Home MusikKonzertberichte Frank Carter & The Rattlesnakes überzeugten mit abwechslungsreichem Rock (Köln, 23. Februar 2024)

Frank Carter & The Rattlesnakes überzeugten mit abwechslungsreichem Rock (Köln, 23. Februar 2024)

Autor: Tobi
Frank Carter & The Rattlesnakes (© Brian Rankin)

(© Brian Rankin)

Nachdem der Brite Frank Carter 2011 auf Grund kreativer Differenzen aus der Hardcore-Combo Gallows ausstieg und die danach mit Jim Carroll ins Leben gerufene Band Pure Love 2014 nur ein Album veröffentlichte, gründete er 2015 zusammen mit dem Gitarristen Dean Richardson seine jetzige Formation Frank Carter & The Rattlesnakes. Fast zehn Jahre sind die beiden nun also schon musikalisch liiert und haben in dieser Zeit fünf erfolgreiche Alben veröffentlicht, von denen die letzten vier jeweils in die UK-Top-Ten stürmten. Nach den vor allem mit fetzigem, progressivem Punkrock aufwartenden “Modern Ruin” (2017, Platz 7), “End Of Suffering” (2019, Rang 4) und “Sticky” (2021, Rang 8) präsentierte sich das Duo auf der im Januar 2024 veröffentlichten Scheibe “Dark Rainbow” (Platz 10) etwas überraschend mit einigen weit ruhiger angelegten Songs gemäßigter, aber nicht weniger reizvoll und sogar umso spannender (lies unsere Rezension hier). Dass sie damit keine Fans eingebüßt haben, untermauerte der 23. Februar, als die ca. 1.300 Fans Platz bietende Kölner Live Music Hall ausverkauft und somit rappelvoll war, als das zweite der beiden in Deutschland angesetzten Konzerte auf der Tour zum Longplayer anstand.

Ab 19.30 Uhr gehörte die Bühne aber erst einmal The Mysterines, und anscheinend hatten viele die Empfehlungen gelesen, diese Vorband nicht zu verpassen. Das Quartett hatte mit seinem Debütalbum “Reeling” 2022 einen tollen neunten Platz der britischen Albumcharts erreicht und befindet sich gerade im Warm-Up zum Nachfolger “Afraid Of Tomorrows”, der am 7. Juni erscheinen soll und für den drei Tage zuvor mit “Stray” ein erster Vorbote veröffentlicht wurde. In 30 Minuten, die auch diese neue Single beinhalteten, wurde klar, warum die Formation aus Liverpool als Tipp gilt, lieferte die ausdrucksstarke Frontfrau Lia Metcalfe mit ihren Jungs – live noch einem mehr – gute, abwechslungsreiche Alternative-Rock-Songs mit Grunge-Würze, mal flotter, mal getragener. Die mal nur singende, mal zusätzlich auch Gitarre spielende Lia stand hierbei nicht nur auf Grund ihres attraktiven Äußeren und wenig gegeizten Reizen im Mittelpunkt, sie konnte auch gesanglich überzeugen, was im Paket mit sehr ordentlichen Songs wie den hier gespielten “Dangerous”, “Begin Again”, “All These Things” oder “Hung Up” dafür sorgen könnte, dass The Mysterines noch so einiges erreichen. Live zu sehen ist die Band dieses Jahr in Deutschland noch bei den Festivals Hurricane, Southside und Rocken am Brocken, und dann im Herbst auf ihrer Headliner-Tour zum neuen Album in Hamburg, Berlin und München.

Ab 20.30 Uhr dann gehörte die Bühne dann Frank Carter & The Rattlesnakes, die wie schon in den drei Videoclips und Pressefotos zum neuen Album “Dark Rainbow” in schickem Zwirn gekleidet und ordentlich frisiert daher kamen – nicht nur Tattoo-Artist Carter und der auch durch sein Designstudio Yuck bekannte Richardson, auch ihre schon seit Jahren live für vollen Sound sorgenden Mitstreiter Tom “Tank” Barclay (Bass), Elliot “El” Russell (Gitarre, Keyboards) und Gareth Grover (Schlagzeug). Eines wurde direkt klar: Verstecken oder im Hintergrund halten muss sich hier keiner, hatte neben dem sowieso erhöht positionierten Grover doch jeder an seinem Platz auch die Möglichkeit, auf ein kleines Podest zu steigen und so Präsenz zu zeigen, was auch alle immer wieder mal wahrnahmen.

