Home Film “BlackBerry – Klick einer Generation” – eine unterhaltsame Tech-Tragikomödie zwischen Realität und Überzeichnung

“BlackBerry – Klick einer Generation” – eine unterhaltsame Tech-Tragikomödie zwischen Realität und Überzeichnung

Autor: Tobi

"BlackBerry - Klick einer Generation" Filmplakat (© Paramount Pictures)

BlackBerry – Klick einer Generation

Darsteller: Jay Baruchel, Glenn Howerton, Matt Johnson, Rich Sommer
Regie: Matt Johnson
Dauer: 120 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: paramount.de/blackberry
Facebook: facebook.com/Paramount.Pictures.Germany.Kino
Kinostart: 7. Dezember 2023


Im Frühling dieses Jahres konnten wir in “Air: Der große Wurf” auf der großen Leinwand sehen, wie Sportbekleidungshersteller Nike Basketball-Superstar Michael Jordan als Werbeträger gewinnen konnte und hiermit zum weltweit erfolgreichen Konzern aufstieg. Der mit Matt Damon, Ben Affleck und Jason Bateman prominent besetzte Streifen dreht sich um ein Produkt, das sich nach wie vor massenhaft verkauft – coole Kids von heute scheinen einen Nike Air Jordan Schuh am Fuß haben zu müssen, zumindest denken sie das. Im Kino schlug sich der Streifen zwar nur passabel und spielte etwa sein Budget ein, da er aber eigentlich sowieso für die Veröffentlichung auf Amazon Prime Video gedacht war, wo er auch nur einen Monat später zu sehen war, ging die Rechnung wohl auf.

Wenn nun “BlackBerry – Klick einer Generation” in unseren Kinos startet, dann ist die Zielgruppe weit unklarer. Jugendliche können mit dem Begriff BlackBerry nichts anfangen, und bei älteren gibt es – zumindest bei denen, die in größeren Firmen höhere Positionen bekleideten oder viel geschäftlich unterwegs waren und hierbei kommunizieren mussten – zwar Erinnerungen an das erste Mobiltelefon, welches auch E-Mails empfangen wie senden konnte und somit die Smartphone-Ära einleitete, ob eine mit viel Humor angelegte Geschichte über den Aufstieg und Fall der Herstellerfirma ohne jegliche bekannte Gesichter sie jedoch in die Lichtspielhäuser zu locken vermag – wir werden es sehen.

Basierend auf dem 2015 erschienenen Buch “Losing the Signal: The Untold Story Behind the Extraordinary Rise and Spectacular Fall of BlackBerry” von Jacquie McNish und Sean Silcoff präsentiert uns der Kanadier Matt Johnson, der mit seinen ersten beiden Film-Regiearbeiten “The Dirties” (2013) und “Operation Avalanche” (2016) einige Erfolge feiern konnte, selbige Story, wobei er zusammen mit Produzent Matthew Miller auch das Drehbuch verfasste und zudem noch als Douglas Fregin eine der Hauptrollen spielt.

Besagter Fregin hat 1984 mit seinem besten Freund Mike Lazaridis (Jay Baruchel) die Tech-Firma Research In Motion gegründet, die sich mit Produkten zur Übertragung mobiler Datenpakete und Konnektivität einigermaßen über Wasser hält. “BlackBerry – Klick einer Generation” steigt Mitte der 90er-Jahre ein, als die in Waterloo/Ontario ansässige Firma mit einer überschaubaren Anzahl an Mitarbeitern gerade einen fetten Modem-Deal abarbeitet, bis klar wird, dass sie die zugesagten Millionen hierfür nicht erhalten wird. Der Frust ist groß – da kann nur der wöchentlich im Büro abgehaltene Filmabend die Stimmung aufhellen, und das gelingt bei der Truppe unterschiedlicher Nerds gut, die während der Arbeitszeit auch immer gerne mal die damals noch sehr limitiert verfügbare Internetbandbreite für Online-Zockerei nutzt und auch sonst nicht überragend fokussiert erscheint.

Im Grunde genommen wirkt Lazaridis wie der einzige Geschäftsmann der Firma und leitet sie nicht umsonst auch als CEO. Zu seinen Meetings fährt der schüchterne, nicht allzu redegewandte Mike trotzdem gerne mit Kumpel Douglas, der mit langen Haaren und Stirnband zwar weit weniger seriös auftritt, dafür rhetorisch nicht der Schwächste ist und die Technik ebenfalls bestens versteht. Als sie ihre neueste Idee für ein Gerät, welches Pager ist, aber auch E-Mails empfangen und verschicken kann, in einer potentiellen Investorenfirma Jim Balsillie (Glenn Howerton) vorstellen, hat dieser hierfür kein Ohr. Als er aber dann kurz darauf entlassen wird, erinnert er sich an die vielversprechende Innovation und taucht zur Überraschung nicht nur bei Research In Motion auf, er steigt mittels eines interessant verhandelten Deals als Co-CEO mit ein und bringt die ungeordnete Meute mit herrischen Methoden, aber passendem Geschäftsbestreben und Auftreten auf Trab. Zusammen wird das BlackBerry entwickelt, welches die Art der Kommunikation verändert, zu einem riesigen Erfolg wird und das Unternehmen zu einem großen Konzern macht – bis Apple noch weit innovativer daher kommt und Research In Motion von Balsillie auch durch betrügerische Maßnahmen und Größenwahn vor die Wand gefahren wird.

"BlackBerry - Klick einer Generation" Szenenbild (© Paramount Pictures)

(© Paramount Pictures)

“BlackBerry – Klick einer Generation” basiert auf wahren Begebenheiten und zeigt den Aufstieg und Untergang der Erfinderfirma des BlackBerry durchaus unterhaltsam. Hierfür wurde die Realität von Matt Johnson allerdings in einigen Punkten verändert – ob es nun gar keine Filmabende im Büro von Research In Motion gab, der wahre Douglas Fregin niemals mit ärmellosen Shirts und Stirnband herum lief und somit weit weniger ein Außerirdischer in der Firmenwelt war oder Jim Balsillie zwar ein harter und guter Geschäftsmann war, aber bei weitem nicht so unsympathisch und unerträglich auftrat – und auch “Star Wars” kannte.

So zeigt der Film zwar einige entscheidende Eckpunkte der Firmengeschichte korrekt, die beim Anschauen schon unrealistisch wirkenden Charaktere erweisen sich beim Reinlesen in die Fakten dann aber eben auch wirklich als für mehr Spaß deutlich anders dargestellt, was in diesem Maß durchaus fragwürdig ist.

Gespielt wird das Ganze allerdings gut, vor allem Glenn Howerton überzeugt als herrischer Erfolgsbringer, der dann weit über das Ziel hinaus schießt. Auch die transportierte Nostalgie funktioniert und katapultiert uns zurück in die zweite Hälfte der 90er-Jahre und die Frühzeit nach der Jahrtausendwende. Dank wackeligen Handkamera-Bildern von Jared Raab fühlt man sich mitten im Geschehen, und man hat auch auf Grund der übertrieben falsch ausgeschmückten Figuren durchaus Spaß, auch wenn der Film mit seinen zwei Stunden zu lang angelegt wurde.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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