
Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
Darsteller: Charly Hübner, Leon Ullrich, Thorsten Merten, Christiane Paul
Regie: Wolfgang Becker
Dauer: 112 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
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Kinostart: 11. Dezember 2025
Mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“, einer Adaption des gleichnamigen Bestseller-Romans von Maxim Leo aus dem Jahr 2022, startet der letzte Film von Regisseur Wolfgang Becker in unseren Kinos, der einst mit „Good Bye, Lenin!“ (2003) einen vielfach preisgekrönten Kassenschlager landete, an den man sich immer erinnern wird. Am 12. Dezember 2024 verstarb der in Berlin lebende Filmemacher im Alter von 70 Jahren recht überraschend kurz nach dem Ende der Dreharbeiten, und sein letztes Werk, für das er das Drehbuch gemeinsam mit Constantin Lieb verfasste, wurde dann von Regisseur Achim von Borries und Produzent Stefan Arndt als künstlerische Wegbegleiter in Beckers Sinne zu Ende gebracht.
Erzählt wird die Geschichte von Micha Hartung (Charly Hübner), der 2019 in Berlin mit „The Last Tycoon“ eine der letzten Videotheken betreibt, aus Passion, denn rechnen tut sich dies im digitalen Zeitalter schon längst nicht mehr, so dass es ihm finanziell auch nicht sonderlich gut geht, aber er ist ja genügsam, hat geringe Ansprüche und wirft alle Mahnungen ungelesen weg. Plötzlich steht der Journalist Alexander Landmann (Leon Ullrich) vom bekannten Nachrichtenmagazin „Fakt“ in seinem Laden, der bei Recherchen in alten Stasi-Unterlagen darauf gestoßen ist, dass Hartung im Juni 1984 durch eine falsch gestellte Weiche am Bahnhof Friedrichstraße einen DDR-Zug mit 127 Fahrgästen auf das West-Berliner Streckennetz leitete. In ihm als Auslöser der größten Massenflucht aus der DDR sieht Landmann seine Chance, endlich mal eine Titelstory schreiben zu können, steht doch eine Sonderausgabe zum 30. Jahrestag des Mauerfalls an.
Von ein paar Hundertern geködert lässt sich Hartung darauf ein, seine Geschichte zu erzählen, die bei weitem nicht so spektakulär war, wie sie dann plötzlich im erscheinenden Magazin nachzulesen ist, dessen Titel der stets äußerst leger gekleidete Videothekar dann tatsächlich ziert. Von Gesprächen mit einer Spinne im Stasi-Gefängnis war nie die Rede, aber plötzlich ist „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ in aller Munde, sitzt in einer Talkshow neben Kati Witt, wo er rasch noch eine angehimmelte Tänzerin in die Story hinein dichtet, und wird sogar zum Bundespräsidenten (Bernhard Schütz) eingeladen, ist Micha doch umgehend als Redner im Bundestag auf der Jubiläumsfeier vorgesehen.
Hierfür war eigentlich zunächst der ostdeutsche Bürgerrechtler Harald Wischnewsky (Thorsten Merten) eingeplant, und dieser hat nun enttäuscht und verärgert nicht nur Zweifel an der Sensationsstory über Hartung, er forscht nach und kommt den Unwahrheiten auch langsam auf die Schliche. Für Micha, dessen Tochter Natalie (Leonie Benesch) von all den Ereignissen ebenso überrascht ist wie Nachbarin Beate (Eva Löbau), könnte es ungemütlich werden – andererseits tritt unerwartet die kluge, witzige und charmante Paula (Christiane Paul) in sein Leben, die einst im besagten Zug saß und nun den Mann kennenlernen möchte, der ihr Leben verändert hat.

Charly Hübner (© X Verleih AG – Frédéric Batier)
Mit „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ bietet Wolfgang Becker, den wir in einer kleinen Cameo-Szene als lippenlesenden Beobachter auch noch einmal sehen, nicht nur einen würdigen Abschluss seiner traurigerweise zu früh beendeten Karriere, sondern sogar noch einmal ein richtiges Highlight. Der Film ist eine unterhaltsame Wohlfühl-Komödie, die von Anfang bis Ende viel Spaß bereitet.
Die Figuren sind wunderbar gezeichnet und die Handlung wird stets interessant erzählt, wenn der coole Rockmusik hörende Nostaliger und Filmfan – wie sonst könnte man noch Videothekar sein – aus seinem alles andere als schickem Ambiente in den Fokus der Öffentlichkeit geworfen wird, wo er als überrumpelter und gar nicht immer von der Situation begeisterter Held wider Willen plötzlich auch mal Anzug und Krawatte tragen muss, wenn der zerzauste Bürgerrechtler sich betrogen fühlt und dem neuen Liebling der Medien und Massen nachsteigt, wenn der bislang kaum wahrgenommene, auch nicht stattlicher anmutende Journalist sich im Lichte seiner mit Unwahrheiten aufgeblasenen Titelstory sonnt oder die so liebevolle Paula ihrem Helden Micha so langsam näher kommt.
Sehr charmant geht es hier zu, mit feinem Wortwitz und guten Dialogen versehen, und mit einer wunderbaren Gabe, Menschen zu beschreiben – für Becker typisch. Bei seinem letzten film profitierte er aber auch von einem toll aufspielenden Ensemble rund um den überragenden Charly Hübner und die ebenfalls stark auftrumpfenden Leon Ullrich, Thorsten Merten und Christiane Paul. Leonie Benesch mal in einer kleinen Rolle als Michas Tochter, Peter Kurth – der übrigens das Hörbuch zum Roman eingesprochen hatte – als ehemaliger Stasi-Offizier, Jürgen Vogel als Werbefilmregisseur, Daniel Brühl als selbstverliebter Schauspieler, Leslie Malton als Historikerin und dazu Kati Witt als sie selbst.
„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“, der neben aller Unterhaltung auch nicht mit leiser Kritik an einer sensationsgeilen, in Bezug auf Geschichtsschreibung wenig hinterfragenden Gesellschaft geizt, ist einer der besten deutschen Filme des Kinojahres 2025. Schade, dass Wolfgang Becker den Kinostart nicht mehr miterleben durfte.
Trailer:
Bewertung: 9 von 10 Punkten

