Home Film “Transit” – geschickte Verfilmung des Romans von Anna Seghers

“Transit” – geschickte Verfilmung des Romans von Anna Seghers

Autor: Tobi

"Transit" Filmplakat

Transit

Darsteller: Franz Rogowski, Paula Beer, Godehard Giese, Lilien Batman
Regie: Christian Petzold
Dauer: 102 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.transit-der-film.de
Facebook: facebook.com/TransitDerFilm.DE


Mit “Transit” – nicht zu verwechseln mit Antonio Negrets gleichnamigem, eher unbekannt gebliebenen Thriller aus dem Jahr 2012 – legt Regisseur Christian Petzold einen sehr geschickt gemachten Film vor, der Historisches mit dem Jetzt verschmelzen lässt. Im Rahmen der diesjährigen Berlinale, wo der Streifen im Wettbewerb lief, konnte man ja bereits einiges über den Film lesen und hören, jetzt kommt er bundesweit ins Kino.

Dass “Transit” trotz des 2012er-Films “Transit” heißt, liegt daran, dass er auf dem 1942 in Marseille entstandenen, gleichnamigen Roman von Anna Seghers basiert. Petzold macht hieraus allerdings kein Historien-Drama, sondern verzichtet auf Weltkriegs-Kulissen und lässt die Handlung einfach im heutigen Marseille spielen. Das Ergebnis schockiert fast, denn auch wenn deutschen Truppen die Stadt aktuell natürlich nicht einnehmen wollen, ist die Flucht-Thematik doch wieder so aktuell, dass sie gepaart mit einer bildhaften, beinahe nur schemenhaften Liebesgeschichte im Jetzt real wirkt und fesselt.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Georg (Franz Rogowski). Als die deutsche Armee vor Paris steht, flieht er nach Marseille, denn hier sind die Nazis noch nicht, und hier gibt es die Chance auf eine Ausreise mit dem Schiff. Außerdem hat Georg sich bereit erklärt, die letzten Utensilien des Schriftstellers Weidel, der sich aus Furcht vor den Verfolgern das Leben genommen hat, der mexikanischen Botschaft zu übergeben, auch wenn es unklar ist, warum sein letztes Buch-Manuskript, ein paar Briefe und die Zusicherung eines Visums unbedingt abgeliefert werden sollen.

In Marseille wird ihm rasch klar, dass dies nur eine Zwischenstation für ihn sein kann. “Ich darf also nur bleiben, wenn ich nachweisen kann, dass ich gar nicht bleiben will?” fragt er konsterniert im Hotel. Ja, so ist es ohne Bleibeberechtigung. Aber wohin soll Georg gehen? Ein Transitvisum für eines der möglichen Aufnahmeländer hat er nicht, und keines der begehrten Tickets für die Schiffspassage. In seiner Ausweglosigkeit nimmt er dank der Papiere und mittels zusätzlicher Passfälschung die Identität Weidels an, was zu seiner eigenen Überraschung gut funktioniert.

"Transit" (© Piffl Medien GmbH)

Franz Rogowski als Georg (© Piffl Medien GmbH)

 

Nun ist er einer unter vielen Flüchtlingen, die nicht nur in den Konsulaten anzutreffen sind, sondern sich auch in den Cafés und Bars am Hafen tummeln, auf Ausreise wartend und hoffend. Etwas widerwillig, aber doch auch irgendwie gerne findet er in Driss (Lilien Batman), dem Sohn seines gestorbenen Genossen Heinz, einen temporären Wegbegleiter. Und immer wieder taucht in seiner Nähe die geheimnisvolle Marie (Paula Beer) auf, die nach etwas Katz-und-Maus-Spiel eine Affäre zulässt, auch wenn sie eigentlich auf der Suche nach ihrem Mann ist. So ist sich Georg bald unklar, ob er lieber noch im von den deutschen Truppen auch mehr und mehr bedrohten Marseille verweilen will oder auf rasche Ausreise hofft.

Christian Petzolds Film packt einen. Anfangs muss man sich schon daran gewöhnen, die historische Handlung im Jetzt zu sehen, wo moderne Autos durch Marseilles Straßen fahren und Flatscreens an den Wänden hängen, aber sobald man sich hierauf einlässt, funktioniert das Ganze bestens, fasziniert sogar. Der Story selbst wird hierdurch nämlich kein Reiz entzogen.

Die so aktuelle Flüchtlingsproblematik mit all ihrer Hektik und der Balance zwischen Hoffnung und Ausweglosigkeit wird in dichter Atmosphäre transportiert, dazu kommt die poetisch angehauchte und doch sehr reell anmutende Liebesgeschichte zwischen Georg und Marie. Franz Rogowski, der hier auch viel Französisch spricht, untermauert seinen Status als hoffnungsvoller Newcomer in der deutschen Filmlandschaft, liefert nach Hauptrollen wie in “Fikkefuchs” oder “Lux – Krieger des Lichts” hier seine überzeugendste Vorstellung ab. Ein beeindruckender Film.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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