
Eddington
Darsteller: Joaquin Phoenix, Pedro Pascal, Emma Stone, Austin Butler
Regie: Ari Aster
Dauer: 148 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.leoninedistribution.com/filme/177573/eddington.html
Facebook: facebook.com/LEONINEStudios
Instagram: instagram.com/leoninestudios
Kinostart: 20. November 2025
Ari Aster legt es mit seinen Werken einfach darauf an zu polarisieren. Ob mit subtilem Horror, wie in seinem Wahnsinnsdebüt „Hereditary – Das Vermächtnis“ (2018), oder äußerst verstörend wie im nachfolgenden, gleichsam beeindruckenden Sektendrama „Midsommar“ (2019), leichte Kost bekommt man bei ihm bestimmt nicht geboten. Dass sein überlanger „Beau Is Afraid“ mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle dann vor zwei Jahren zu einem etwas langatmigen, abgehobenen Psychogramm ausartete, möchte man ihm nachsehen, schließlich regte auch der wieder zu durchaus hitzigen Diskussionen an. Nun also sein Neo-Western „Eddington“, mit dem sich der selbst in New Mexico aufgewachsene Regisseur die gespaltene Gesellschaft in einem Wüstenkaff an der mexikanischen Grenze vornimmt.
Wieder sehen wir Joaquin Phoenix, der als Sheriff Joe Cross der Kleinstadt – man errät es unschwer – Eddington im Mai 2020 miterleben muss, wie seine Gemeinde nicht nur unter der Last des Corona-Virus sondern auch unter der der strengen Beschränkungen ächzt. So nimmt er es mit Maskenpflicht und Abstandsregeln auch nicht so genau, wenn er gleich eingangs versucht, die angespannte Lage im örtlichen Supermarkt zu deeskalieren und die beiden Lager zu einem menschlichen Umgang miteinander zu bewegen. Ihm gegenüber jedoch steht Bürgermeister Ted Garcia (Pedro Pascal), der ihn sofort als Corona-Leugner brandmarkt und auch beim Einkauf auf strikte Einhaltung der beschlossenen Regeln drängt.
Schnell fühlt man sich mit Schrecken in die komplizierte Situation am Anfang der Pandemie zurückversetzt, als die Informationen noch vage waren und gerade das die sozialen Gräben zu nahezu unüberwindlicher Tiefe anwachsen ließ. Aster fängt das in seinem Mikrokosmos Eddington wie unter einer Lupe hervorragend ein, lässt ohne Partei zu ergreifen Maskenverweigerer Joe im allgemeinen Kompetenzgerangel auf den übervorsichtigen Ted treffen und entwickelt diese Auseinandersetzung bald zu einer wahren Fehde, die bis ins Private reicht, schließlich haben auch Joes Frau Louise (Emma Stone) und Ted eine gemeinsame Geschichte. Ein fest verwurzelter Konflikt jedenfalls, der nicht aufzulösen ist und eine absurde Kampfkandidatur der beiden bei der anstehenden Bürgermeisterwahl zur Folge hat.

Sheriff Joe Cross (Joaquin Phoenix) wird in der Nacht von einem Polizisten angehalten.
(© LEONINE Studios)
Mit scharfer Beobachtungsgabe und schwarzem Humor lässt uns Aster hier mit seinen Protagonisten am Leben der Kleinstadt teilhaben, das von Minute zu Minute problematischer zu werden scheint. Denn außer der Corona-Pandemie konfrontiert uns der Regisseur bald auch mit der aufkommenden Black-Lives-Matter-Bewegung, die von Eddingtons (vornehmlich weißen) Kids in die Debatte hineingetragen wird, und Auswüchsen der Online-Verblendung, für die sich besonders Louise und ihre Mutter überaus empfänglich zeigen. Als mit dem plötzlich bei ihnen im Haus stehenden, charismatischen Sekten-Guru Vernon (Austin Butler) ein wahrer Fänger der verlorenen Seelen auftaucht, ist ein genauso trauriger wie befremdlicher Höhepunkt der Verklärung erreicht, der Schlüsse auf den gegenwärtigen Zustand Amerikas mehr als nur zulässt.
Gemeinsam mit der Umwelt-Thematik, die Ted mit seiner riesigen, zum Wohle der Wirtschaft geplanten Serverfabrik in der Wüste zum präsenten Wahlkampfthema macht, mutet uns Aster hier aber vielleicht ein bisschen zu viel zu, überfrachtet so seinen immer verrückter werdenden Streifen, dessen Zentrum Joe in seiner Privatfehde zunehmend komplett den Halt verliert. Denn gerade in der Mitte des Zweieinhalbstünders verfährt sich der Regisseur ein wenig im allzu komplexen Labyrinth seiner verschiedenen eröffneten Baustellen und verliert so etwas an Klarheit beim Fokussieren auf die Konflikte des, von Joaquin Phoenix wieder grandios gespielten, sich bedenklich dem Wahnsinn nähernden Sheriff.
Damit aber hat uns der komplexe Film wieder, der mit Joes Abdrehen bald völlig eskaliert und so pointiert eine verrohte amerikanische Gesellschaft karikiert, die aktuell komplett gesprengt zu werden droht. Was wie eine bissige Politsatire beginnt, wird zwischendurch zur fein gezeichneten Gesellschaftsstudie und endet schließlich ganz Aster-like mit einer verstörenden Gewaltorgie im totalen Chaos. Und auch wenn sich der weitestgehend intensive Film zeitweise seine Pausen nimmt, liefert er mit seinem Gegenwartsbezug wieder eine Menge Gesprächsstoff. Langweilig wird es mit Ari Aster halt nie.
Trailer:
Bewertung: 8 von 10 Punkten

