Home Film “Britt-Marie war hier” – die schwedische Romanverfilmung macht Mut zu einem kompletten Neuanfang

“Britt-Marie war hier” – die schwedische Romanverfilmung macht Mut zu einem kompletten Neuanfang

Autor: Mick

"Britt-Marie war hier"

Britt-Marie war hier

Darsteller: Pernilla August, Anders Mossling, Peter Haber, Malin Levanon
Regie: Tuva Novotny
Dauer: 98 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: www.britt-marie.de
Facebook: facebook.com/Prokino


Britt-Marie (Pernilla August), 63, Hausfrau und treusorgende Ehefrau, hat ganze 40 Jahre Zeit gehabt, sich in ihrem von sauber durchgestrichenen To-Do-Listen bestimmten Leben einzurichten. Eigentlich ist es ja bemitleidenswert, wie sich die Protagonistin der Romanverfilmung „Britt-Marie war hier“ von Bestseller-Autor Fredrik Backman, der mit „Ein Mann namens Ove“ erst vor kurzem einen auch im Kino sensationell erfolgreichen Hit landete, hier ihrem Gatten Kent (Peter Haber) unterordnet. Denn der sieht sich zumeist noch nicht einmal genötigt, ihre an Selbstaufgabe grenzende Mühe zu würdigen, mit der sie ihm den Alltag zwischen Job und Fernseher so angenehm wie möglich zu machen versucht.

Damit bedient Regisseurin Tuva Novotny so ziemlich jedes Klischee eines eingefahrenen Ehelebens, das nur noch aus dem kaum angerührten Abendessen und dem Bier beim Fußball in der Glotze besteht. Aber vielleicht ist es genau das, was es braucht, um beim Betrachten der geradezu devoten Britt-Marie innerlich den Kopf zu schütteln. Das jedenfalls braucht man nicht allzu lange zu tun, denn schnell holen Kent seine Verfehlungen ein, streckt ihn ein Herzinfarkt nieder und findet sich Britt-Marie in einer für alle höchstpeinlichen Situation gemeinsam mit seiner Geliebten an seinem Krankenbett wieder.

Da reicht es dann selbst der so genügsamen Britt-Marie, die sich prompt aus der ehelichen Abhängigkeit verabschiedet und sogleich auf Arbeitssuche begibt. Selbstverständlich hat sie dabei mit ihrer Biografie nicht die größte Auswahl, aber dass gerade sie von ihrer Bearbeiterin als Jugendbetreuerin und Fußballtrainerin in die Provinz geschickt wird, wirkt dann doch etwas weit hergeholt. Das Ansinnen dahinter ist leicht ersichtlich, verfolgt der Plot doch die Idee eines Neuanfangs frei von Vorurteilen und setzt dabei voll auf Gegensätze.

Also steht die nicht mehr ganz junge Fußballignorantin bald einer bunt gemischten Gruppe von Rotzgören gegenüber, deren Respekt vor der neuen Betreuerin sich natürlich in engen Grenzen hält, auch wenn sie bei ihrer Vorbereitung auf ein wichtiges Fuẞballturnier ganz auf sie angewiesen sind. Das Ganze ist genauso konstruiert, wie es klingt, funktioniert durch das minimalistische Spiel von Pernilla August aber dennoch erstaunlich gut, die einen die verzweifelte Situation ihrer Britt-Marie unmittelbar nachempfinden lässt. Denn außer der Konstellation nimmt man ihr den eisernen Willen zu einem Neuanfang in jedem Moment ab, auch wenn der erst durch einen Fußtritt des Schicksals zustande gekommen ist.

Was dann kommt, ist nicht schwer vorherzusehen, folgt dem typischen Schema der Außenseiterin, die sich das Vertrauen ihrer neuen Umgebung durch Engagement und Beharrlichkeit erarbeiten muss und ist trotzdem wieder überaus herzerwärmend inszeniert. Dabei gibt Pernilla August die rüstige Umsteigerin so ehrlich und resolut, dass man ihrem trockenen Humor augenblicklich erliegt, und alle anfänglichen Zweifel an ihrer Eignung für die angenommene Aufgabe sowohl bei den Kids als auch bei uns schnell verfliegen.

Natürlich geht der Film nach „Ein Mann namens Ove“ mit einer Menge Vorschusslorbeer an den Start, sorgt wegen seiner künstlichen Konstruktion bald für Ernüchterung und versteht es dann doch, uns mit seiner allen Widerständen trotzenden, sympathischen Hauptfigur blendend zu unterhalten. Und auch wenn das alles in etwas zu seichtes Wohlfühlkino verpackt ist, so transportiert die doch die nachhaltige positive Botschaft, dass es für einen Neuanfang nie zu spät ist.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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