Home Film “Missing” – ein Entführungsplot nur über den Bildschirm eines Laptops erlebt

“Missing” – ein Entführungsplot nur über den Bildschirm eines Laptops erlebt

Autor: Mick

"Missing" Filmplakat (© Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)

Missing

Darsteller: Storm Reid, Nia Long, Ken Leung, Joaquim de Almeida
Regie: Will Merrick, Nick Johnson
Dauer: 111 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.MissingFilm.de
Facebook: facebook.com/SonyPicturesGermany


Die Herangehensweise, eine Handlung nur über das Bild eines Computers zu präsentieren, ist uns spätestens seit „Unknown User“ (2014) geläufig. Auch der ähnlich angelegte „Searching“ (2018) ließ uns vor nicht allzu langer Zeit das mysteriöse Verschwinden eines Mädchens nahezu komplett durch den PC-Desktop ihres verzweifelten Vaters erleben. Und siehe da, während „Searching“-Regisseur Aneesh Chaganty jetzt diese Idee weiterentwickelt hat, hatte auch das Regie-Duo Will Merrick/Nick Johnson des neuen Thrillers „Missing“ schon damals seine Finger im Spiel und zeichnete für den für dieses Format so wichtigen Filmschnitt verantwortlich. In „Missing“ sind nun die Rollen umgedreht, und wir verfolgen via Laptop die Suche einer Tochter nach ihrer im Urlaub verschollenen Mutter.

Dabei ist die 18-jährige June (Storm Reid) nach der Abreise ihrer alleinerziehenden Mutter Grace (Nia Long) dank sturmfreier Bude erstmal einfach nur im Partymodus und kümmert sich mehr um die kurzfristige Beschaffung ausreichender Alkoholvorräte als um Mamas Befinden. Da stört es auch nicht, dass Grace ihre beste Freundin Heather beauftragt hat, ein Auge auf June zu haben, während Grace sich mit ihrem neuen Freund Kevin (Ken Leung) ein paar schöne Tage in Kolumbien macht. Soweit läuft abseits der fast schon obligatorischen Aufräumorgie, die von der findigen June aber kurzerhand outgesourced wird, auch alles reibungslos. Bedenken kommen dieser erst, als bei der vereinbarten Abholung vom Flughafen weder Grace noch Kevin auftauchen und anschließend sämtliche Kommunikationsversuche fehlschlagen.

Schon diese Exposition ist ein wahres Meisterwerk der Montagekunst, tischen uns die Regisseure Merrick und Johnson die Handlung fast ausnahmslos über Social-Media-Beiträge und Chatverläufe auf und fordern uns angenehm mit deren Verfolgung. Da ist kein Platz für kurzes Abschalten, mit dem man ja Gefahr liefe, essentielle Informationen zu verpassen. Und im weiteren Verlauf sollen ihre netten Einfälle, uns die rasanten Geschehnisse zu vermitteln, sogar immer wieder für anerkennendes Schmunzeln sorgen.

"Missing" Szenenbild (© 2022 CTMG, All Rights Reserved. )

(© 2022 CTMG, All Rights Reserved. )

Diese Ereignisse beinhalten vornehmlich die Recherche-Bemühungen der zunehmend beunruhigten June, die sich von zuhause aus allein mittels Laptop und Smartphone über das kolumbianische Hotel und das Auswärtige Amt bis zum FBI durchhangelt, von dem sie allerdings keine große Hilfe erwartet. Sehr viel mehr verspricht sie sich da schon vom Gelegenheitsjobber Javier (Joaquim de Almeida), dessen Dienste sie sich über das Netz sichert, und dessen Ermittlungen vor Ort schnell erste Erkenntnisse über den Verbleib des Pärchens bringen. Richtig los geht der Plot aber erst, als sich June in Kevins Mail-Account hackt und damit dessen kriminelle Vergangenheit aufdeckt, die auch unsere Gedanken plötzlich in eine ganz andere Richtung lenken.

Überhaupt geizt das „Missing“-Team nicht mit falschen Fährten, baut immer wieder einen Handlungstwist ein, wenn wir glauben, der Erklärung für Grace‘ und Kevins geheimnisvolles Verschwinden endlich nähergekommen zu sein, und macht seinen Thriller damit vor allem eines: unberechenbar. Da gelangt June mit Javiers Hilfe an Aufnahmen aus Überwachungskameras und sieht sogar Bilder von der Verschleppung der beiden, nur um im nächsten Moment zu erfahren, dass das alles nur Fake war und Grace höchstwahrscheinlich auf den Betrüger Kevin hereingefallen ist.

Damit halten uns die Regisseure Merrick und Johnson wirklich über die gesamte Länge des Films beschäftigt. Was ihr Online-Stück aber so ungemein unterhaltsam macht, ist, wie es ihnen gelingt, eine schier unendliche Anzahl verschiedener, von June mehr oder weniger kompliziert nutzbarer Internetquellen zu einem spannenden Plot zu montieren und uns dabei nicht auf halber Strecke zu verlieren. Natürlich erfordert der stete Wechsel zwischen diversen offenen Tabs und Apps, von TikTok über Facetime bis zum Datingportal, enorme Aufmerksamkeit. Gerade das Ausschöpfen dieser technischen Möglichkeiten und der mühelose globale Datenzugang jedoch stimmen gleichzeitig durchaus nachdenklich. Leider übertreiben es die beiden zum Schluss ein wenig mit den Entwicklungen ihres Kriminalplots und bauen vielleicht eine überraschende Wendung zu viel ein, das aber fügt ihrer attraktiven Inszenierung keinen nennenswerten Schaden zu.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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