Home Film “Aus meiner Haut” – Alex Schaads gelungenes Langfilmdebüt bietet Körpertausch mit Tiefgang

“Aus meiner Haut” – Alex Schaads gelungenes Langfilmdebüt bietet Körpertausch mit Tiefgang

Autor: Tobi

"Aus meiner Haut" Filmplakat (© X Verleih)

Aus meiner Haut

Darsteller: Mala Emde, Jonas Dassler, Dimitrij Schaad, Maryam Zaree
Regie: Alex Schaad
Dauer: 103 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.x-verleih.de/filme/aus-meiner-haut
Facebook: facebook.com/xverleih


Nachdem Regisseur und Drehbuchautor Alex Schaad für zwei im Rahmen seines Regie-Studiums erschaffene Kurzfilme bereits mehrere Auszeichnungen inkl. eines Student Academy Awards (auch Studenten-Oscar genannt) erhielt, legt er mit “Aus meiner Haut” nun sein Langfilm-Debüt als Regisseur vor. Das Drehbuch für dieses hat er mit seinem Bruder Dimitrij Schaad geschrieben, den man als Schauspieler aus dem Theater oder Filmen wie “Die Känguru-Chroniken” samt Fortsetzung kennt.

Auch in “Aus meiner Haut”, der im September 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig seine Premiere feierte und dort mit dem Queer Lion ausgezeichnet wurde, spielt Dimitrij eine der Hauptrollen als selbstverliebter Proll Mo, der mit seiner Freundin Fabienne (Maryam Zaree) bereits zum zweiten Mal an einem Körpertausch-Projekt teilnimmt, das von einer sektenähnlichen Gesellschaft bereits mehrere Jahre lang auf einer abgelegenen Insel durchgeführt wird.

Erstmals hingegen befinden sich Leyla (Mala Emde) und Tristan (Jonas Dassler) auf dem Boot zum Abenteuer, das sich vor allem Leyla so wünscht. Zwar wirken die beiden zunächst wie ein glückliches Paar, das harmonisch im Einklang miteinander zu sein scheint und auch bestens zueinander passt, in Wirklichkeit aber ist Leyla äußerst unzufrieden mit sich und der Welt.

Daher verspricht sie sich neue Impulse vom ungewöhnlichen Prozess, der bevorsteht. In Empfang genommen wird sie am Strand von ihrer Jugendfreundin Stella, die – im Körper ihres verstorbenen Vaters (Edgar Selge) verblieben – ihr das Ganze nahe gelegt hat und das im Stil einer Kommune aufgezogene Projekt auch leitet. Zum festlichen Abendessen im Freien werden die Paare zugelost, mit denen man die Körper tauschen wird, und Leyla und Tristan erhalten Fabienne und Mo.

Diese sind beide durchaus vom Wesen her ganz anders als sie, aber das ist halt Teil des Experiments, das Tristan am liebsten abbrechen würde, es Leyla zuliebe aber nicht tut. Und so kommt es zum Ritual und bald steckt der anstrengende Charakter von Mo im viel ansprechenderen Körper von Tristan, während dessen zurückhaltendes Wesen mit seinen erhaltenen Fleisch und Knochen eher ungelenk daher kommt. Nicht nur weit mehr angetan ist dann doch Leyla in Fabiennes Äußerem – sie ist glücklich, endlich mal wieder.

Da der Tausch zeitlich begrenzt geplant war, könnte man ihn somit als gelungen bezeichnen, doch bald kommt es – insbesondere durch die wenig am alten Ich interessierte Leyla – zu einigen Situationen, die so nicht angedacht waren, und es bleibt auch nicht beim gleichgeschlechtlichen Körperwechsel.

"Aus meiner Haut" Szenenbild (© Walker+Worm Film / X Verleih)

Mala Emde und Jonas Dassler (© Walker+Worm Film / X Verleih)

“Aus meiner Haut” ist ein interessanter Film, der zunächst einmal in aller Ruhe die Hauptcharaktere sehr gut einführt, wobei die Kennenlernszene beim Essen die Spannung auf das Folgende steigen lässt. Dann überrascht der Streifen damit, dass er den Körpertausch völlig unaufgeregt darstellt und auch gar nicht erst darauf eingeht, wie genau dieser mit einer Art Taufritual und einem ominösen Turm vonstattengeht.

Mehr und mehr fällt der Fokus dann darauf, wie der Körper das Wesen beeinflusst, ob man dies nun möchte oder nicht, und wo dies eben nicht eintritt. So fühlt sich Tristan auch im Körper von Mo noch äußerlich von seiner Leyla angezogen – in der nun aber ja Fabienne steckt, deren Wesen sehr pragmatisch mit allem umgeht, ganz anders als der von neuen Gefühlen überwältigte Geist von Leyla.

Bei einem Tausch und seiner Rückführung bleibt es wie angesprochen nicht. Hier kommt dann auch der Ex-Alkoholiker Roman (Thomas Wodianka) als ehemaliger Lebensgefährte von Stellas Vater ins Spiel, der nun traurig als Gehilfe im Projekt dient und nicht darüber hinweg kommt, dass sein Liebhaber sich für seine kranke Tochter geopfert hat, die nun also sein Erbe fortführt, aber auch verkündet hat, dass dies der letzte Tauschsommer sein soll.

Wenn man sich – evtl. nach einiger anfänglicher Skepsis – auf “Aus meiner Haut” einlässt und die Technik des Körpertauschs auch nicht hinterfragt, dann entfaltet sich ein sehr reizvoller Film mit Tiefgang, der hinterfragt, wie sehr das eigene Wesen von der äußeren Hülle beeinflusst wird und ob diese tatsächlich Glücksgefühle oder ihr Gegenteil bis hin zu tiefen Depressionen so entscheidend beeinflusst.

Wie zu erwarten beim Thema Körpertausch bietet sich viel Raum, schauspielerisch zu glänzen, und das im Fokus stehende Quartett spielt dann auch sehr überzeugend, wobei es vom brilliant auftrumpfenden Thomas Wodianka noch übertroffen wird. Ansprechende Inszenierung und gute musikalische Untermalung tun ihr Übriges, so dass Alex Schaads Langfilmdebüt gut gelungen ist.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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