Home MusikKonzertberichte Kieran Goss – Kritik des Konzerts in Berlin am 19. November 2000

Kieran Goss – Kritik des Konzerts in Berlin am 19. November 2000

Autor: Tobi

Schade! Nein, nicht schade, weil an diesem Abend irgend etwas mit dem Konzert schief gehen soll, schade lediglich, dass nicht allzu viele Zuhörer den Weg in Ben Beckers Bar Trompete gefunden haben, um sich Kieran Goss anzuschauen. So sind die Sofas sowie Sessel gerade mal allesamt besetzt und die Besucher lümmeln sich gemütlich in die Federn, als Kieran Goss mit seiner Gitarre um kurz nach 22 Uhr die kleine Bühne betritt. Für ihn reicht sie allemal, braucht er doch nichts. Ein kleiner, glatzköpfiger, eher unscheinbarer Mann mit seiner Gitarre – der dann ein so großartiges Konzert hinlegt, dass man ihn am liebsten zum Freund haben und mit ihm ein Bierchen trinken will. Einige der Zuhörer kennen Kieran Goss bereits als einen der herausragenden irischen Liedermacher, der mit seinen beiden letzten CDs “Worse Than Pride” und “Red Letter Day” auch hierzulande etwas Aufmerksamkeit (nicht genug, wie man sieht) erspielen konnte. Viele der Anwesenden scheinen ihn allerdings auch zum ersten Mal zu hören, vielleicht wollten sie ja nur in der Trompete einen heben gehen – die Gäste in diesem schickeren Örtchen sind gerne bereit, auch für unbekannte Künstler mal 25 Mark über den Tisch zu schieben. Wie dem auch sei, begeistert sind hinterher alle.

Kieran Goss spielt im Gegensatz zu seinen CDs alleine, dies jedoch reicht völlig aus – Gitarre und Gesang beherrscht er. Vor allem aber weiß Kieran Goss einen mit seinen Songs in wundervolle Stimmung zu versetzen, ob nun fröhlich bei flotteren Stücken oder melancholisch bei den vielen Balladen. Seine Songs sind eingängig, sehr melodisch und einfach nur schön. Neben vielen Tracks von “Red Letter Day” spielt er die ihm liebsten Stücke aus seiner Karriere, natürlich auch “Out Of My Head” und “I Close My Eyes” von “Worse Than Pride”, welche ihm zum Durchbruch in der Heimat verhalfen, wo er bis auf Platz 2 der Single-Charts schoss. Was das Konzert aber zu diesem in Erinnerung bleibenden, das es ist, macht, sind vor allem auch die Pausen zwischen den Stücken. Hier erzählt Kieran – meist auf Deutsch, schließlich hat er mal ein Jahr in Bergisch Gladbach gelebt (“warum weiß ich auch nicht!”). Er erzählt von seiner großen Familie, von kleinen Geschichten aus seinem Leben, von Gesprächen mit Journalisten und von seiner Liebe zu Irland. Dies tut er so sympathisch, dass man ihn nur fest ins Herz schließen kann. Gepaart mit seiner großartigen, teilweise sogar ergreifenden Musik ergibt dies ein Konzert, wie es eindrucksvoller kaum sein kann, vor allem eines, welches sich aus dem Dschungel von groß aufgemachten, technisch beherrschten oder von Lautstärke lebenden welchen komplett abhebt. Neben seinen eigenen Stücken spielt Kieran Goss vier Coverversionen, darunter eine wundervolle Interpretation von “Here Comes The Rain Again” (Eurythmics). Ergebnis: kaum jemand verlässt die Trompete, ohne CDs von Kieran gekauft oder ein paar Worte mit ihm gewechselt zu haben. Bleibt nur zu hoffen, dass beim nächsten Konzert in Berlin der Saal (oder die Bar) knackig voll ist, verdient hätte Kieran Goss es allemal.

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