Home Film “Ach du Scheiße!” – packender Escape-Room-Thriller mit herrlich rotzigem Humor

“Ach du Scheiße!” – packender Escape-Room-Thriller mit herrlich rotzigem Humor

Autor: Mick

"Ach du Scheiße!" Filmplakat (© Neopol Film)

Ach du Scheiße!

Darsteller: Thomas Niehaus, Gedeon Burkhard, Olga von Luckwald, Rodney Charles
Regie: Lukas Rinker
Dauer: 90 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: achduscheisse-derfilm.de
Facebook: facebook.com/AchDuScheisseDerFilm


Ein deutscher Independent-Film, noch dazu das Debüt eines jungen Regisseurs, mit dem Titel „Ach du Scheiße!“, was soll dabei schon herauskommen? Dass sich die Erwartungshaltung nicht selten auf die Wahrnehmung eines Films auswirkt, so sehr man sich auch dagegen wehrt, ist landläufig bekannt. Aber so angenehm wie bei Lukas Rinkers klaustrophobem Escape-Room-Thriller, dessen vor Ideen nur so sprühendes Drehbuch sich der Regisseur auch gleich selbst ausgedacht hat, wurde man wirklich noch nicht oft überrascht.

Dabei kriegt uns der Streifen eigentlich schon mit der ersten Sequenz: Ein Pin-Up-Girl räkelt sich lasziv in Discolicht und Blaumann zu Münchner Freiheits „Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein)“ und der Schweiß tropft ihr vom heißen Körper. Aber die Tropfen, die Frank (Thomas Niehaus) jäh aus seinen wohligen Träumen reißen, kommen leider von der Wand eines liegenden Dixi-Klos, und zusätzlich zu dessen unappetitlich verteilten Inhalt steckt Franks Arm auch noch tief auf einer meterlangen Stahlarmierung. Schnitt, und Einblendung des Titels, der die Szenerie nicht treffender zusammenfassen könnte und für die nächsten anderthalb Stunden Programm ist: „Ach du Scheiße!“.

Schon da kann man sich ein Lachen kaum verkneifen, so auf den Punkt genau haut uns Rinker seinen rotzigen Humor um die Ohren. Witzig aber ist die Situation ganz und gar nicht, in der sich Frank befindet, und die uns der Regisseur gemeinsam mit ihm in einer eiligen Inventur im engen, verdreckten Klo definieren lässt. Das birgt angesichts einer Kopfplatzwunde und noch mehr dem aufgespießten Arm sicher auch ein gewaltiges Bodyhorror-Potenzial, ist aber in erster Linie sauber konzipierter Ausgangspunkt für einen Plot, dessen Spannung einen über die gesamte Zeit in Atem hält.

Denn außer seiner misslichen Lage eingeklemmt im Dixi-Klo vernimmt Frank aus der Ferne auch noch den beschwingt moderierten Countdown zur Sprengung einer Ruine, in der er sich offensichtlich befindet, der ihn gewaltig unter Zeitdruck setzt. Das alles lässt uns Rinker sukzessive mit Frank zusammen erarbeiten, ist das Vorwissen seines Protagonisten doch dank der Amnesie in Folge des Unfalls genauso bei null wie unser eigenes und macht uns damit irgendwie zu Leidensgenossen. Je mehr wir dann über die Hintergründe der bedrohlichen Lage des Architekten Frank erfahren, desto mehr fiebern wir so mit ihm mit, nicht nur um die eklatanten Schweinereien hinter dem Bauprojekt aufzudecken, in das er involviert war und dem er jetzt so spektakulär zum Opfer fallen soll.

"Ach du Scheiße!" Szenenbild (© Daniel Dornhoefer)

(© Daniel Dornhoefer)

Das macht das Erlebnis des minütlich spannender werdenden Thrillers, der mehr und mehr zum Escape-Game mit Deadline mutiert, noch intensiver und lässt uns genauso wie Frank nach Wegen aus der Bedrängnis suchen, die so ausweglos erscheint. Der ist nicht nur als Architekt naturwissenschaftlich bestens aufgestellt, sondern noch dazu überaus fantasievoll, was den mühevollen Einsatz der wenigen zur Verfügung stehenden Mittel angeht. Da zeigt sich auch der erstaunliche Einfallsreichtum des Drehbuchautors, der den armen Frank zumindest mit einigen wenigen Werkzeugen, allen voran sein Handy, ausgestattet hat, die ihm nun den Spielraum für Entkommensversuche lassen und uns bei deren Ausführung ungemein fesseln. Die scheitern natürlich ein ums andere Mal – sonst wäre der Film schließlich auch relativ kurz geworden – bringen aber regelmäßig, wenn schon keine substanzielle Verbesserung der Situation, dann doch auch uns wichtigen Erkenntnisgewinn für weitere Strategien.

Leider geht dem so beklemmenden Kammerspiel, das mit seinen provozierenden Ekel- und Splatterszenen erfrischend auf politische Korrektheit pfeift und damit immer wieder für große Belustigung sorgt, zum Ende hin ein wenig die Luft aus, als sich die Handlung zunehmend außerhalb des Klos verlagert. Das jedoch kann dem Film nichts mehr anhaben und bringt sogar eine weitere satirische Komponente ein. Rinkers mit überschaubaren Mitteln gedrehter, intelligenter Thriller ist eine Perle des so oft totgesagten deutschen Genrekinos, der einfach enormen Spaß bereitet und Lust auf mehr macht.

Trailer:

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

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