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“Der Mann aus dem Eis” – Jürgen Vogel gibt den Ötzi

Autor: Tobi

Der Mann aus dem Eis

Der Mann aus dem Eis

Darsteller: Jürgen Vogel, André M. Hennicke, Susanne Wuest, Violetta Schurawlow
Regie: Felix Randau
Dauer: 96 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.dermannausdemeis-film.de
Facebook: facebook.com/DerMannAusDemEis


Als Erika und Helmut Simon aus Nürnberg am 19. September 1991 im Schnalstal in Südtirol zu einer Bergwanderung aufbrachen, da ahnten sie nicht, dass sie einen der sensationellsten Funde machen würden. Dann stießen sie auf eine Gletschermumie, und diese wurde dank ihres Fundorts in den Ötztaler Alpen bald schon Ötzi getauft. Mittels moderner Techniken konnte der Todeszeitpunkt auf einen Zeitraum zwischen 3359 und 3105 v. Chr. festgelegt werden, und der tiefgefroren konservierte Ötzi war somit die einzige erhaltene Leiche aus der Jungsteinzeit in Mitteleuropa.

Doch nicht nur Ötzi als solcher regte weltweites Interesse, sondern auch die Umstände seines Todes. Es war zu erkennen, dass er durch einen Pfeil getroffen worden und etwa 24 Stunden vorher bereits in einen Kampf verwickelt gewesen war. Wie aber nun genau die Umstände waren, das weiß natürlich niemand.

So stößt es dann doch durchaus auf, wenn 25 Jahre später ein Film über Ötzis letzte Tage mit einem bestimmten “Das ist seine Geschichte” eröffnet, während man im Kinosessel sitzt und weiß, dass vieles hier reine Spekulation ist. Regisseur Felix Randau, der auch das Drehbuch schrieb, hat sich eine Geschichte ausgedacht, die zu den Fakten um Ötzi passt, die aber natürlich in vielen Dingen auch völlig falsch sein kann.

Wenn man sich dessen bewusst ist, dann hat der Film durchaus seinen Reiz – als Rache-Feldzug inmitten einer schönen wie auch eisigen Bergwelt, die von Kameramann Jakub Bejnarowicz sehr gut eingefangen wurde, hierbei aber natürlich als Motiv auch dankbar ist. Dem Film kommt zugute, dass auch wirklich in den Alpen gedreht wurde und nicht in Studios.

Jürgen Vogel spielt die Hauptrolle, den Ötzi, der damals, vor 5.300 Jahren, noch keiner war. Als Kelab ist er das Oberhaupt einer Großfamilie, die sich idyllisch an einem Bach in den Ötztaler Alpen niedergelassen hat. Eines Tages, als Kelab gerade auf der Jagd ist, kommen böse Menschen – und dass es diese schon immer gab, daran zweifelt hier niemand. Drei brutale Angehörige einer anscheinend verfeindeten Sippe töten Kelabs Familie und brennen alle Häuser nieder – anscheinend auf der Suche nach einer mysteriösen Holzbox, die etwas wie ein heiliger Schrein zu sein scheint, und die sie mitnehmen.

Als Kelab heim kehrt, da gibt es dieses Heim nicht mehr, und schnell schlägt seine unerträgliche Trauer in Wut um. Zusammen mit einem Baby als einzigem Überlebenden des Angriffs macht er sich auf den Weg aus dem prächtigen Grün des ehemaligen Dorfs in die eisigen Berge, um Rache zu nehmen. Auf seiner Wanderung überlässt er das Baby, welches in der mit der Höhe steigenden Kälte wenig Überlebenschance hätte, einer sich nach Mutterglück sehnenden Frau, die nur zusammen mit ihrem Vater (Italo-Legende Franco Nero) lebt. Nun ist es an Kelab alleine, die Täter zu finden.

So oder so ähnlich könnte es also gewesen sein mit Ötzi – oder eben ganz anders. Trotzdem lässt sich der Film recht gut anschauen, was vor allem an der gebotenen Naturpracht und am intensiven Spiel von Jürgen Vogel liegt. Kelabs Gefühle verkörpert er hervorragend, zwischen Trauer und Wut, zwischen Warmherzigkeit und Kaltblütigkeit, zwischen Trieb und Anstand.

Beeindruckend ist auch, wie der Film ohne verständliche Sprache auskommt. Was wir hören, hat Felix Randau zusammen mit einem Sprachforscher eigens für den Film entwickelt, an die Urform des Rätischen angelehnt. Die Dialoge im Film bedürfen aber keiner Übersetzung in Untertiteln – man versteht, worum es geht. Ein paar Dinge lassen den Zuschauer allerdings die Stirn runzeln. Warum sieht man kein Spurenlesen von Kelab? Kennt er die Mörder vielleicht schon und weiß, wo er sie findet? Wenn dem so wäre, dann hätten diese aber doch vermutlich auf ihn gewartet beim Auslöschen der Familie.

“Der Mann aus dem Eis” erinnert einen zwangsläufig an Alejandro González Iñárritus großartigen “The Revenant”, vermag es hierbei allerdings nicht annähernd, einen ähnlich zu packen. Ein typisches Beispiel für die Kategorie “Kann man sehen, muss man aber nicht”.

Bewertung: 6 von 10 Punkten

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