Home Film “France” – eine geschickt arrangierte Mediensatire mit einer tollen Léa Seydoux

“France” – eine geschickt arrangierte Mediensatire mit einer tollen Léa Seydoux

Autor: Tobi

"France" Filmplakat (© MFA+ FilmDistribution)

France

Darsteller: Léa Seydoux, Blanche Gardin, Benjamin Biolay, Juliane Köhler
Regie: Bruno Dumont
Dauer: 130 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.mfa-film.de/kino/id/france
Facebook: facebook.com/mfa.filmdistribution


In den letzten Jahren waren Fake News ein großes Thema, oder auch mal manipulierte Reportagen, die es schon immer gab, nicht erst seitdem Social Media und das Internet an sich eine Verbreitung in Sekundenschnelle ermöglichen. Mit “France” wirft Bruno Dumont, der das Drehbuch verfasst hat und auch Regie führte, einen ebenso kritischen wie unterhaltsamen Blick auf die Medienbranche und verbindet diesen mit dem persönlichen Schicksal seiner Protagonistin.

France de Meurs (Léa Seydoux) ist in Paris zur Starjournalistin geworden, bekannt für ihre kritischen, teilweise provokanten Fragen, ihre Gefahr mit sich bringenden Vor-Ort-Reportagen – und auch ihre Attraktivität hat der Karriere sicher nicht im Weg gestanden. Kein Wunder, dass ihre Talkshow ein Renner ist und sie regelmäßig zum Selfie-Mitmotiv wird, mal gefragt, mal nicht.

France genießt ihren Status, allerdings bleibt ihr schwerbeschäftigt keine Zeit für wirkliche Entspannung oder ein Privatleben, das diesen Titel auch verdienen würde, obwohl sie auch Mutter und Ehefrau ist. Gut, dass ihr Mann Fred (Benjamin Biolay) geduldig ist und dank seiner momentan etwas stockenden Karriere als Schriftsteller auch von zu Hause agieren kann.

Als die oft an ihrer Seite stehende Produzentin Lou (Blanche Gardin) France zu einem Pressetermin von Emmanuel Macron im Élysée-Palast begleitet, wird bereits klar, dass Journalismus hier etwas eigenwillig betrieben wird, wobei die im Detail geplante Provozierung des französischen Präsidenten gepaart mit Selbstinszenierung noch zu verstehen ist, das pubertäre Gehabe und respektlose Verhalten drum herum allerdings nicht. Noch befremdlicher wirkt ein Einblick in Dreharbeiten für ihre Reportagen aus Krisensituationen, wenn sie bewaffnete Milizen für die gewünschten Bilder wie Statisten kommandiert und brieft oder sich anscheinend mit ins Flüchtlingsboot begibt, in Wirklichkeit aber luxuriös nebenher schippert.

Als France bei einem Autounfall den Motorradkurier Baptiste (Jawad Zemmar) verletzt, gibt es dann wirklich mal einen Riss in ihrer Scheinwelt. Zwar kümmert sie sich zunächst nur für die Kamera um ihn, entwickelt aber dann ein inneres Verlangen, dem nun erst einmal jobtechnisch ausgebremsten jungen Mann aus einer ganz anderen Bevölkerungsschicht zu helfen. France scheint zu Reflektieren, und hierzu hat sie dann noch genug Gelegenheit, als die Mikros aus Versehen nach einer Moderation offen bleiben und Dinge gesendet werden, die für einen ordentlichen Shitstorm sorgen. Der mediale Star scheint gefallen, zeigt aber bald auch Stärke und Bereitschaft, sich zurück zu kämpfen.

"France" Szenenbild (Photo: R. Arpajou © 3B PRODUCTIONS)

(Photo: R. Arpajou © 3B PRODUCTIONS)

“France” bietet ein gute Mischung aus bissiger, geschickt arrangierter Mediensatire und dem Porträt einer Frau, die zwischen Schein und Sein lebt, die man mal lächerlich findet, dann wieder stark und anziehend, schließlich auch verletzlich, und die dann noch mehr zur Kämpferin werden muss als erwartet.

Die in den letzten Jahren zum Star avancierte Léa Seydoux spielt die Protagonistin glänzend mit einer breiten Palette an Gefühlsregungen und Mimiken, die man ihr allesamt abkauft. Aber auch die weitere Besetzung um Blanche Gardin als ihr freundschaftlich wie geschäftlich verbundene Begleiterin und den vor allem als Sänger bekannten Benjamin Biolay als viel ertragenden, aber liebenden Ehemann weiß zu überzeugen – mit Juliane Köhler in einer kleinen Nebenrolle. Zusätzlich wurden am Anfang Archivbilder von Emmanuel Macron so trickreich im Gegenschnitt mit neu gedrehten Szenen eingebaut, dass man wirklich den Eindruck erhält, der Präsident spiele mit.

Der Film, der seine Premiere im Wettbewerb der 74. Internationalen Filmfestspiele von Cannes feierte, weiß als gut pointierte Satire zu unterhalten, regt aber auch zum Nachdenken darüber an, was man denn in den Medien überhaupt glauben kann. Wenn Kämpfer gegen die IS zu Komparsen werden und die Flüchtlinge Not leiden, während France es sich im begleitenden Boot gut gehen lässt, dann sorgt dies für tiefe Abneigung und innerliches Grollen. Und doch findet man diese France nicht völlig fürchterlich, immerhin verhält sie sich recht intelligent, begibt sich auch in reale Gefahr für ihre Reportagen und entdeckt dann ein Herz und Freude am Helfen – was den Rest nicht aufwiegt, sie aber erträglicher macht und den Film umso interessanter.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

Related Articles