Home Film “A Haunting In Venice” – Kenneth Branaghs dritte Agatha-Christie-Verfilmung ist düsterer und packender

“A Haunting In Venice” – Kenneth Branaghs dritte Agatha-Christie-Verfilmung ist düsterer und packender

Autor: Tobi

"A Haunting In Venice" Filmplakat (© 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.)

A Haunting In Venice

Darsteller: Kenneth Branagh, Tina Fey, Michelle Yeoh, Riccardo Scamarcio
Regie: Kenneth Branagh
Dauer: 103 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.20thcenturystudios.com/movies/a-haunting-in-venice
Facebook: facebook.com/20thCenturyStudiosDE
Kinostart: 14. September 2023


Als Kenneth Branagh 2017 Agatha Christies Krimi-Klassiker “Mord im Orient Express” als Regisseur, Produzent und auch Hauptdarsteller des Detektivs Hercule Poirot neu ins Kino brachte, war die Skepsis groß, das Remake wusste aber dank überzeugendem All-Star-Cast, toller, prunkvoller Ausstattung des Zugs, hervorragenden Kostümen und imposanten Bildern zu gefallen (lies unsere Filmkritik hier).

Weniger ansprechend kam dann allerdings “Tod auf dem Nil” (lies unsere Filmkritik hier) daher, pandemiebedingt mit reichlich Verspätung erst 2022 in den Kinos gestartet. Mit zu oft auf Schönheit polierten und daher künstlich anmutenden Bildern, zudem einem mit Selbst-Zweifeln und Schuldgefühlen verunsichernden Poirot sowie zu oberflächlich gestaltenen Charakteren wurde die Freude am Krimi gedämpft.

Nachdem “Mord im Orient Express” bei einem Budget von 55 Millionen US-Dollar starke mehr als 350 Millionen Dollar einzuspielen wusste, schnitt die Tätersuche in Ägypten weit dürftiger ab und holte bei etwa 90 Millionen US-Dollar Budget in den Kinos nicht einmal 140 Millionen wieder herein. Dass nun mit “A Haunting In Venice” eine dritte Verfilmung eines Krimis von Agatha Christie von und mit Kenneth Branagh in unseren Kinos startet, liegt zum Teil sicher daran, dass Autor Michael Green sein Drehbuch hierzu bereits fertiggestellt hatte, bevor das Ergebnis des zweiten Streifens ernüchterte – zum anderen aber wird auch mal etwas anderes geboten.

“A Haunting In Venice”? Ja, es handelt sich diesmal nicht um eines der bekannteren, bereits verfilmten Werke der britische Schriftstellerin, sondern um ein eher spätes, nämlich ihren 60. Kriminalroman aus dem Jahr 1969, und dieser ist im Original “Hallowe’en Party” betitelt, wurde im Deutschen als “Die Schneewittchen-Party” (1971) und “Die Halloween-Party” (2018) lesbar gemacht. Zum 31. Mal bereits schickte Christie Hercule Poirot ins Rennen, und den Meisterdetektiv erleben wir dann auch bereits als Rentner, der keine Fälle mehr annimmt und sich nach dem Zweiten Weltkrieg im selbst auferlegten Exil in Venedig zur Ruhe gesetzt hat.

Hiervon will er auch eigentlich nicht abrücken, bis 1947 die befreundete Kriminalschriftstellerin Ariadne Oliver (Tina Fey) auftaucht und ihm von einer faszinierenden Dame erzählt, die im Gegensatz zu so vielen GaunerInnen anscheinend tatsächlich Kontakt zu Verstorbenen aufnehmen könne – und das solle er sich doch unbedingt mal anschauen, um heraus zu finden, ob sie nicht vielleicht doch auch betrüge. Poirot ist genervt, willigt aber schließlich ein, und so begeben sich beide per Gondel am Abend vor Allerheiligen in einen mysteriösen, alten Palast, wo zunächst eine düstere Halloween-Feier für eine Horde Kinder stattfindet.

Später dann kommt es zur Séance, bei der die durchaus beeindruckende Joyce Reynolds (Michelle Yeoh) in Trance und auch wilde Umdrehungen verfällt, Zeichen aus dem Jenseits übermittelt und plötzlich sogar mit der Stimme eines einst hier durch Ertrinken verstorbenen Mädchens spricht. Poirot ist nicht ganz so überwältigt wie die anderen und deckt einen Teil des Gezeigten tatsächlich als Trick auf – und hat dann doch einen neuen Fall aufzuklären, als ein Mord geschieht.

"A Haunting In Venice" Szenenbild (© 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.)

(© 2023 20th Century Studios. All Rights Reserved.)

Warum “A Haunting In Venice” mit seinem englischen Originaltitel bei uns startet, bleibt rätselhaft, besser als “Die Schneewittchen-Party” ist dieser aber allemal, vor allem, weil hier von Drehbuchautor Michael Green auch vieles von der Handlung des Romans abweicht. Von Venedig war dort keine Rede, aber die Lagunenstadt bietet nun eine wundervolle, diesmal auch realistisch wirkende Kulisse, mit dem tollen, alten Palazzo als Hauptort des Geschehens.

Bei der Séance zerfließen die Grenzen zwischen Realität und Geisterwelt, und der Film baut – auch durch sein gelungenes Setting – eine ganz besondere, düstere Atmosphäre auf. Diese bleibt auch bestehen, als Poirot einigen Schwindel aufdeckt, denn bald schon kommt es zum Mord, der ihn dann doch anstachelt, den Meisterdetektiv in sich zu reaktivieren, mit Verhören, Beobachtungen und niedergeschriebenen Listen, assistiert von Ariadne Oliver.

Kenneth Branagh spielt den Poirot gut, und neben ihm überzeugen auch Tina Fey als ambitionierte Freundin, Michelle Yeoh als Medium und der bestens ins Venedig passende Riccardo Scamarcio als Poirots Leibwächter. Im Vergleich zu diesen bleiben Kelly Reilly als Mutter des einst hier verstorbenen Mädchens, Kyle Allen als dessen damaliger Freund, Camille Cottin als Haushälterin, Jamie Dornan als mental angeschlagener Arzt, Jude Hill als sein zwölfjähriger Sohn sowie Emma Laird und Jamie Dornan als Joyce Reynolds’ AssistentInnen zwar eher unauffällig, spielen aber doch solide.

Vor allem aber gefällt “A Haunting In Venice” mit seiner Stimmung und ist nicht nur ein klassischer Whodunit-Krimi, sondern wartet auch mit einigen düsteren Schockelementen und Jump-Scares auf, wobei Kameramann Haris Zambarloukos teilweise interessante, von der Norm abweichende Einstellungen bietet und Hildur Guðnadóttir eine bestens passende musikalische Untermalung liefert. So ist das Ganze mit Hang zum Mysteriösen eine durchaus unübliche, weil ja auch vom Original deutlich abweichende Christie-Adaption, was aber durchaus erfrischender wirkt, als den nächsten Aufguss gut bekannten Stoffes zu sehen.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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