Home MusikKonzertberichte Billy Idol rockt auch mit 69 Jahren immernoch gut und brachte New Model Army mit (Bonn, 29. Juni 2025)

Billy Idol rockt auch mit 69 Jahren immernoch gut und brachte New Model Army mit (Bonn, 29. Juni 2025)

Autor: Tobi
Billy Idol Tourplakat 2025 (© Billy Idol)

(© Billy Idol)

Zur Eröffnung der diesjährigen Freiluft-Konzertsaison auf dem schönen Kunst!Rasen-Gelände direkt am Rhein in Bonn – wenn man das nicht zum offiziellen Line-Up gehörende Familien-Festival “Randale und Freunde” am Tag zuvor nicht mitrechnet – war am 29. Juni 2025 erst einmal Nostalgie angesagt. Billy Idol hatte sich im Rahmen seiner in Anlehnung an eine Zeile aus seinem 1982er-Hit “White Wedding” mit “It’s a Nice Day To… Tour Again!” betitelten Gastspielreise angesagt und mit New Model Army ebenfalls alte Rock-Haudegen als Special Guest mitgebracht. Wobei – nur mit Erinnerungen im Gepäck sind beide nicht unterwegs, hat Billy doch im April mit “Dream Into It” sein neuntes Studioalbum und damit das erste nach elf Jahren veröffentlicht, mit dem er bei uns Rang 2 der Charts erklimmen konnte, und New Model Army bescherten uns 2024 mit “Unbroken” (Platz 5 der deutschen Albumcharts) einen neuen Longplayer.

Die britische, 1980 gegründete Formation um Frontmann Justin Sullivan eröffnete den herrlich sommerlich warmen und für Open-Air-Genuss perfekt regenfreien Abend, bei dem sich alle hinter dem Wellenbrecher und somit nicht im Schatten der Bühne Stehenden zunächst aber noch über jede Wolke gefreut haben dürften. Ab 18.15 Uhr spielten New Model Army und wussten mit ihrem 75-minütigen Set zu überzeugen, dessen Songs bunt aus den 45 Jahren Bandgeschichte zusammengestellt waren, mit keinem Longplayer mehr als zweimal bedacht – wobei die ersten drei Scheiben ausgespart wurden, den Indie-Hit “51st State” gab es somit auch nicht. Diesen spielen sie bei den Nicht-Headliner-Konzerten zwar auch noch, aber im Wechsel mit dem geliebten “Vagabonds” vom vierten Album “Thunder And Consolation” (1989), das diesmal als eines der Highlights abgefeiert wurde, nicht als einziges Stück mit Geigerin dargeboten. Los ging es mit “White Light” aus dem Jahr 1993 und abgeschlossen wurde das Set mit dem starken “Green And Grey” (1989). Man sah der Band um den mit aufgerissenen Augen die Songs ausdrucksstark lebenden Sullivan als einzig verbliebenem Gründungsmitglied die Freude an ihren inhaltsstarken Liedern an, zu denen auch “Here Comes The War”, “Purity” und “Wonderful Way To Go” gehörten. Für alle Anwesenden war dies ein “wonderful way”, in den Abend zu starten.

Billy Idol (© David Raccuglia)

Billy Idol (© David Raccuglia)

Um 20 Uhr dann betrat Billy Idol mit seiner Band die Bühne, und zu dieser gehört neben einem Rhythmus-Gitarristen, Bassisten, Keyboarder, Drummer und zwei Background-Sängerinnen nach wie vor auch sein langjähriger Lead-Gitarrist und Co-Songwriter Steve Stevens, mit dem zusammen er auch 2021 “The Roadside EP” und 2022 “The Cage EP” mit neuen Stücken geboten hatte nach vorhergehenden sieben Jahren ohne neue Musik.

Mit “Still Dancing”, dem letzten Stück seines neuen Albums, eröffnete der 69-jährige Brite, der in den 80er-Jahren nach seinem Umzug in die USA mehrere weltweite Hits verbuchen konnte, sein Set, um dann mit “Cradle Of Love” und “Flesh For Fantasy” direkt zwei dieser alten Ohrwürmer folgen zu lassen. Die Älteren unter uns erinnerten sich so nicht nur an vergangene Tage, sondern auch an 1984, als Idol in “Thommy’s Pop Show” zu Letzterem Spucke aus seinem Mund laufen ließ und diese dann genüsslich mit der Hand über sein ganzes Gesicht verteilte, um direkt danach Vögel-Bewegungen auf dem Bühnenboden zu praktizieren. Dies tat er diesmal alles nicht, ist er doch weit vernünftiger geworden, auch wenn er mit Lederjacke als eines mehrer Outfits, geballter Faust, hochgezogener Lippe und beachtlich gestähltem Oberkörper, den er dann auch ein paar Male stolz präsentierte, die Rocker-Attitüde schon noch ausstrahlt, aber in einer reifen Variante. Da rieb sich dann nur mal kurz Backgroundsängerin Kitten Kuroi an ihm, zum Abschluss des ganz großartig als Duett gebrachten Rose-Royce-Covers “Love Don’t Live Here Anymore”, bei dem sie ihre tolle Stimme präsentieren konnte – eines der absoluten Highlights der Show, auch mit toller Gitarre von Steve.