Mit dem auf Atmosphäre setzenden, schönen “Can I Take You Home” und dem trockener im Midtempo angesiedelten “American Spirit” eröffneten zwei der den kleinen Stilwechsel gut repräsentierenden Songs vom neuen Longplayer den Abend, die zeigten, wie aber auch diese mit weniger Progressivität aufwartenden Songs immernoch vor Kraft strotzen, in rockigen Momenten sowieso, aber auch durch den charismatischen, vom Start weg pure Energie verströmenden Frank Carter, der einfach ein toller Frontmann ist. Mit “Self Love” schloss ein weiteres Stück der aktuellen, sich mit Selbstreflexion, Erinnerungen und der eigenen Identität beschäftigenden Scheibe an, und da die dritte Singleauskopplung zu den rockige Reißern des Albums gehört, ging es spätestens hier nun auch im Publikum gut ab, welches die ersten Stücke aber ebenfalls gut annahm.

Mit “Devil Inside Me” aus dem 2015er-Debüt “Blossom”, “Lullaby” sowie “Wild Flowers” aus dem 2017er-Longplayer “Modern Ruin” und “Tyrant Lizard King” aus der 2019er-Scheibe “End Of Suffering” nahmen die Jungs einen dann schwungvoll und umjubelt mit durch die Bandhistorie, bevor mit “Honey” der energetische Opener aus “Dark Rainbow” zum Besten gegeben wurde. Die auf keinem Album zu findende Single “Parasite” aus dem späten 2022 wurde ebenfalls nicht ausgespart, bevor mit “My Town” und “Cupid’s Arrow” die einzigen beiden Tracks aus dem 2021er-Werk “Sticky” in die brodelnde Halle geschmettert wurden.

Frank Carter war bester Laune und erwähnte gleich mehrfach, wie sehr es ihn freue, so weit weg von Zuhause vor ausverkauften Haus dieser Größe spielen zu dürfen. Er, Dean und die anderen Jungs lieferten aber auch eine tolle Show ab, musikalisch bestens eingespielt und auch sonst voll überzeugend. Frank verzichtete auch diesmal nicht darauf, mal einen Moshpit zu initiieren, der dann nur den weiblichen Fans vorbehalten war und in dem diese mal kurz unter sich feiern konnten – und später erklärte er, dass man den Grat an Energie im Saal schon daran erkennen könne, dass er sich im Schritt seiner Lieblingshose gerade ein Loch zugezogen habe, vermutlich bei einem seiner Sprünge.

Mit “Brambles”, “Superstar” und “Happier Days” folgte ein weiterer Block aus dem neuen Album und die Hose wurde zwischen diesen vom inzwischen in weißem Rüschenhemd rockenden Carter gewechselt. Mit “End Of Suffering” ging es dann runter von der Bühne, um kurz darauf noch vier Zugaben nachzuschieben. Die Single “Crowbar” wurde umjubelt, “Kitty Sucker” zog das Tempo noch weiter an und nach diesen Songs, die beide ebenfalls von “End Of Suffering” stammen, ging es mit dem gefeierten und vom ganzen Saal mitgesungenen “I Hate You” aus dem Debüt noch einmal zurück zu den Anfängen der Band, bevor das aktuelle “Man Of The Hour” einen Abend mit überzeugenden, abwechslungsreichen, energetischen und melodischen Rocksongs abschloss, dessen einziger Abzug in der B-Note darin bestand, dass der tolle Gig nur 80 Minuten dauerte.

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Links:
Website von Frank Carter & The Rattlesnakes
Website von The Mysterines
Website der Live Music Hall Köln

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