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Frank Carter & The Rattlesnakes rocken gemäßigter, aber umso spannender

Autor: Tobi

Frank Carter & The Rattlesnakes "Dark Rainbow"

Frank Carter & The Rattlesnakes

“Dark Rainbow”

(CD, International Death Cult, 2024)

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Nachdem Frank Carter 2011 aus der Hardcore-Combo Gallows geschmissen wurde, gründete er erst mit Jim Carroll die Band Pure Love, die 2014 nur ein Album veröffentlichte, dann 2015 zusammen mit dem Gitarristen Dean Richardson seine jetzige Formation Frank Carter & The Rattlesnakes.

Im Zweijahresrhythmus gab es eigentlich seither Alben, und nachdem es “Blossom” 2015 immerhin in die britischen Top 20 schaffte, kletterten “Modern Ruin” (2017, Platz 7), “End Of Suffering” (2019, Rang 4) und “Sticky” (2021, Rang 8) sogar jeweils in die Top Ten, wo sie auch drei Single platzieren konnten – und prominente Liveauftritte auf Festivals, als Support der Foo Fighters oder bei eigenen großen Shows wurden ebenfalls gefeiert.

Frank Carter & The Rattlesnakes (© Brian Rankin)

(© Brian Rankin)

Den Erfolg setzten Tattoo-Artist Carter als ausdrucksstarker Frontmann und der auch durch sein Designstudio Yuck bekannte Richardson also fort und vereinten hierbei in griffigen Punkrock-Hymnen reichlich Progressivität mit Eingängigkeit. Umso überraschender war es da, dass die ersten zwei als Vorboten zum neuen Album “Dark Rainbow” vorausgeschickten Singles “Man Of The Hour” und “Brambles” weit gemächlicher als gewohnt daher kamen.

Wenn man dazu noch das oben zu sehende Haupt-Pressefoto der Jungs zur neuen Scheibe betrachtet, dann untermauert dies den Eindruck, dass sich die Jungs diesmal anders präsentieren wollen, ordentlich gekleidet und frisiert, dazu noch weich gezeichnet, als würden sie auf dem Weg zu einem elitären Vorzeige-Schwiegersohn-Casting sein.

“Man Of The Hour” hieß die erste Vorab-Single, und die Auflösung zur stilistischen Neuausrichtung liegt auch darin begründet, dass Frank Carter & The Rattlesnakes zurück blicken und nicht nur frische Stücke bieten, sondern auch alte Ideen neu aufgegriffen haben, die gut waren, aber irgendwie nicht ins jeweilige Konzept der letzten Longplayer passten.

Statt mit Fokus auf rotzigem, rauem Punk wie noch bei “Sticky” (lies unsere Rezension hier) geht es zudem weit atmosphärischer und ausgewogener zu, wenn die Jungs sich mit Selbstreflexion und Erinnerungen beschäftigen, und mit der eigenen Identität. “I’m just witnessing the world change so quickly around me and I’m still trying to come to terms with who I am and what the authentic version of me is”, erklärt Carter, dessen wahres Wesen also offensichtlich weit mehr zu bieten hat als die Progressivität, die uns so mitgerissen hat. Sind die neuen Songs hierdurch weniger packend? Nein, das sind sie nicht.

Richardson erinnert sich daran, dass ihnen schon immer gute Balladen leicht einfielen, sie aber nie mehr aus diesen gemacht hatten. Die 39 Minuten und elf Tracks von “Dark Rainbow” erklärt Carter zu ihrem authentischsten Album, und diese Ehrlichkeit klingt gut, ausgewogen und auch glaubwürdig, weil die Jungs nicht auf rockige Reißer verzichten, die mit dem Opener “Honey”, “Happier Days” und der dritten Single “Self Love” noch zu finden sind. Auch das in langsamerem Tempo voran schleichende “Superstar” und das trockener im Midtempo angerichtete “American Spirit” besitzen fett abrockende Phasen.

Der Longplayer bietet aber eben auch viele gemäßigter daher kommende Songs, ist somit definitiv ihr abwechslungsreichster. Neben den starken “Man of the Hour” und “Brambles” findet man die voll auf Atmosphäre setzenden, schönen “Can I Take You Home” und “Queen Of Hearts”, und mit “Sun Bright Golden Happening” gibt es sogar eine warme Piano-Ballade, die komplett auf Schlagzeug-Rhythmen verzichtet. Kein Wunder, dass der titelgebende Abschluss “A Dark Rainbow” ebenfalls ruhig daher kommt – was nicht bedeutet, dass nicht auch er einige progressive Momente aufbietet, die auch in den verhalteneren Songs immer mal aufploppen, was die Authentizität einer gut gelungenen, sicher weniger rauen, aber noch spannenderen Scheibe unterstreicht, die auch hinterfragt, ob die typische, eher rücksichtslose Rockstar-Attitüde denn noch zeitgemäß ist.

Im Februar 2024 sind Frank Carter & The Rattlesnakes wieder live bei uns zu erleben. Hier die Daten – Tickets gibt es z.B. hier bei Eventim (Partnerlink).

22.02.2024 – Berlin, Metropol
23.02.2024 – Köln, Live Music Hall

www.andtherattlesnakes.com
facebook.com/frankcarterandtherattlesnakes

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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