Home MusikCD-Rezensionen Manchester Orchestra bieten einen kurzen, voll auf Atmosphäre setzenden Soundtrack

Manchester Orchestra bieten einen kurzen, voll auf Atmosphäre setzenden Soundtrack

Autor: Tobi

Manchester Orchestra "The Valley of Vision"

Manchester Orchestra

“The Valley Of Vision”

(CD, Loma Vista Recordings, 2023)

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Manchester Orchestra gehören zu den Bands, die einem nicht durch große Präsenz in Radio, Fernsehen oder sonstigen Medien aufokruiert wird, in deren Musik man sich aber schnell verliebt, wenn man sie – vielleicht ganz zufällig – kennenlernt. Songs wie das großartige “The Silence” aus 2019 oder “I Know How To Speak” aus 2018 haben nicht umsonst bereits 144 Millionen (!) bzw. fast 35 Millionen Aufrufe auf YouTube erreicht, der melancholische, melodische, mit viel Gespür für besondere Atmosphäre gebotene Indie-Rock der Mannen aus dem amerikanischen Atlanta weiß einen gefangen zu nehmen, auch durch den ausdrucksstarken Gesang von Frontmann/Gitarrist Andy Hull.

In die Charts steigt das Quartett weder hoch noch lange ein, so wie auch mit ihrem siebten, 2021 veröffentlichten Album “The Million Masks Of God”, das in der Heimat mal kurz auf Platz 31 sprang, bei uns immerhin an den Top-50 kratzte. Aber was sind schon die Charts … die Schar der Fans wurde immer größer, natürlich auch durch diverse überzeugende Livekonzerte.

Manchester Orchestra (© Shervin Lainez)

(© Shervin Lainez)

Wenn Manchester Orchestra uns nun mit ihrem neuesten Werk ins “The Valley Of Vision” führen, dann handelt es sich bei der sechs Stücke umfassenden Scheibe mehr um einen Soundtrack als um ein vollwertiges Album, das mit 26 Minuten ansonsten nämlich etwas kurz geraten wäre. Am 9. März 2023 wurde ein gleichnamiger Film, der unter Regie von Isaac Deitz entstand, auf dem YouTube-Kanal der Band veröffentlicht, ein Tag später erschien die Musik in digitaler Form, am 7. April liegt sie nun auch physisch vor.

Der Film “The Valley Of Vision” lässt den Betrachter in eine virtuelle Realität eintauchen, kommt auch in 180-Grad Virtual Reality daher. Bei der Erarbeitung der sechs dazugehörigen Songs ging die Band neue Wege. Andy Hull erklärt: “‘The Valley of Vision’ zu machen, war eine aufregende Idee, wie die Zukunft für uns aussehen könnte, was die Art und Weise betrifft, wie wir kreieren. Keiner dieser Songs wurde mit der Band im selben Raum in einer Live-Situation geschrieben. Sie waren wirklich wie wissenschaftliche Experimente, die von Grund auf begannen und mit der Zeit immer weiter ausgebaut wurden. Wir sind fasziniert davon, Dinge auf die falsche Art und Weise zu tun oder Dinge auszuprobieren, die wir noch nie gemacht haben, und uns davon inspirieren zu lassen.”

“The Valley of Vision” hat Hull zusammen mit Gitarrist Robert McDowell produziert, und neben Bassist Andy Prince und Drummer Tim Very waren mit Catherine Marks, Dan Hannon, Jamie Martens, Kyle Metcalfe und Ethan Gruska noch verschiedene MusikerInnen beteiligt – was aber nicht in volle Klangbilder resultierte. Entstanden sind vielmehr sechs Songs, die sich größtenteils ruhig und allesamt schön präsentieren.

Eröffnet wird das Kurz-Album von “Capital Karma”, welches mit sanften Pianotönen, verhaltenen Streichern und Flächenklängen getragen über eine Beziehung sinniert und die Bereitschaft andeutet, Geduld zu haben, wobei es am Ende etwas energetischer zugeht. Beim folgenden “The Way” über einen Neustart wird das Klanggerüst nicht viel voller, ein Midtempo-Rhythmus beschert aber seichten Groove. Bei “Quietly” geht es dem Titel entsprechend lange ruhig zu, dann aber bricht es aus dem Song heraus und das Finale wird kraftvoll und lauter, bevor “Letting Go” wieder mehr auf Atmosphäre setzt, hierbei ebenfalls in seinem Lauf an Intensität etwas zunimmt.

Die sonst durchaus für Manchester Orchestra üblichen E-Gitarren werden bis hierher gar nicht oder maximal sehr unauffällig ganz im Hintergrund eingesetzt, man hört viel Piano und Synthieflächen. “Lose You Again” setzt dann zumindest mal auf akustische Gitarre zum Klavier und verzichtet ganz auf Rhythmen. Mit dem Sechsminüter “Rear View” schließt das längste Stück die Scheibe ab und schleicht lange elegisch voran, bis es in einem Finale Furioso krachig zugeht, wobei Andy Hull zwischen unaufgeregter Erzählung und sentimental packendem Klagen stimmlich wieder viel aufbietet. Ein klanglich stark reduziertes Album, das sich aber wunderbar durchhören lässt und viel Schönheit mitbringt.

Unten eingebettet auch der “The Valley Of Vision” Official Album Film in 180-Grad Virtual Reality, zu dem folgender Hinweis zu lesen ist: “Please consider dimming the lights, using the best available sound and watching it in full screen or a VR headset”.

Mittels modernster 3D-Radiographie-Technologie lässt Isaac Deitz die Zuhörer in ein visuelles Erlebnis von The Valley of Vision eintauchen, und er fügt hinzu: “Andy und ich hatten seit 2021 über eine Zusammenarbeit bei Film und Album gesprochen, nachdem ich bei dem Video für ihren Song ‘Telepath’ Regie geführt hatte. Ein Jahr später schickte er mir ‘The Valley of Vision’, und mir wurde klar, dass wir das Potenzial hatten, etwas wirklich Besonderes zu machen. Den Film in seinem vorgesehenen 180-Grad-3D-VR-Format zu erleben, fühlt sich an, als würde man einen Traum in seinen Kopf herunterladen, und das Album zu hören, fühlt sich an, als würde man eine abstrakte Karte mit verschiedenen Lektionen in Bezug auf die menschliche Erfahrung erhalten – sich selbst zu verzeihen, auf sich selbst zu hören, loszulassen und sich von Altem zu verabschieden. Bäume schienen mir das perfekte Symbol zu sein, um viele dieser Themen wie Leben, Tod, Wiedergeburt und Wachstum zu vermitteln, aber ich wollte, dass der 3DVR-Film den Leuten die Möglichkeit gibt, die Musik in einer Vielzahl von fesselnden Umgebungen zu hören, während er gleichzeitig diese Geschichten für jeden, der aufmerksam ist, einwebt. Jedes Symbol steht für eine andere Erfahrung, die in unseren inneren Welten verankert ist; es liegt an Ihnen, ob Sie sie einfach nur genießen oder versuchen zu interpretieren, was der Traum bedeutet.”

manchesterorchestra.com
facebook.com/ManchesterOrchestra

Bewertung: 8 von 10 Punkten

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