Home Film “DogMan” – aufwühlende Schilderung eines dramatischen Einzelschicksals

“DogMan” – aufwühlende Schilderung eines dramatischen Einzelschicksals

Autor: Mick

"DogMan" Filmplakat (© 2023 capelight pictures)

DogMan

Darsteller: Caleb Landry Jones, Jojo T. Gibbs, Clemens Schick, Christopher Denham
Regie: Luc Besson
Dauer: 114 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.capelight.de/dogman
Facebook: facebook.com/capelightpictures
Kinostart: 12. Oktober 2023


Schon im Vorspann seines neuen Dramas „DogMan“ deutet der Franzose Luc Besson („Im Rausch der Tiefe“, „Léon: Der Profi“) an, worum es im Folgenden gehen soll. Sein Zitat „Wo immer es einen Unglücklichen gibt, schickt Gott einen Hund“ des Lyrikers Alphonse de Lamartine gibt uns da eine erste Vorstellung von der vorgesehenen Rolle des Hundes als Heilsbringer, lässt uns allerdings noch allerhand Interpretationsspielraum.

Das ist auch gut so, denn den Protagonisten seiner genauso fantasievollen wie schockierenden Geschichte Doug (Caleb Landry Jones) lernen wir kennen, als er in völlig desaströsem Zustand, noch dazu in Perücke, Frauenkleidern und maßlos überschminkt, von der Polizei aus seinem Van gezogen und verhaftet wird. Dass sich außer ihm noch zahllose Hunde im Fahrzeug befinden, komplettiert das verstörende Bild des körperbehinderten, durchgeknallten Außenseiters, welches Regisseur Besson anfangs von Doug zeichnet und damit geschickt eine Reaktion des Abscheus provoziert. Der beschränkt sich angesichts der elenden Erscheinung nicht allein auf uns, sondern bringt auch die Beamten dazu, den verwirrt wirkenden Hundehalter erstmal von einer Psychologin begutachten zu lassen.

Und schon sind wir mitten im Geschehen, versuchen zusammen mit der zu Doug in die Zelle geschickten, einfühlsamen Evelyn (Jojo T. Gibbs) hinter die Fassade aus Exaltiertheit und dicker Schminke zu gucken, hinter der Doug eine äußerst sensible Seele verbirgt. Denn sofort stellt Evelyn die richtigen Fragen, lässt sich auf den verletzlichen Doug ein, der nur darauf gewartet zu haben scheint, endlich sein ergreifendes Schicksal schildern zu können, und der dabei einen überraschend gebildeten Charakter offenbart. Als er ins Erzählen kommt, nimmt uns Besson in Rückblenden mit zu den wegweisenden Stationen eines Lebens, das von Anfang an unter keinem guten Stern stand, und dessen Resultat jetzt vor Evelyn sitzt.

"DogMan" Szenenbild (© 2023-LBP-EUROPACORP-TF1 FILMS PRODUCTION / capelight pictures / Shanna Besson)

Animalische Verbrüderung: Der vom Leben gezeichnete Douglas (Caleb Landry Jones) wurde durch die bedingungslose Liebe seiner Hunde dort aufgefangen, wo das Menschliche versagt. Er wurde zu Dogman.
(© 2023-LBP-EUROPACORP-TF1 FILMS PRODUCTION / capelight pictures / Shanna Besson)

Erschütternder als in Dougs Kindheit könnte es gar nicht losgehen, die er in einem christlich-fundamentalistischen Elternhaus verbringt, in dem die Gewalttätigkeit des Vaters (das ultimative Arschloch: Clemens Schick) alles überlagert. Der macht Geld mit Hundekämpfen, hält die armen Vierbeiner zusammengepfercht in einem Zwinger und sperrt Doug eines Tages bei einem seiner jähzornigen Anfälle zu den Tieren, als der sich zu ihnen statt zur Familie bekennt. Doug verbringt danach zur Bekehrung mehrere Jahre im Käfig allein mit den Hunden und wird zur Strafe sogar beschossen, bis ihm irgendwann körperlich und seelisch verkrüppelt die Flucht gelingt. Bestürzt folgen wir seinem unfassbaren, albtraumhaften Schicksal, welches Besson so ungeheuer realistisch inszeniert, das Doug aber wider Erwarten nicht zerbrechen lässt.

Trotz aller Fatalität seines Traumas nämlich entwickelt der eine ganz besondere Beziehung zu Hunden und findet später in einem Waisenhaus in der Schauspiellehrerin Salma (Grace Palma) nicht nur eine Inspiration und Förderin seines Talents, sondern entdeckt vor allem zum ersten Mal in seinem Leben wenn auch unerwidert die Liebe. Denn auch das lässt der Regisseur in sein vielschichtiges Drama einfließen, verbreitet durchaus Hoffnung mit einem Doug, der sich niemals aufgibt, sich nahezu autodidaktisch bildet und schließlich als Betreiber eines Hundeasyls und auf der Bühne eines Travestie-Theaters seine Erfüllung findet.

So unbeschreiblich berührend die Story auch erdacht ist, möglich macht das alles erst die starke Performance von Caleb Landry Jones, der hier für die Darstellung des Doug seinen Leib und seine Seele gibt und damit phasenweise an Joaquin Phoenix‘ „Joker“ erinnert. Er macht aus dem nur mit Hilfe von Metallschienen stehenden, sich erst geschminkt und in Gesellschaft von Hunden wohlfühlenden Irren einen sensiblen, Mitleid erweckenden Außenseiter, der statt den Menschen nur noch den Hunden vertraut und einen an seinem unfassbar grausamen Schicksal Anteil nehmen lässt.

Schade, dass es zum Ende hin mit dem Action-Experten Besson ein wenig durchgeht, und sowohl von Dougs Hunden durchgeführte Raubzüge als auch der Kleinkrieg mit dem örtlichen Gangsterclan wenig glaubhaft ausfallen. Die nachhaltige Betroffenheit und den Respekt vor Jones‘ Spiel jedoch kann uns das nach zwei fesselnden Stunden nicht mehr nehmen.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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