Home MusikCD-Rezensionen Marsimoto verabschiedet sich mit erneut abwechslungsreichem, intelligentem HipHop

Marsimoto verabschiedet sich mit erneut abwechslungsreichem, intelligentem HipHop

Autor: Tobi

Marsimoto "Keine Intelligenz"

Marsimoto

“Keine Intelligenz”

(CD, Marmusic, 2024)

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Rapper Marten Laciny bleibt seinem Prinzip treu und veröffentlicht immer abwechselnd Alben unter seinem Haupt-Künstlernamen Marteria und als sein Alien-artig grünes, stimmlich hochgepitchtes Alter Ego Marsimoto. Inzwischen wurden – auch pandemibedingt – aber nicht nur die Abstände größer. Nach dem erneut überzeugenden Marsimoto-Longplayer “Verde” (2018, lies unsere Rezension hier), mit dem er zum dritten Marsi-Mal hintereinander auf Platz 3 der deutschen Charts kletterte, dauerte es drei Jahre bis zur immer noch aktuellen Marteria-Scheibe “5. Dimension” (2021, Rezension hier), auf der er elektronischer angerichtete Stücke präsentierte und mit dem er Rang 4 der Charts erreichte, nachdem die Vorgänger “Zum Glück in die Zukunft II” und “Roswell” Platz 1 und 2 erstürmten.

Erneut drei Jahre später erscheint das sechste Marsimoto-Album nun mit Wehmut, ist es doch als das allerletzte in grüner, Weed-affiner Gestalt angekündigt. Nach 17 Jahren soll also Schluss sein – leider, denn auch wenn die Scheibe in Anlehnung an die bedrohlich über uns hereingebrochene KI mit “Keine Intelligenz” betitelt ist, trifft dies keinesfalls auf Marsis Musik und Texte zu, die immer ideenreich und klug mit Wortwitz daher kommen.

Marsimoto (© Luis Engels)

(© Luis Engels)

So ist es auch diesmal wieder. Auf 51 Minuten findet man 17 Tracks, und bei diesen ist das im Januar 2024 veröffentlichte, kurze “Gaga” über den Zustand der Menschheit nicht einmal dabei. Wohl aber findet man – nach einem kurzen Intro – die kurz darauf als ersten richtigen Vorboten veröffentlichte Single “Heile Welt” als starken, mächtig pumpenden, textlich postapokalypischen Track – von oben sieht der Planet hier zwar noch schön aus, aber die Rettung kam leider zu spät für eine heile Welt.

Mitte Februar wurde der Appetit auf den finalen Marsi-Longplayer weiter gesteigert, als das gesellschaftskritische Rhymes in einem amtlichen Kopfnicker verpackende “Washington P.C.” erschien, und wieder einen Monat später schickte Marten mit dem weiteren in Bewegung versetzenden, schwer pumpenden “Jacky” durstig noch einen nächsten Vorboten – mit Sido und … ha ha … Marteria als Gästen. Parallel zum Erscheinen des neuen Albums wurde dann auch noch das titelgebende “KI (Keine Intelligenz)” ausgekoppelt, flotter, mit Breakbeats elektronischer, groovy und treibend angerichtet – und auch hier geht alles textlich den Bach runter.

Aber auch all die anderen Songs wissen zu überzeugen. Das mit einigem Boom Bap gewürzte, mit fetten Beats ausgestattete “Colors” kommt abwechslungsreich und packend daher, und das folgende “Die Farbe Grün” zurrt mit jazzig-souliger Wärme die Färbung noch einmal fest – wobei Kiffen an sich keine so große Rolle mehr spielt, vielleicht auch weil es nun ja nicht mal mehr strafbar ist in unserem Land und es massenweise sonstige Themen gibt, denen man sich annehmen kann.

Mit “Rauchender Nils” wird es auch mal melancholischer und balladesker, mit “Dip Ma Dengue” gibt es eine elektronisch pulsierende Stichgefahren-Nummer, im psychedelisch angehauchten, bewusst etwas irren “Das Gehirn” will selbiges nicht mehr so recht mitmachen, und mit “Animal Tzunami (2009)” sowie dem tief basslastigen, Dubstep aufgreifenden, mit DJ Koze gebastelten “Mushroom No. 4” gibt es weitere Pump-Songs.

“Nur eine Melodie” wehrt sich der Benennung entsprechend melodisch gegen Kriege und Krisen unserer Zeit, und mit “Ich küsse eure Lieder” findet man zudem einen Track, der in sich sehr abwechslungsreich Tempi und Machart variiert. Um das Facettenreichtum noch weiter zu steigern mutet “My big fett green Edding” auch noch stellenweise etwas progressiv rockig an, wobei aber auch Jazz plötzlich mal sanft abfedert. Mit “Abbey Road” und dem abschließenden “Greenstar” nimmt Marsi dann auch inhaltlich Abschied von seiner Karriere – “200 Tracks sind mein Erbe” sagt er im sphärisch melancholischen Finale, das dann tatsächlich mit einer Gitarrenlinie und fettem Drumgewitter abschließt.

Dass Schluss ist, das gefällt keinesfalls, aber “Keine Intelligenz” ist ein würdiger Abschied von Marsimoto. Danke für eine grandiose Zeit und jede Menge Songs mit guten Beats sowie intelligenten und sehr unterhaltsamen Texten – und für tolle Shows, die ja zum Glück noch im Rahmen einer letzten Tour fortgeführt werden, siehe unten.

Physisch erscheint “Keine Intelligenz” in mereren Varianten, wobei das auf 1.000 Stück limitierte Deluxe Pack mit transparenter Doppel-LP, Green Bag Pack, Hoodie, Räucherstäbchen samt -halter, Marsis Zauberflöte, Magic Pipe, Poster und Stickerbogen bereits im Vorverkauf ausverkauft wurde. Neben den normalen Edition als CD oder auf Vinyl gibt es aber auch noch T-Shirt- und Bauchtaschen-Bundles.

Im Sommer wird Marsi auf einigen Festivals wie dem Hurricane, Southside, Summerjam und Highfield abgefeiert, im November und Dezember steht dann “Die letzte Tour” durch fünf Länder und 18 Städte an – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink):

19.11. – Rostock-Marienehe, MOYA
20.11. – Kiel, Die Pumpe
22.11. – Amsterdam, Melkweg
23.11. – Amsterdam, Melkweg
25.11. – Frankfurt am Main, Batschkapp
26.11. – Stuttgart, Im Wizemann Halle
27.11. – Zürich, Komplex 457
29.11. – München, Tonhalle
30.11. – Praha 5, MeetFactory
01.12. – Wien, Arena
03.12. – Saarbrücken, Garage
04.12. – Münster, Skaters Palace
06.12. – Hamburg, Sporthalle
07.12. – Leipzig, Haus Auensee
08.12. – Hannover, Capitol
10.12. – Dortmund, Westfalenhalle
11.12. – Heidelberg, halle02
13.12. – Köln, Palladium
14.12. – Berlin, UFO im Velodrom

www.marsimoto.de
facebook.com/marsimoto

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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