Electric Child
Darsteller: Elliott Crosset Hove, Rila Fukushima, Sandra Guldberg Knapp, Helen Schneider
Regie: Simon Jaquemet
Dauer: 119 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: port-prince.de/projekt/electric-child
Facebook: facebook.com/PORTAUPRINCEfilms
Instagram: instagram.com/portauprincefilms
Kinostart: 21. August 2025
Künstliche Intelligenz ist auf nahezu allen Gebieten auf dem Vormarsch und wird dabei in rasender Geschwindigkeit weiterentwickelt. Dass dies nicht nur Vorteile sondern auch eine Menge an Risiken birgt, wird seit langem in der Öffentlichkeit diskutiert und treibt offensichtlich auch den Schweizer Regisseur und Drehbuchautor Simon Jaquemet um. So sehr jedenfalls, dass er uns jetzt mit „Electric Child“ ein Science-Fiction-Drama präsentiert, das die gesamte Problematik des Einflusses von KI auf das menschliche Leben intelligent veranschaulicht.
Eigentlich startet in einer nicht weiter definierten Zeit sein Computerwissenschaftler Sonny (Elliott Crosset Hove) gerade voll durch, kniet sich komplett in sein KI-Entwicklungsprojekt an der Uni hinein und ist obendrein soeben Vater geworden, was das private Glück zusammen mit seiner Frau (Rila Fukushima) komplettiert. Doch das währt nicht lange, denn bei seinem neugeborenen Sohn wird bald eine seltene Nervenkrankheit diagnostiziert, die dessen Lebenszeit auf etwa ein Jahr limitiert. Verzweiflung macht sich breit, und schnell wird das Hochtechnologieprojekt, das gerade noch ein faszinierendes Experimentierfeld war, für Sonny zum einzigen verbliebenen Hoffnungsschimmer in einer schier ausweglosen Situation.
Dabei ist bei Jaquemet schon von Anfang an nicht alles eitel Sonnenschein, bietet er uns gleich eingangs wiederholt eingeworfene, durchaus verstörende Bilder, wenn er ein androgynes menschliches Wesen in der Wildnis einem mitunter recht brutalen Lernprozess unterzieht. Und tatsächlich dauert es einen Moment, bis wir überhaupt begreifen, was der Regisseur hier mit uns vorhat. Dann aber verfehlt seine Visualisierung der Künstlichen Intelligenz ihre Wirkung nicht, die Sonny in der virtuellen Umgebung einer Insel durch gezielte Veränderung bestimmter Parameter zum Lernen anregt. Das ist nicht nur wirklich intelligent um den eigentlich kaum verständlichen, trockenen Entwicklungsprozess einer Software greifbar zu machen, sondern von Sandra Guldberg Knapp auch noch mit ungemein authentischer Unschuld gespielt, mit der sie hier der abstrakten KI ein menschliches Gesicht gibt.

(© 8horses / Port au Prince Pictures)
Vor allem bei den tödlichen, ja lediglich zu ihrem Neustart führenden, Ereignissen weckt das komischerweise Mitgefühl, welches abseits der virtuellen Welt doch aber allerhöchstens einen Rückschlag in ihrer Lernprozesskurve betreffen kann. Die kann im Institut nämlich bis ins Detail verfolgt werden, wird beängstigend in der Einheit menschlicher Neuronen bemessen und nähert sich mit jedem Lerneffekt bedrohlich der kognitiven Kapazität eines menschlichen Gehirns. Bei aller wissenschaftlichen Relevanz der Arbeit weckt das aber auch knallharte finanzielle Interessen, steckt in der KI doch ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Nichts verkörpert dies so gut wie Sonnys Chefin Lydia (Helen Schneider), die stets die Geldgeber im Rücken hat und permanent den Druck auf Sonny und seinen Kollegen Raul aufrechterhält. Bald jedoch macht sich den Sonny schon selbst und sieht dem Wahnsinn nahe in der schnellstmöglichen Entwicklung des „Electric Child“ eine Heilungschance für seinen todkranken Sohn.
Da kippt der Plot schlagartig in Richtung Thriller, manipuliert Sonny das Programm in seiner Verzweiflung illegal mit der Eingabe unzulässiger Werkzeuge für die KI und hintergeht so die gesamte Belegschaft inklusive seines Freundes Raul, die sich alle den geradezu explosionsartigen Fortschritt erst bei Entdeckung der Manipulation erklären können. Das ist nicht nur Sonnys berufliches Todesurteil, gleichzeitig zeigt Jaquemet damit anschaulich, wozu eine KI in der Lage ist, gibt man ihr einmal die richtigen Mittel an die Hand. Dass das alles in einem veritablen Actionshowdown kulminiert, wirkt dann doch ein wenig dick aufgetragen, trifft in seiner Aussage jedoch die Angst vor einer außer Kontrolle geratenen KI ganz gut.
Die ist auch wirklich beeindruckend aufgebaut, haben die riesigen, schummrigen Serverräume schon etwas Beängstigendes und erzeugt der Regisseur mit seinen sterilen Grautönen generell alles andere als eine heimelige Atmosphäre. Zwar verstärkt er damit geschickt unsere Skepsis vor dem Wunderwerk der Informatik, erschwert uns so aber andererseits auch den Zugang zu seiner Hauptfigur Sonny und dessen Frau. Und doch entwirft er mit seinem Drama hier ein Szenario, das nicht nur ausgesprochen realistisch erscheint, sondern mit so manch imposantem Bild trotz der Distanz zu seinen Protagonist:innen auch emotional enorm nachwirkt.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten
