Home Film “Ammonite” – tolles Schauspiel krönt das ruhig erzählte Liebesdrama

“Ammonite” – tolles Schauspiel krönt das ruhig erzählte Liebesdrama

Autor: Tobi

"Ammonite" Filmplakat (© TOBIS Film GmbH)

Ammonite

Darsteller: Kate Winslet, Saoirse Ronan, Gemma Jones, James McArdle
Regie: Francis Lee
Spieldauer: 118 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: tobis.de/film/ammonite
Facebook: facebook.com/TobisFilm


Mit “Ammonite” legt der britische Regisseur Francis Lee seinen zweiten Langfilm nach dem vielbeachteten und mit einigen Auszeichnungen bedachten “God’s Own Country” (2017) vor, und erneut hat er hierzu auch das Drehbuch verfasst. Wie bei seinem Debüt steht eine homo­sex­uel­le Affäre im Mittelpunkt, wobei es diesmal nicht um einen Schafzüchter und einen Wanderarbeiter geht, sondern vor allem um eine desillusionierte Paläontologin.

Realität und Fiktion werden vermischt, gab es die britische Fossiliensammlerin Mary Anning doch wirklich, die von 1799 bis 1847 lebte und als eine der ersten professionellen Paläontologinnen gilt. So ist die Handlung dann auch kurz vor Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelt, und wir sehen Kate Winslet als Mary, die sich bereits einen guten Ruf erarbeitet hat, in der von Männern dominierten Wissenschaftswelt Londons aber trotzdem keine Rolle spielt, obwohl einige ihrer Funde in namhaften Museen Aufmerksamkeit erregen.

Mit geringem Einkommen aus ihren Verkäufen, bei denen vor allem für sie unspektakuläre Fossilien als Geldquelle dienen, da sie bei Touristen gut ankommen, lebt Mary zusammen mit ihrer kranken Mutter (Gemma Jones) abgeschieden im kleinen Ort Lyme Regis an der Küste im Südwesten Englands. Eines Tages bekommt sie Besuch vom schottischen Geologen Roderick Murchison (James McArdle), der Mary gegen Bezahlung für ein paar Tage bei ihrer Arbeit begleiten möchte, um von ihr zu lernen.

Wenig geschmeichelt stimmt die emotionslos wirkende Anning nach anfänglicher Skepsis zu, denn sie braucht das Geld. Bevor Murchison nach kurzer Zeit aber dann wieder abreist, um seine Studienreise woanders fortzusetzen, unterbreitet er ihr das nächste lukrative Angebot. Seine von Schwermut geplagte, junge Frau Charlotte (Saoirse Ronan) soll noch einige Zeit bleiben, um die heilende Seeluft zu genießen, Bäder zu nehmen und ebenfalls von Mary zu lernen. Erneut ist diese wenig begeistert, willigt aber ein.

Freundlichkeit hat sich Murchison hiermit jedoch noch nicht erkauft, verhält sich Anning dem nur geduldeten und nicht willkommenen Gast gegenüber doch kühl und abweisend. Erst als Charlotte stark erkrankt und der Arzt Dr. Lieberson (Alec Secăreanu) Mary erklärt, sie müsse die Kranke pflegen, entwickelt sie etwas Wärme und kümmert sich. Gleichzeitig gewinnt sie ihre schon lange abhanden gekommene Lebensfreude zurück, und zur Überraschung beider entwickelt sich nicht nur eine Freundschaft, sondern auch körperliche Anziehung, der sie nicht widerstehen. Wo aber soll die leidenschaftliche Affäre hinführen?

"Ammonite" Szenenbild (© TOBIS Film GmbH)

(© TOBIS Film GmbH)

“Ammonite” – benannt nach Kopffüßern, die man versteinert als Fossilien an vielen Küsten finden kann – mutet zunächst etwas merkwürdig an, da der Film eine fiktive Romanze rund um reale Personen erzählt. Ja, nicht nur Anning gab es, sondern auch den Geologen Roderick Murchison (1792-1871), und dessen Frau Charlotte (1788–1869) verbrachte 1825 einige Zeit mit Mary und wurde zu einer guten Freundin, was spätere Briefe belegen.

Für eine romantische Beziehung der beiden aber gibt es ebenso wenig Anhaltspunkte wie dafür, dass Anning überhaupt homosexuell gewesen sei. Im Film führen nicht nur die vorenthaltene Anerkennung als Wissenschaftlerin, der einstige Tod ihres Mannes oder die vielen in jungen Jahren verstorbenen Geschwister zu Marys kühlem Wesen, dem bis zur Liebelei kein Lächeln entgleitet – es gibt auch eine homoerotische Vorgeschichte, die angedeutet wird, als sie von ihrer Freundin Elizabeth Philpot (Fiona Shaw) eine die Heilung Charlottes unterstützende Salbe holt. Und auch diese hat eine Vorgeschichte, haben ihre Depressionen doch anscheinend auch etwas mit einem verlorenen Kind zu tun. Zudem verhält sich ihr Gatte nicht wirklich herzlich, so dass Offenheit für anderweitige Zärtlichkeiten durchaus nachvollziehbar ist.

Francis Lee erzählt seine Geschichte mit sehr viel Ruhe und Fokus auf Atmosphäre, profitiert hierbei von großartigem Schauspiel. Kate Winslet brilliert in ihrer Rolle als zunächst gefühlsarme, dann auftauende Frau, die im Alter von elf Jahren das im The British Museum ausgestellte Fossil eines Ichthyosaurus fand und so ihre Leidenschaft für die Paläontologie entdeckte. Selten sah man sie so gut, und auch hinter ihrer Darbietung in “Der Vorleser”, für die sie 2009 als “Beste Hauptdarstellerin” mit dem Oscar® ausgezeichnet wurde, braucht sich ihre grandiose Leistung nicht zu verstecken. An ihrer Seite glänzt Saoirse Ronan, die in den letzten Jahren ihre Klasse ja immer wieder unter Beweis stellen konnte. Die Chemie zwischen beiden stimmt perfekt und passt optimal zur Handlung des zwischen Romanze und Drama angesiedelten Streifens, der sehenswert ist.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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