Home Film “Das Glücksrad” – drei Episoden als geradezu poetisches Liebesdrama

“Das Glücksrad” – drei Episoden als geradezu poetisches Liebesdrama

Autor: Mick

"Das Glücksrad" Filmplakat (© 2022 Film Kino Text)

Das Glücksrad

Darsteller: Kotone Furukawa, Ayumu Nakajima, Kyohiko Shibukawa, Katsuki Mori
Regie: Ryusuke Hamaguchi
Dauer: 121 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.filmkinotext.de/gluecksrad.html


Vor einem Jahr schlug sein dreistündiges aber wundersam kurzweiliges Drama „Drive My Car“ ein wie eine Bombe und erhielt unter anderem den Oscar® für den besten internationalen Film. Jetzt kommt mit dem Episodenfilm „Das Glücksrad“ des japanischen Vorzeigeregisseurs Ryusuke Hamaguchi genau genommen sogar der Vorgänger seines Mega-Erfolgs in die Kinos, der bei der Berlinale 2021 mit dem Großen Preis der Jury bedacht wurde. Spielte „Drive My Car“ noch zu weiten Teilen im Auto und entfaltete seine enorme Wirkung vor allem durch die ruhige Konversation während der Fahrten, so setzt Hamaguchi auch diesmal wieder auf die leiseren Töne, wenn er in den drei Episoden – alle von ihm zum Thema „Zufall und Fantasie“ verfasst, da ihn der Zufall im Leben nach eigener Aussage schon immer fasziniert hat – seines Films Menschen in den unterschiedlichsten Beziehungen aufeinandertreffen lässt.

Es beginnt mit den Freundinnen Meiko (Keitone Furukawa) und Tsugumi (Hyunri), die in der ersten Episode mit dem Namen „Magie“ wie selbstverständlich auch noch die intimsten Details ihrer Liebesbeziehungen miteinander teilen. Blöd nur, dass sich zufällig Tsugumis anbahnende, prickelnde Romanze ausgerechnet mit Meikos Ex-Freund Kazuaki (Ayumu Nakajima) abspielen muss. Zwar hat Meiko ihn damals betrogen, ist sie jedoch auch jetzt noch bereit, ihn einfach Tsugumi zu überlassen? In einfühlsamen Dialogen lässt uns Hamaguchi hier an der Gefühlswelt der drei teilhaben und gestattet uns unterstützt durch seine wundervollen Schauspieler an der zufälligen Dreiecksbeziehung teilzunehmen, die sich bei einem gemeinsamen Treffen verkompliziert.

"Das Glücksrad" Szenenbild (© 2022 Film Kino Text)

(© 2022 Film Kino Text)

Episode zwei, mit „Die Tür bleibt offen“ betitelt, handelt von der hübschen Studentin Nao (Katsuki Mori), die auf Drängen ihres Freundes versucht, ihren Französisch-Professor Segawa (Kyohko Shibukawa) zu verführen, um dessen Ruf nachhaltig zu beschädigen. Während der Sprechstunde mit dem gelassenen Literaturpreisträger fühlt sie sich immer mehr zu ihm hingezogen, als sie ihm aus seinem eigenen preisgekrönten, erotischen Roman vorliest. Der aber bleibt erstaunlich abgeklärt, obwohl sie wirklich alle Register zieht. Denn bei ihm bleibt die Tür halt offen, auch wenn die Versuchung noch so groß ist. Erst im Nachgang ergeben sich durch einen blöden Zufall vor allem für Nao ungeahnte Konsequenzen. Es ist auch hier eine wahre Freude, den beiden Schauspielern bei der Verführungsszene im Büro des Professors zusehen zu dürfen, die dem aufreizenden Vortrag der jungen Nao die lässige Reaktion von Segawa gegenüberstellt. Sympathischer könnte eine Figur kaum gespielt werden.

In der letzten Episode „Noch einmal“ hat ein Computervirus die Kommunikation nachhaltig verändert und auf das Pre-Internet-Format zurückgesetzt. Da hofft die inzwischen arbeitslose IT-Spezialistin Moka (Fusako Urabe) auf einem Klassentreffen ihre Jugendliebe wiederzusehen, wird aber enttäuscht, weil die nicht erscheint. Auf dem Rückweg glaubt sie sie bei einer zufälligen Begegnung in Nana (Aoba Kawai) wiederzuerkennen, und die beiden Frauen verbringen den Nachmittag bei der verheirateten Nana miteinander. Der aber hält noch einiges an Überraschungen bereit und lässt uns letztlich über die Beziehung der beiden angenehm im Unklaren.

Es ist einzig das Prinzip Zufall, welches die drei Teile zusammenhält, obwohl man bis zum Schluss auf eine weitergehende Verknüpfung wartet. Enttäuschend ist dies aber keineswegs, gelingt es Hamaguchi doch in jeder einzelnen, eine intensive Verbindung zu seinen Figuren herzustellen, die deren unerwiderten Gefühle und Begierden unmittelbar nachvollziehbar macht. Wieder einmal bedient er sich dabei einer angenehm ruhigen, fast poetischen Erzählweise, die einen dank seiner präzisen Dialoge und Bildsprache die Annäherungen oder Entfremdungen seiner Charaktere miterleben lässt. Da braucht es gar keine großen Volten des Drehbuchs, wenn man allein mit darstellerischen und vor allem rhetorischen Mitteln auf beinahe magische Weise emotional derart miteinbezogen wird.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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