Home MusikKonzertberichte t.A.T.u. – Kritik des Konzerts in Bonn am 13. Juni 2003

t.A.T.u. – Kritik des Konzerts in Bonn am 13. Juni 2003

Autor: Tobi

Im Vorfeld des Konzertes gab es einige Spekulationen, ob sie wirklich kommen würden, die Mädels von t.A.T.u., die beim Grand Prix d’Eurovision nicht den ersten Platz belegt hatten und von denen einige Konzerte schon abgesagt wurden, wohl aufgrund enttäuschender Vorverkaufszahlen. Sie kamen. Vorher allerdings präsentierten sich nicht weniger als drei Teenie-Bands dem ob dieser Menge durchaus staunenden Publikum. Den Anfang machten Grand Voyage mit 20 Minuten recht anständiger Musik, so sollte es aber leider nicht weiter gehen. Es folgten All 4 U mit zum Glück nur zwei Stücken, die musikalisch dahin plätscherten, aber humoristisch dafür ein Highlight darstellten. Vier völlig verkrampfte Jungs sah man vor sich, total auf die einstudierten Tanzschritte konzentriert, dazu playback die Lippen bewegend, ab und an noch Handküsse ins Publikum schmeißend. Alter Schwede, da ist jede Altherren-Karnevals-Tanzgruppe aufregender, erotischer und stimmungsmachender. Wie es besser geht, konnten dann Attention 25 Minuten lang zeigen. Die zwei Mädels und zwei Jungs sangen zwar auch nur ein Stück live, aber ihre Songs ließen sich wenigstens gut anhören, außerdem wirkten die Choreographien weitaus professioneller und druckvoller. Keine Offenbarung, aber gerade für das anwesende Teeniepublikum voll okay. Die Zuschauermenge setzte sich übrigens recht inhomogen zusammen, aus besagten Teenagern, aus Kids, aus Eltern, aber auch aus Hörern bis 30 Jahre und aus der Homoszene. Der Museumsplatz war übrigens auch nicht voll, aber doch gut gefüllt. Übrigens ist die Location für Konzerte wunderbar geeignet, recht groß und trotz der Luftigkeit mit einer Zeltplane größtenteils überdacht – für Trockenheit bei Regen, für Schatten im Hochsommer.

Um 20.15 Uhr war es dann so weit, die t.A.T.u.-Show konnte beginnen. Zu einen starken, kraftvollen Instrumental betraten vier hübsche Background-Tänzerinnen in weißen Hemden mit Krawatte die Bühne und hüpften auch gleich gut los, unterstützt von Musikern an Schlagzeug, Gitarre und Keyboard. Ob diese den ganzen Abend irgend einen Ton live auf den Museumsplatz beförderten, bleibt wohl ihr Geheimnis – wie bei t.A.T.u.. Ob die beim Betreten der Bühne stürmisch umjubelten Mädels überhaupt nicht live sangen oder nur ab und an mit viel Effektunterstützung – eigentlich war es den Teenies auf dem Museumsplatz auch egal. Julia Olegovna Volkova und Lena Sergewna Katina lieferten eine gute Show ab, bei der die vermeintlichen Lesben sich zwar einige Male (fast schon gezwungen) beim Aneinander-Vorbeilaufen zärtlich berührten, in Kussorgien aber artete dies überraschenderweise nicht aus. Zwischendurch wurden dafür zweimal zwei Jungs und zwei Mädels auf die Bühne geholt und zum Küssen animiert – na danke! Aber zurück zum Konzert. Die hübschen Mädels tanzten, sangen (?), hüpften umher – und ließen wirklich gut gemachte Musik hören – kein Wunder, sind sie doch ein Produkt der Produzenten-Legende Trevor Horn, der schon Frankie goes to Hollywood oder Grace Jones ebenso gut vermarkten ließ, damals auch schon mit einigen Skandälchen und einem Fragezeichen hinter Livegesang. Ob also nun wirklich lesbisch oder nicht, musikalisch boten die Girls genau das, was die Fans hören wollten und was man von ihnen erwarten konnte. Da sie erst ein Album veröffentlicht haben, aber nicht schon nach einer Stunde fertig sein wollten, erklang “All The Things She Said” gleich zweimal, “Not Gonna Get Us” sogar dreimal – sprachlich allerdings zwischen Englisch und Russisch variierend. Für die erste Darbietung der Hitsingle “All The Things She Said” zogen sich Julia und Lena extra auch weiße Hemden an – zum Ärger aller anwesenden Hetero-Männer und Lesben allerdings im barbusigen Moment nur den blanken Rücken präsentierend, während dem Drummer die Vorderseite geboten wurde. Gleiches Spiel wurde später noch einmal vollzogen. Ich werd Schlagzeuger! Ab und an hüpften die beiden Russinen auch nur in knappen Höschen statt wie sonst kurzen Röcken über das Parkett – eine gewisse Erotik wurde also neben guter Musik durchaus auch geboten. Insgesamt ein gut inszenierter Auftritt, der dem Publikum auch sichtlich Freude bereitete.

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Links:
Homepage der Bundeskunsthalle Bonn

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