Home Film “Das Fest geht weiter!” – herzenswarmes Liebesdrama mit politischem Touch

“Das Fest geht weiter!” – herzenswarmes Liebesdrama mit politischem Touch

Autor: Mick

"Das Fest geht weiter" Filmplakat (© Film Kino Text)

Das Fest geht weiter!

Darsteller: Ariane Ascaride, Lola Naymark, Jean-Pierre Darroussin, Robinson Stévenin
Regie: Robert Guédiguian
Dauer: 106 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.filmkinotext.de/das-fest-geht-weiter.html
Instagram: instagram.com/filmkinotext
Kinostart: 12. Juni 2025


Es ist wieder einmal eine Hommage an seine Heimatstadt Marseille, die Regisseur Robert Guédiguian („Das Haus am Meer“, „Gloria Mundi – Rückkehr nach Marseille“) hier mit seinem neuen Liebesdrama „Das Fest geht weiter!“ vorlegt. Vordergründig als feinfühlige Tragikomödie im Kiezmilieu einer armenischen Familie angelegt, entwickelt sein Film dann aber schnell auch politische Relevanz. Denn als Startpunkt wählt der selbst armenischstämmige Regisseur die reale Tragödie eines Hauseinsturzes in einem Arbeiterviertel Marseilles, das damals zahlreiche Todesopfer forderte.

Und das ist auch in der französichen Metropole knallhartes Kalkül der Vermieter, die ihre Gebäude für den maximalen Profit bewusst verfallen lassen und damit mutwillig lobbyarme, nahezu wehrlose Bewohner gefährden. Nicht das einzige Thema, das die Chorleiterin in einem sozialen Projekt Alice (Lola Naymark) umtreibt, die jüngst eine Aktion für die Umbenennung des nahegelegenen Platzes nach den Opfern initiiert hat. Damit handelt sie ganz im Sinne der linken Bezirkspolitikerin und Krankenschwester Rosa (Ariane Ascaride), die nicht nur in ihrem Viertel sondern auch als Mutter von Rosas Freund Sarkis (Robinson Stévenin) in der armenischen Familie den Laden zusammenhält.

Gut, dass es bei aller um sich greifenden Resignation noch solche Menschen gibt, auch wenn selbst dem unermüdlichen Engagement der langjährigen Witwe Rosa so langsam die Luft ausgeht. Inspiriert vom Schicksal der realen Kommunalpolitikerin Rubirola, die fast unabsichtlich in Marseille zu Bürgermeisterinehren kam, zeichnet Guédiguian hier das kraftraubende Verzetteln der Linken-Ortsgruppe nach, das Rosa allzu nachvollziehbar langsam zum Ausstieg aus der Politik drängt.

Umso mehr Zeit hat sie, um sich ihrer Famile zu widmen. Denn das ist auch dringend nötig, läuft es in der Beziehung von Sohn Sarkis und Alice doch nur auf den ersten Blick absolut reibungslos. Alices verheimlichte Unfruchtbarkeit nämlich stellt in der zwar ungemein herzlichen aber traditionell kinderreichen Familie durchaus einen schwelenden Konflikt dar, der der schnellstmöglichen Klärung bedarf. Blöd nur, dass dann Ruhepol Rosa selbst in emotionale Turbulenzen gerät, als sie sich ausgerechnet in Alices Vater Henri (Jean-Pierre Darroussin) verliebt, der nun mit all seiner Belesenheit als Buchhändler und Erfahrung gelassen Beistand leistet.

"Das Fest geht weiter" Szenenbild (© Film Kino Text)

(© Film Kino Text)

Genug Erzählpotenzial also birgt Guédiguians Drehbuch allemal, die große Stärke seines Streifens aber ist wieder einmal die enorme Authentizität, die sein wunderbares Ensemble seinen Figuren und damit auch der sich langsam zum veritablen Liebesdrama entwickelnden Geschichte verleiht. Denn die bietet jede Menge Identifikationsmöglichkeiten, wenn Rosa, die sich über Jahrzehnte selbstlos nur um das Gemeinwohl gekümmert hat, nun unvermittelt endlich wieder die Liebe entdeckt, und Alice ausgerechnet Hilfe von ihrem Vater erhält, der sie lange vernachlässigt hat.

Das klingt fast zu kitschig um stimmig zu sein, ist aber mit so viel Feingefühl für die Dramaturgie der Szenen umgesetzt, dass es teilweise wirklich tief berührt. So nehmen wir unmittelbar Anteil an Rosas Los, die jetzt angesichts ihrer Romanze mit dem Feingeist Henri die Chance zur Selbstverwirklichung ergreift. Genauso gespannt aber verfolgen wir, wie sich Alice in den Zweifeln an ihrer Beziehung zu Sarkis verrennt ohne jedoch jemals ihr ungebrochenes soziales Engagement aufzugeben, mit dem sie den Schwächsten der Gesellschaft eine Stimme gibt und sich dabei fast unbemerkt wieder ihrem Vater annähert.

Guédiguian gelingt hier erneut mit einer ordentlichen Portion Lokalpatriotismus ein durchaus politisch eingefärbter Blick auf Marseilles Arbeiterviertel, der mit seinen Liebesgeschichten eine Menge Herzenswärme verströmt und vor allem anders als die üblichen knallharten Sozialdramen zum Schluss mit seiner sozialen Botschaft Hoffnung macht. Er jedenfalls räumt für die politische Rechte nicht so schnell das Feld.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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