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“The Florida Project” – soziale Problemfälle im pinken Wunderland

Autor: Tobi

"The Florida Project" Filmplakat

The Florida Project

Darsteller: Willem Dafoe, Brooklynn Prince, Bria Vinaite
Regie: Sean Baker
Dauer: 115 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: the-florida-project.de
Facebook: facebook.com/Prokino


Auch wenn das Plakat von “The Florida Project” ein fröhlich anmutender, pinker Rand schmückt und eine offensichtlich Spaß habende Mutter mit ihrer Tochter im Sonnenschein zu sehen ist – der Film bietet alles andere als lockere Unterhaltung und ist keine Komödie. Wobei, Regisseur Sean Baker ist es wunderbar gelungen, hier einen sozialen Problemfall so zu zeigen, dass Spaß durchaus auch eine zentrale Rolle spielt – nämlich aus der Sicht der Kinder.

Wir befinden uns in Orlando, Florida, wo oft die Sonne strahlt und wo Touristen vor allem hin kommen, um gut unterhalten zu werden, in Walt Disney World, im Universal Resort oder anderen Freizeitmöglichkeiten. Diese nehmen einen für teures Geld mit in eine künstliche Welt, in ein buntes Paradies zwischen süßen Snacks, tollen Fahrgeschäften und Treffen mit Comic-Figuren.

Hierauf hätten auch die sechsjährige Moonee (Brooklynn Prince) und ihre Freunde Lust – jedoch können sich ihre Eltern den Spaß nicht leisten. Eltern? Okay, da sind oft nur noch die Mütter geblieben, die sich keine Wohnung mehr leisten können und die Obdachlosigkeit nur dadurch zu vermeiden wissen, dass sie in einem der unzähligen Motels in Orlando unter kommen.

Moonee wohnt mit ihrer Mutter Halley (Bria Vinaite) im “Magic Castle Motel”, bei dem außer seiner natürlich pinken Wandfarbe aber auch nichts mehr magisch ist. Da die Touristen ausbleiben, haben sich einige soziale Problemfälle hier eingenistet – was der Motelmanagers Bobby (Willem Dafoe) duldet, auch wenn er immer wieder Ärger mit seiner Kundschaft hat und auch darauf achten muss, dass jedes Zimmer mindestens einmal im Monat für eine Nacht geräumt wird, ansonsten wäre der Motel-Status gefährdet.

Während die selbst noch junge Halley mit schlecht bezahlten Jobs versucht, die Kohle für das Zimmer irgendwie aufzubringen, macht Moonee mit ihren paar Freunden dumme Streiche und vertreibt sich auf dem Gelände des Motels irgendwie die Zeit, denn der vielbefahrene Highway vor der Tür lädt nicht zum Spielen ein. Wenn ab und an mal ein Eis spendiert wird und abends in der Ferne das Disney-Feuerwerk leuchtet, dann ist für Moonee die Welt schon in Ordnung – sie kennt es ja nicht anders. Und doch hält auch dieses klitzekleine Glück nicht lange, als sich die impulsive, rotzige Halley mit ihrer besten Freundin verkracht und es sich auch noch mit Bobby verscherzt.

Nachdem Regisseur Baker bereits mit “Tangerine L.A.”, dem ersten komplett mit einem iPhone 5S gedrehten Film, Aufsehen erregte, liefert er mit “The Florida Project” nun einen gleichzeitig schockierenden und beruhigenden Streifen ab. Schockierend, weil der soziale Abstieg noch einmal intensiver wirkt in der Nähe des Lolly-farbenen Wunderlands und das Ganze ja so oder ähnlich tatsächlich in den USA, und nicht nur in Orlando, passiert. Beruhigend, weil Baker es versteht, zu zeigen, dass inmitten von Armut und Problemen immer auch ein Fünkchen Hoffnung steckt und dass Kinder die Meister darin sind, selbst im Schlamassel noch Spiel und Spaß zu finden, auch wenn man ihnen natürlich ein viel besseres Umfeld wünscht.

Beim Filmfest Hamburg wurde der auf 35mm gedrehte Film im Oktober mit dem Kritikerpreis ausgezeichnet, zudem wurde Willem Dafoe sogar für den Oscar® als “Bester Nebendarsteller” nominiert – und viele weitere Nominierungen oder auch Auszeichnungen gab es außerdem. Ein Beispiel hierfür ist die überragend spielende Brooklynn Prince, die bei den Critics’ Choice Movie Awards 2018 als “Beste Jungdarstellerin” geehrt wurde. Neben ihr spielt nicht nur der erfahrene Dafoe toll, auch die Laiendarstellerin Bria Vinaite überzeugt als extrovertierte Halley vollends. Starker Film mit gut ausgemalten Charakteren!

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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