Tim Bowness
“Flowers At The Scene”
(CD, Inside Out Music, 2019)
Für sein fünftes Soloalbum “Flowers At The Scene” arbeitete Tim Bowness im Studio zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt wieder intensiv mit Steven Wilson zusammen. Diesen kennt man als Kopf der seit knapp zehn Jahren stillgelegten Progressive-Rock-Band Porcupine Tree ebenso wie von Soloscheiben, und eben vom Projekt No-Man, das er als Duo mit Bowness seit 1986 betreibt und mit dem die beiden sechs Studioalben veröffentlichten, zuletzt 2008 “Schoolyard Ghosts”. Auch wenn das Album nun unter Tims Namen veröffentlicht wird und seine Kompositionen enthält, war Wilsons Anteil groß, was man schon daran sieht, dass die beiden nicht einzeln als Produzenten angegeben sind, sondern als No-Man, zusammen mit Brian Hulse, mit dem Bowness ja auch schon lange kollaboriert.
Tim Bowness erklärt: “It was an exciting project to put together and it was great working closely with long-term creative partners, Brian Hulse and Steven Wilson plus a talented cast of new collaborators. Steven was initially brought in to mix the album, but very quickly was helping develop production ideas alongside Brian and I. Listening to pieces such as ‘Not Married Anymore’, ‘Borderline’ and ‘The War On Me’, we both felt that the project had more than a hint of the spirit of no-man and it became obvious that this was a no-man co-production rather than a Bowness/Wilson one.”
Auf den 43 Minuten des Longplayers findet man elf Songs, die man getrost als abwechslungsreich bezeichnen darf. Mit “I Go Deeper”, das auch als erste Single ausgekoppelt wurde, eröffnet Tim die Scheibe. Die mit dem Italiener Stefano Panunzi zusammen geschriebene Nummer verbindet progressive, treibende Midtempo-Passagen mit einem melodischen, ruhigen Refrain. Eine starke Eröffnung, gewürzt mit einem feinen Gitarrensolo von Brian Hulse.
Mit “The Train That Pulled Away” wird es danach etwas gradliniger, und Tims sanfter, teilweise gehauchter Gesang erinnert nicht nur hier an die Stimmfarbe von Pulps Jarvis Cocker – selbst der Song hätte trotz seiner ungewöhnlichen Instrumentierung mit Streicher-Stakkato wie -Linie und militärhaften Trommeln stilistisch auch zu den Britpop-Ikonen gepasst.
Das getragene “Rainmark” hat Bowness mit Jim Matheos (Fates Warning/OSI) aufgenommen, und die gemütliche Nummer weiß ebenfalls zu gefallen. Auch beim Titelsong hat Matheos Gitarre gespielt, und dieser kommt jazzig daher, bis die Gitarre mehr und mehr Gewicht gewinnt. Zwischen den beiden Stücken liegt das sanfte, chillige “Not Married Anymore” mit Drummer Dylan Howe als Gast – ja, auch inhaltliche Trauer und Verzweiflung weiß Bowness in Entspanntheit statt zwingender Melancholie zu vermitteln.
Dass es nicht nur gemächlich zugeht, beweist das mit viel Dramaturgie arrangierte “It’s The World”, welches ruhig aber bedrohlich startet, dann mächtig abrockt. Peter Hammill (Van Der Graaf Generator), Jim Matheos und Steven Wilson sorgen bei der überzeugenden Nummer mit Tim für volles Klangbild.
Das entspannte “Borderline” hat Bowness mit Drums von Dylan Howe und Bläserklängen von David Longdon (Big Big Train) aufgenommen, das zwischen Ruhe und flottem Rock balancierende “Killing To Survive” erneut mit Gitarrist Peter Hammill, das sphärisch dahin fließende “What Lies Here” mit Kevin Godley (10cc) als Gastsänger und Andy Partridge an der Gitarre.
“Ghostlike” ist das anspruchsvollste Stück, da hier avantgardistisch und mit viel erzählerischer Kraft gearbeitet wird, aber durchaus sehr interessant. Bleibt noch “The War On Me” als seichte Nummer, die auf Atmosphäre setzt. Insgesamt ein Album, das stets spannend daher kommt und viel gute Musik zu bieten hat, die nicht nach Mainstream klingt, aber absolut auch nicht schwer zugänglich ist.
timbowness.co.uk
facebook.com/timbowness
Bewertung: 8 von 10 Punkten
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