings nicht leben, und die von ihrem Mann gezüchteten Bienen wollen aus unerfindlichen Gründen nicht mehr genug Honig geben.

Fahrije beschließt, sich aus der aufgedrungenen Passivität zu befreien, den Führerschein zu machen und mit hausgemachtem Ajvar eigenes Geld zu verdienen. Da ihre Paprika-Gewürzpaste in der Stadt gut ankommt, eröffnen sich neue Perspektiven, die traditionelle patriarchalische Dorfgemeinschaft allerdings missbilligt ihr Handeln nicht nur sehr offensichtlich und beschimpft sie, das bald zusammen mit mehreren gleiches Schicksal erleidenden Frauen betriebene Geschäft wird hinterhältig sabotiert – was Fahrije aber nicht zum Aufgeben bewegt.

"Hive" Szenenbild (© jip film & verleih)

(© jip film & verleih)

Blerta Basholli legt mit “Hive” (übersetzt “Bienenstock”) ein beeindruckendes Langfilmdebüt vor, das auf Festivals für einiges Aufsehen sorgte, wurde der Streifen doch zum Beispiel auf dem Sundance Film Festival im Wettbewerb “World Cinema Dramatic” mit dem Grand Jury Prize, dem Audience Award und dem Directing Award ausgezeichnet, auf dem Filmfest Hamburg mit dem NDR-Nachwuchspreis, in Osnabrück mit dem Friedensfilmpreis und beim Braunschweig Int. Filmfestival mit dem Frauenfilmpreis DIE TILDA. Nicht zu vergessen ist auch, dass “Hive” es 2022 in der Kategorie “Bester Internationaler Film” in die Oscar®-Shortlist schaffte.

Auch wenn die wahre Geschichte der Fahrije Hoti für den Film ein wenig angepasst und stellenweise dramatisiert wurde, ist die Botschaft des Streifens unmissverständlich, denen Hoffnung zu machen, die unterdrückt werden und sich auf Grund von gesellschaftlichen Zwängen nicht frei entfalten können. Die Frauen des Kosovo stehen hier natürlich im Mittelpunkt, und doch ist die Kernaussage universell übertragbar und “Hive” somit nicht nur ein feministischer Film.

In ruhigen Bildern präsentiert uns Basholli eine Frau, die – von Yllka Gashi ausdrucksstark verkörpert – ihre Verzweiflung aus Gründen von Stolz und Demonstration von Stärke gegenüber ihren Kindern hinten an stellt und mutig nicht nur ihr Leben verändert, sondern das vieler, die gleichen Einengungen ausgeliefert sind. Hierbei entsteht ein Gefühl des Zusammenhalts, das den Frauen neue Hoffnung auf ein besseres Leben und Stärke gibt, Menschlichkeit zurück bringt.

Die echte Fahrije Hoti ist heute mit der Herstellung von Ajvar und weiteren landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine erfolgreiche Unternehmerin, wobei sie weiterhin hauptsächlich Frauen und Witwen in ihrem Betrieb beschäftigt – dies und ihre Vorträge über Frauenrechte haben sie im ganzen Land bekannt gemacht. “Hive” lässt vermuten und hoffen, dass man auch von Blerta Basholli noch viel hören und sehen wird.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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