Mit den ordentlich treibenden “77” und “Too Much Fun” sowie dem etwas weniger bestechenden “People I Love”  gab es weitere Nummern aus dem aktuellen Longplayer, gefeiert wurden aber natürlich vor allem seine alten Ohrwurm-Hits wie die Power-Ballade “Eyes Without A Face”, das groovige “Hot In The City” – bestens zum Wetter passend – oder der treibende Rock-Smasher “Rebel Yell” – das 40. Jubiläum seines gleichnamigen, bahnbrechenden zweiten Albums wurde letztes Jahr erst mit einer erweiterten Neuauflage gefeiert. Die Stimmung unter den vielleicht 6.000 BesucherInnen, die größtenteils die 50-Jahre-Marke überschritten hatten, war nicht nur bei “Rebel Yell” – aber hier doch besonders – toll und es wurde im ganzen Konzert viel getanzt, geklatscht und mitgesungen.

Auch “Mony Mony” fehlte als 1981 zum Karrierestart erfolgreiches Cover eines Songs von Tommy James & The Shondells nicht, zudem “Ready Steady Go” und das schmissige “Dancing With Myself” aus den musikalischen Starttagen als Sänger der Band Generation X bzw. nach Umbenennung Gen X – wobei letztgenanntes Stück 1981 dann auch seine Debütsingle als Billy Idol werden sollte, die 1983 nochmals erfolgreich neu aufgelegt wurde.

Der charismatische Billy zeigte sich inmitten einer selbst im Hellen immer besser wirkenden Lightshow und vor guten Videoeinspielern auf einer großen Leinwand hinter der Band gutgelaunt und ist auch in reifen Jahren noch ein toller Rocker, der stimmlich überzeugte und ordentlich hin und her wirbelnd noch beachtlich viel Energie versprühte – auch wenn er sich hier und da mal geschickt eine kleine Auszeit nahm. Dies konnte er schon alleine deshalb bestens, weil Steve Stevens an der Gitarre mal wieder großartig aufspielte und auch seine Solomomente hatte. Manchmal wurden Stücke von ihm eingeleitet oder er hatte mittendrin seinen Fokus, einmal bot er alleine ein kleines Medley mit “Eruption” von Van Halen und “Over The Hills And Far Away” von Led Zeppelin, dazu kurz angerissen “Stairway To Heaven” – und bei “Blue Highway” wurde sein weltbekanntes Gitarrenspiel aus der “Top Gun”-Filmmusik mit eingebaut. Billy und Steve zusammen zu erleben ist immer noch beeindruckend, da macht es auch nichts, dass beide etwas unnatürlich faltenfrei im Gesicht manchmal wie ihre eigenen Wachsfiguren aussehen, denn wenn sie losrocken, dann wissen sie nach wie vor voll zu überzeugen.

Abgeschlossen wurde der 95-minütige Gig mit dem oben bereits erwähnten “White Wedding”, welches auch jetzt noch genauso kraftvoll daher kam und schwer abgefeiert wurde, so wie das ganze Konzert des sympathischen Altrockers, der sein 2005 nach zwölf Jahren Pause gebotenes Comeback-Album “Devil’s Playground” ebenso wie den vorigen (“Cyberpunk”, 1993) und folgenden Longplayer (“Kings & Queens Of The Underground”, 2014) komplett aussparte, was aber wohl für alle Anwesenden völlig okay so war, denn an diese Scheiben erinnern sich sowieso nur große Fans. So standen dann doch die Erinnerungen im Mittelpunkt eines gelungenen Konzertabends, bei dem einzig die kleine Verzögerung im Bild der Leinwände rechts und links der Bühne schade war, so dass der Ton nicht ganz synchron zu den Livebildern der Protagonisten war.

Hier ist Billy Idol im Rahmen der Tour noch live bei uns zu erleben:

2. Juli 2025 Wiesbaden, BRITA-Arena

Und für Fans von New Model Army gibt es noch weit mehr Gelegenheiten, diese 2025 als Headliner im Konzert zu sehen, nachdem ja einige Konzerte schon hinter ihnen liegen wie zwei ausverkaufte Abende in Berlin Anfang Juni:

30. Juni 2025 Aschaffenburg, Colos-Saal
23. Juli 2025 Neunkirchen, Gebläsehalle
13. August 2025 Dinslaken, Freilichtbühne Burgtheater Dinslaken
14. August 2025 Bad Zwischenahn, Park der Gärten
12. November 2025 CH-Fribourg, Fri-Son
13. November 2025 Heidelberg, Halle02
14. November 2025 Tübingen, Sudhaus
17. November 2025 Leipzig, Werk 2
18. November 2025 Hannover, Capitol
19. November 2025 Bremen, Aladin/Pier 2
20. November 2025 Münster, Jovel
20. Dezember 2025 Köln, Paladium

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Links:
Website von Billy Idol
Website von New Model Army
Website des Kunst!Rasen Bonn

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