Home MusikKonzertberichte Yello – Kritik des Konzerts in Köln am 9. Dezember 2017

Yello – Kritik des Konzerts in Köln am 9. Dezember 2017

Autor: Tobi

Yello Live 2017

Yello waren schon immer besonders, und sie werden es immer sein. In einem Alter, in dem andere Musiker vielleicht gerade mal noch – oft paradoxerweise nicht zum ersten Mal – ihre Abschiedstournee spielen, entschlossen sich Texter und Sänger Dieter Meier (bereits 72 Jahre alt) und Komponist sowie Soundtüftler Boris Blank (“erst” 65 Jahre alt) dazu, nach fast 40 Jahren im Musikgeschäft erstmals auf Tour zu gehen. Gut, es gab ganz selten mal kleine und sehr kurze Promo-Auftritte wie den im Dezember 1983 im New Yorker Roxy, der dann auch als Maxi-Single veröffentlicht wurde, aber ansonsten mieden die beiden die Bühne, vor allem wohl, weil Blank das Gefühl hatte, dass man den von Perfektion geprägten Sound der elektronischen Stücke live nicht reproduzieren könne.

2016 änderte Blank seine Meinung, und Yello kündigten passend zur Veröffentlichung ihres 13. Studioalbums “Toy” für den Herbst vier Konzerte mit Livemusikern im Berliner Kraftwerk an. Da dieses mit ca. 2.500 Zuschauern Abend für Abend ausverkauft war, ließ es sich erahnen, dass weitere Termine folgen würden, und so verkündeten Yello dann für 2017 neben einem weiteren Auftritt in Berlin im IFA-Sommergarten und einem Gastspiel beim renommierten Montreux Jazz Festival auch sieben Konzerte im deutschsprachigen Raum ab dem 29. November.

Das Konzert in Köln am 9. Dezember stellte den Abschluss dieser kleinen und doch groß aufgezogenen Tournee dar. Yello hatten die größten Hallen für ihre Shows gebucht, was manchmal wie in München oder Frankfurt für halbleere Arenen sorgte, in der Kölner Lanxess Arena aber waren die Ränge und der Innenraum wie wohl auch beim Heimspiel in Zürich recht gut gefüllt.

Wie es sich für Schweizer der alten Garde gehört, ging es pünktlich um 20 Uhr los. Als Intro erklang “Magma” aus dem aktuellen Album als eines von sieben Stücken, die aus “Toy” gespielt wurden. Schnell bestätigte sich die Vermutung, dass man sich bei einem Yello-Konzert um eines überhaupt keine Sorge machen müsste, nämlich um den Sound. Dieser war hervorragend abgemischt und auch live ein Genuss – was in der Lanxess Arena nicht zur Tagesordnung gehört. Boris Blank bediente seine Geräte auf einem Podest, von einer LED-Wand bis zur Hüfte abgeschirmt. Dieter Meier, wie Blank in gewohnt feinem Zwirn auflaufend, platzierte sich auf der Bühne, in deren hinterem Bereich eine riesige Projektionsfläche jedes Stück mit bestens passenden Videos begleitete, in der Nähe von Blank. Neben seinem markanten Sprechgesang fiel Meier vor allem dadurch auf, dass er die Größe der Bühne nicht ausnutzte. Mit einem Bewegungsradius von einem gefühlten Meter agierte er stoisch und doch passend, irgendwo zwischen charmanter Coolness und leicht eingerosteten Körperschwüngen.

Zusätzlich zu den beiden agierten zwei Drummer, ein Gitarrist, fünf Bläser und zwei Backgroundsängerinnen, brachten somit wirklichen Live-Charakter in ein Konzert, bei dem natürlich auch noch viele Klänge aus den Maschinen kamen. Diese Mischung funktionierte bestens, vor allem die Bläser hatten gut Präsenz, und auch in puncto Drums/Percussions wurde gut agiert. Der Gitarrist tat auch sein Bestes, hatte aber manchmal wenig Bedeutung. Bei “The Evening’s Young” wirkte sein Spiel wie eine leicht anstrengende Off-Beat-Störung, und nur beim punkigen “Si Senor The Hairy Grill” gab es wirklich mal einen Moment im Fokus. Nur bei diesem Stück übrigens animierten die Background-Sängerinnen mal zum Mitklatschen, ansonsten wurde das Publikum angenehm wenig fremdgesteuert und jeder konnte das Konzert einfach so genießen, wie er es wollte.

Zwei Gastsängerinnen hatten Yello mitgebracht. Die Jazzsängerin Malia aus Malawi, mit der Blank 2014 auch das Album “Convergence” eingespielt hatte, übernahm beim wundervollen “The Rhythm Divine” den Gesang der großen Shirley Bassey aus dem 1987er-Original, außerdem erklang ihre schöne Stimme bei der neuen Nummer “Starlight Scene” und beim in der Zugabe gespielten Hit “Vicious Games”. Die in London lebende Chinesin Fifi Rong sang zwei der drei mit ihr aufgenommenen Stücke aus “Toy”, tanzte dazu in verführerischem rotem Outfit gestenreich über die Bühne. Das gefiel optisch wie stimmlich, sowohl bei “Kiss The Cloud” als auch beim mit Stroboskop-Blitzen begleiteten “Lost In Motion”. Bzgl. der Optik soll nicht vergessen werden, dass die gesamte Bühne stets sehr ansprechend in stimmungsvolle Lichter gehüllt war, was zusammen mit den Videos eine gute Show begünstigte.

Zwischen den Stücken gab es mal Ansagen, mal kleine Anekdoten von Dieter Meier, während Blank nur selten ans Mikro trat – mit “Blue Biscuit” sang er aber sogar einen Titel. Blank hatte eher seinen großen Auftritt, als er zu Beginn des Zugabeblocks mittels seiner Yellofier App live aufgenommene Sprach- und Geräuschfetzen zu Yello-typischen Sequenzen anordnete, was in einer Reprise des bereits vorher gefeierten “Bostich” gipfelte. Nett, aber so spontan wie kommentiert wirkte das Ganze dann doch nicht, schließlich machte Blank das Ganze ja nicht zum ersten Mal. Also eher eine Spielerei, die aber auch Herren in fortgeschrittenem Alter gegönnt sei.

Witzig war teilweise natürlich die große optische Diskrepanz zwischen den noch weit jüngeren Meier und Blank, die in den Videos zu älteren Titeln wie “Tied Up” oder “Oh Yeah” selbstironisch witzige Bewegungen vollführten, und den live agierenden Senioren, die mit ihren Anzügen und Sonnenbrillen aber sicher immernoch zu den coolsten Herren der Schweiz gehören. Apropos “Oh Yeah”, dieser große Hit, bei dem sich Meier dann mal zu Blank auf das Podest gesellte, durfte natürlich genau so wenig fehlen wie die besagten “Bostich”, “The Rhythm Divine” und “Vicious Games”. Das waren großartige Songs, und sie sind es noch, von Blank meisterlich in modernen Arrangements abgemischt, die aber den alten Charme noch wahren konnten. Zum Abschluss gab es dann noch den größten Hit “The Race”, bei dem Meier dann auch noch alle beteiligten Musiker vorstellte, die zum Beat des Stücks kurze Solo-Passagen zum Besten geben durften. Ein gutes, 110-minütiges Konzert, mit tollen Songs und starkem Sound, irgendwo zwischen cool, genial und kauzig.

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Links:
Website von Yello
Website der Lanxess Arena Köln

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