Home MusikKonzertberichte Bodystyler-Festival – Kritik des Konzertabends in Berlin am 8. Mai 1999

Bodystyler-Festival – Kritik des Konzertabends in Berlin am 8. Mai 1999

Autor: Tobi

Der Bodystyler – mancher kennt ihn seit Jahren, hat vielleicht seinen Werdegang vom handkopierten Fanzine mit 300er-Auflage zum sogar an jeder Tanke erhältlichen Musikmagazin mit 25.000 Exemplaren verfolgt, andere vermuten fälschlicherweise immer noch ein Magazin über Muckibuden oder Tattoos hinter seinem Namen. Wie dem auch sei, zum nun bereits schon fünften Mal lud eben dieser Bodystyler zum dazugehörigen Festival, diesmal in die Columbiahalle, Berlin. 12 Bands plus anschließender Depeche Mode-Party (anläßlich Dave Gahans 938. Geburtstags) waren angekündigt, und um 13 Uhr sollte es losgehen. Nun hat man ja, auch samstags, noch einiges anderes zu tun, und außerdem haut einen ja nicht jede der angesagten Combos aus dem Pantoffeln, drum entschied ich mich, so um 18.30 Uhr den Saal zu entern.

Zwei Sachen fielen mir sofort ins Auge, zum einen der doch etwas laue Besucheransturm (vielleicht ein Drittel des Raumes, wenn man alle dahin verfrachtet hätte), zum anderen Dance Or Die, die gerade spielten. Nun ja, ich erinnere mich an Konzerte der Jungs in Berlin, die gut besucht waren, auf denen sie gefeiert wurden. Hier stand Wagner mit nacktem Oberkörper vor nur wenigen wirklichen Fans, und dies bei einem Heimspiel, hmm. Vielleicht lag es ja daran, daß jeder Band höchsten 45 Minuten Spielzeit zustanden, und ein richtiger Fan betritt keinen Raum, wenn seine Lieblingscombo nicht wenigstens 90 Minuten darbietet. So wird es sein, genau!

Aber auch, wenn’s anders ist, es folgten Hypnoskull, die ich gar nicht hier erwartet hatte, im letzten Bodystyler (mit CD für unter 9 Mark übrigens eine lohnende Anschaffung, das nur am Rande) wurden sie jedenfalls noch nicht für dieses Event angekündigt. Nichtsdestotrotz, jetzt ging schon mehr die Post ab. Industrial-Techno mit gewollt harten und verzerrten Klängen und Stampfbeats, dazu teilweise megaverzerrtem Gesang einer dünnen, aber nicht ausdrucksschwachen Sängerin, durchdrang den Saal, und vor der Bühne zappelte eine nicht so kleine Menge dazu ab, warum auch nicht.

Dann kamen Cat Rapes Dog aus Schweden, und da die Nordlichter ja nun sowieso alle das Prädikat weg haben, mit dem Pornoheft unter’m Arm geboren worden zu sein, erschien das einzige weibliche, sich an Mikro und Gitarre betätigende, Wesen dann auch so gut wie oben ohne. Lediglich ein schwarzes, hautenges, supertransparentes Netzleibchen bedeckte ihre (wie mir nur beiläufig auffiel) durchaus netten Rundungen, und so hatte das blonde Mädel dann auch alle Männerblicke auf sich gerichtet. Ach ja, zusammen mit den anderen drei Musikern lieferte sie eine gelungene Show ab. Elektro-Punkrock-Crossover der stimmungsvollen Art wurde verabreicht, und der eigentliche Sänger, im Superman-T-Shirt (ja, ihn habe ich mir auch mal kurz angeschaut), animierte das Publikum gekonnt, sprich: die Stimmung war gut.

Es folgte die Band, wegen der ich eigentlich hauptsächlich gekommen war, die Blind Passengers, die auf ihrem guten, neuen Album “Bastard” ja endlich mal richtig knalligen Elektro-Metal-Crossover abliefern, den Sound nach langer Experimentierzeit nun optimiert haben. Der Auftritt war dann auch absolut gelungen. Nicht nur die zwei Aliens in Wasserbehältern links und rechts neben dem Drumkit bewegten sich zur Musik, nein, die bretternden Gitarrenriffs, knackigen Beats, Elektrosounds und Gesänge von Rayner (plus Nik stellenweise) sorgten für beste Stimmung im Saal. Genau so sollten sie weitermachen, die Jungs, so ist das packend und kraftvoll.

Abschließend schaute ich mir dann natürlich noch den Gig der Dreadful Shadows an, die eine meiner favorisierten Gothic-Combos sind, was sie auch schnell mal wieder bestätigten. Immer wieder großartig, welch fetten, düsteren Sound diese Band in den Raum bläst, welch tolle Melodien und vor allem welch herausragenden Gesang man zu hören bekommt. Auf die den munteren Reigen abschließenden Mittelalter-Musiker von In Extremo verzichtete ich, da mein Kumpel, heute der Chauffeur, Heimweh verspürte, und Depeche-Parties gibt es ja auch nicht so selten. Insgesamt in jedem Fall ein gelungenes Festival, schade, daß der Raum nicht voller war.

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