Home Film “Infinity Pool” – radikale Gesellschaftskritik mit psychedelischen Einschüben

“Infinity Pool” – radikale Gesellschaftskritik mit psychedelischen Einschüben

Autor: Mick

"Infinity Pool" Filmplakat (© Universal Pictures)

Infinity Pool

Darsteller: Alexander Skarsgård, Mia Goth, Cleopatra Coleman, Jalil Lespert
Regie: Brandon Cronenberg
Dauer: 117 Minuten
FSK: freigegeben ab 18 Jahren
Website: www.upig.de/micro/infinity-pool
Facebook: facebook.com/UniversalPicturesDE


Schon mit seinen Vorgängern „Antiviral“ (2012) und „Possessor“ (2020) versuchte Brandon Cronenberg aus dem Schatten seines Vaters, dem Ekel-Regisseur und mutmaßlichen Erfinder des Body Horrors David („Die Fliege“, „A History of Violence“), zu treten. Der aber ist nun mal gewaltig lang, und so muss sich der „Sohn von…“ auch mit seinem dritten Spielfilm „Infinty Pool“ jetzt automatisch am glanzvollen Werk des Vaters messen lassen, auch wenn das nicht immer gerecht erscheint. Anders als David Cronenberg, der in seinen Filmen vornehmlich auf effektvolle Inszenierung der Abscheu setzte, meldet Brandon nämlich deutlich gesellschaftsrelevantere Ansprüche an und zeigt mit seinen gewählten Themen immer wieder Missstände auf. So lässt sich auch sein neuer „Infinity Pool“ bestens einreihen in die Folge sarkastischer Filme wie „Triangle of Sadness“ oder „The Menu“, mit denen eine Riege junger Regisseure in letzter Zeit gezielt soziale Verwerfungen anprangerten.

Der Titel „Infinity Pool“ steht als Begriff an sich dabei schon für die unschönen Auswüchse einer Überflussgesellschaft, deren kleiner, dekadenter Teil sich gern mit Statussymbolen wie dem scheinbar randlosen, nicht enden wollenden Schwimmbecken schmückt. Und Dekadenz gibt es sicher auch im fiktiven Urlaubsresort Li Tolqa nicht zu knapp, wo der schreibgehemmte Buchautor James (Alexander Skarsgård) und seine schwerreiche Frau Em (Cleopatra Coleman) mal ordentlich ausspannen wollen. Sauber durch unüberwindliche Zäune von der einheimischen Bevölkerung getrennt bietet das den Schönen und Reichen dieser Welt einen paradiesischen Zufluchtsort vor ihrem Alltag, an dem sie anders als die Ausgesperrten allem erdenklichen Luxus frönen können.

Ein Bild mit Symbolcharakter, wie uns schon bald bewusst wird, als James bei einem Ausflug mit dem frisch kennengelernten Paar Gabi (Mia Goth) und Alban (Jalil Jespert) außerhalb der Ferienanlage alkoholisiert einen Inselbewohner totfährt. Da folgt zwar immerhin eine Strafverfolgung, der Vollstreckung der angeordneten Blutrache durch einen Angehörigen des Opfers allerdings kann sich James unproblematisch entziehen, indem er unter seinen eigenen Augen statt seiner einen vorher von sich erstellten Klon hinrichten lässt. Das natürlich ist nur gegen ein erkleckliches Sümmchen möglich und gewährt damit eben jenen Narrenfreiheit, die sowieso schon auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

"Infinity Pool" Szenenbild (© Universal Pictures)

(© Universal Pictures)

Fein aufgebaut ist hier die Ausgangssituation, mit der Cronenberg nicht nur den Pauschaltourismus in Entwicklungsländern sondern vor allem die schier endlosen Privilegien einer kleinen Gesellschaftsschicht ins Visier nimmt. Aber wieso Ausgangssituation? Richtig, bei dem einen Toten soll es auch bei Brandon Cronenberg nicht bleiben, kamen uns doch die Umstände, mit denen sich Gabi aggressiv James gefügig gemacht hat, schon von Anfang an komisch vor. Das Gefühl trog uns nicht, denn schon lange machen sich Gabi und Alban mit ihren Mitstreitern einen Spaß daraus, im Urlaubsparadies mangels Konsequenzen in drogenschwangeren Sex- und Gewaltorgien die Sau raus zu lassen.

Das nimmt einen anfangs wirklich gefangen, fasziniert das Gedankenspiel rund um das folgenlose, fast sektenähnliche Treiben mit der Klarheit seiner Aussage. Doch schon da stoßen einem bisweilen die unnötig explizit zelebrierten, gezielt Tabu brechenden Sex- und Splatterszenen auf, mit denen der Regisseur zwar erfolgreich Schockmomente setzt, dabei aber ein wenig über das Ziel hinausschießt. Richtig anstrengend jedoch wird es, als er sich mehr und mehr im Bilderrausch seiner psychedelischen Exzess- und Albtraumsequenzen verliert, in die er uns mit dem zunehmend willenlos werdenden James abgleiten lässt. Und doch regt seine durch die von der groß aufspielenden Mia Goth gegebenen Gabi getriebene Hedonismusfantasie unterhaltsam zum Nachdenken an und bietet mit der Verwechslungsgefahr zwischen Klon und Original sogar noch eine attraktive Zweitebene auf.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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