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Heinz Rudolf Kunze blickt mit abwechslungsreichen, überzeugenden Songs auf unsere Zeit

Autor: Tobi

Heinz Rudolf Kunze "Der Wahrheit die Ehre"

Heinz Rudolf Kunze

“Der Wahrheit die Ehre”

(CD, Meadow Lake Music, 2020)

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In den letzten Jahren gelang es Heinz Rudolf Kunze, mit “Deutschland” (2016) und “Schöne Grüße vom Schicksal” (2018) nach längerer Zeit mal wieder komplett überzeugende Werke abzuliefern – das unnötige Cover-Album “Meisterwerke – Verbeugungen” (ebenfalls 2016) klammern wir gerne aus. Nach einem mit nur einem Longplayer sehr kurzen Ausflug zu Electrola/Universal Music legt der Liedermacher nun mit dem beim noch verhältnismäßig neuen Label Meadow Lake Music veröffentlichten “Der Wahrheit die Ehre” sein insgesamt 28. Studioalbum vor und weiß auch mit diesem wieder zu gefallen.

Mit den 14 Tracks auf 62 Minuten untermauert Kunze seinen Ruf als einer der besten Texter des Landes und intelligenter Feingeist, der nicht mit Kitsch oder Allerweltsinhalten aufwartet, sondern etwas zu sagen hat. Das Ende November 2019 voraus geschickte, rockig treibende “Der Prediger” fungiert als Opener des neuen Albums und beschreibt, wie heutzutage überall im Land Menschen Zorn und Hass propagieren.

Kurz vor seinem 40-jährigen Bühnenjubiläum im kommenden Jahr beschert Kunze uns ein abwechslungsreiches Album, das mit dem getragenen “Völlig verzweifelt vor Glück”, mit dem schönen “Nimm mit mir vorlieb” oder der feinen Ballade “Wenn du ohne Liebe bist” auch ruhige Nummern aufbietet, oft aber auf Rock gebürstet ist. Ob das krachige “Spießgesellen der Lüge” über zu viele Kompromisse im Leben oder das einfach mal eine Geschichte erzählende “Ein sorgloses Leben” über einen misslungenen Bankraub, Riffs sind nicht selten zu hören. Hinzu kommt das bluesrockige “Pervers”, zu dem HRK erzählt: “Es gibt Leute, die alle Menschen die phantasievoll, bunt und offen leben wollen als pervers und krank und degeneriert bezeichnen und dabei gar nicht merken wie pervers und krank sie selber sind, durch ihre Machtausübung, ihr Geld, ihren Reichtum oder besonders ihre politische Macht.”

“Mit welchem Recht” hinterfragt jegliche Ablehnung politischer Flüchtlinge, “Ich bin so müde” drückt eine Verdrossenheit über die heutige Welt aus, mit “Heute ist gut” sind aber auch mal positive Töne zu vernehmen. Letzteres ist übrigens eines von zwei Liedern, die HRK mit seinem alten Partner Heiner Lührig komponiert und produziert hat. Das andere ist “Die Zeit ist reif”, und die Hymne kommt im Midtempo sehr eingängig daher. Kunze erklärt: “Es ist eine klassische Rockballade, die das Gefühl vieler Menschen zusammenfasst, dass es so nicht weiter geht und das wir uns wehren müssen gegen rechtsradikale Tendenzen, gegen Bekloppte an der Macht, aber auch gegen die Herrschaft des Geldes und des Kapitals und die Zerstörung der Umwelt. Das Ganze zusammengefasst zu einem hymnischen, fast gospelartigen Gefühl, dass es höchste Zeit ist, dass jeder sich einmischt, dass wir alle aufwachen und das wir alle etwas tun.”

Der Titelsong “Der Wahrheit die Ehre” kommt lange als akustischer Folksong daher, lässt aber auch mal bedrohlichere Wolken aufziehen, was zu seinem Inhalt passt, den Kunze so beschreibt: “Dieser Albumtitel fasst so vieles zusammen, was auf diesem Album ist. Wir leben ja in einer Zeit, die einen Krieg gegen die Wahrheit führt. Fake-News und offensive Lügen in der Politik sind an der Tagesordnung. Mit größter, krassester Frechheit lügen Präsidenten, Kanzler und Regierungschefs überall auf der Welt und wir blicken überhaupt nicht mehr durch als Bürger. Wir wissen gar nicht mehr was wir glauben können. Trotz aller Medienvielfalt und Informationsflut könnte ja alles gelogen sein. Wir befinden uns in einem digitalen Mittelalter, wo die Sekten und die Verrückten und die fiebrigen Antworten durcheinanderpurzeln und keiner mehr richtig weiß, wo Oben und Unten ist. Und deshalb habe ich ein Lied gemacht, in dem ich über dieses Problem singe. Der Wahrheit sollte halt die Ehre erwiesen werden. Man muss einen Krieg für die Wahrheit führen und dieses Lied ist eine kleine Offensive.”

Das am wenigsten greifbare “Nackter Fischer” beschreibt Kunze selbst als “das rätselhafteste Lied auf der ganzen Scheibe, weil es versucht, in 4-5 Minuten den Ethnologen Claude Lévi-Strauß zusammenzufassen und sein Werk ‘Traurige Tropen’.” Abschließend gibt sich der 63-Jährige mit der Ballade “Die Dunkelheit hat nicht das letzte Wort” dann noch einmal hoffnungsvoll, ausgehend von einem dunklen Fleck der aktuellen deutschen Politik. Kunze erklärt, er habe das Lied “sehr spontan nach der Thüringen-Wahl 2019 geschrieben. Wir erleben nicht nur in Deutschland ein Wiedererstarken von Nationalismus und sogar rechtsradikalen Gedanken. Ich weiß zwar, dass man mit Liedern nicht viel ausrichten kann, aber was soll ich denn machen? Mein Beruf ist Lieder zu machen. Dann finde ich gehört so ein Thema auch zu mir. Ich habe hier eine gewisse Verantwortung und kann mich um so ein Thema nicht herumdrücken. Das Lied hofft, dass die vernünftigen Menschen die Oberhand behalten und sie diese wahnsinnigen Rechtsabweichler in ihre Schranken weisen können.”

Ein weiteres Album, das untermauert, wie wichtig es ist, dass es den politischen, kritischen Poeten Heinz Rudolf Kunze auch nach knapp 40 Jahren noch gibt unserer musikalischen Landschaft, denn diese bereichert er nach wie vor.

Ab April ist Heinz Rudolf Kunze live zu sehen – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).

17.04. Leipzig, Haus Auensee
18.04. Cottbus, Stadthalle
19.04. Erfurt, Thüringenhalle
15.05. Neuruppin, Kulturhaus
16.05. Nürnberg, Serenadenhof
17.05. München, Tonhalle
19.05. Suhl, CCS
20.05. Hannover, Capitol
22.05. Hamburg, Große Freiheit 36
23.05. Rostock, Moya
24.05. Magdeburg, Amo Kulturhaus
04.06. Düsseldorf, Capitol Theater
05.06. Mainz, Frankfurter Hof
07.06. Blieskastel, Paradeplatz
20.06. Leinefelde-Worbis, Burg Scharfenstein (Scharfenstein Open Air)
21.10. Dortmund, Warsteiner Music Hall
23.10. Halle/Saale, Georg-Friedrich-Händel-Halle
24.10. Chemnitz, Stadthalle (Großer Saal)
26.10. Berlin, Columbiahalle
27.10. Dresden, Alter Schlachthof

www.heinzrudolfkunze.de
facebook.com/heinzrudolfkunze

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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