Home Film “Im Herzen jung” – eine abnorme Liebesgeschichte feinfühlig erzählt

“Im Herzen jung” – eine abnorme Liebesgeschichte feinfühlig erzählt

Autor: Mick

"Im Herzen jung" Filmplakat (© Alamode Film)

Im Herzen jung

Darsteller: Fanny Ardant, Melvil Poupaud, Cécile de France, Sharif Andoura
Regie: Carine Tardieu
Dauer: 114 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: www.imherzenjung-film.com
Facebook: facebook.com/alamode.filme


Was uns Carine Tardieu („Eine bretonische Liebe“) hier in ihrem neuen Liebesdrama „Im Herzen jung“ erzählt, ist so abwegig, dass es nach unseren gängigen gesellschaftlichen Normen eigentlich gar nicht sein darf. Doch das Drehbuch der 2015 verstorbenen Filmemacherin Sólveig Anspach macht die außergewöhnliche Geschichte so plausibel, dass wir auch nicht einen Moment an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln können.

Als sich Pierre (Melvil Poupaud) und Shauna (Fanny Ardant) zum ersten Mal begegnen, ist er junger Arzt auf der Krebsstation eines Lyoner Krankenhauses und betreut die im Sterben liegende Mathilde. Die wiederum ist für die nicht mehr ganz so junge Shauna wie eine Schwester, und so ist für die der schmerzvolle Abschied auch alles andere als leicht. Gut, dass ihr Pierre in dieser emotional aufgeladenen Situation mit enormer Empathie und genau den richtigen Worten Halt gibt. Obwohl dieser Moment des Kennenlernens nur wenige Minuten dauert, entsteht schon darin zwischen ihnen eine unheimliche Nähe, die uns Fanny Ardant und besonders Melvil Poupaud mit ihrem einfühlsamen Spiel unmittelbar spüren lassen. Nach kurzer Zeit ist Mathilde tot und Shauna wieder verschwunden.

Fünfzehn Jahre später nimmt der durch sein Forschungsprojekt gestresste Mediziner Pierre eine Konferenz in Dublin zum Anlass, mit seinem Kollegen und Kumpel Georges (Sharif Andoura) mal im Haus von dessen verstorbener Mutter Mathilde an der irischen Küste auszuspannen. Zufällig ist auch Shauna da, die als Architektin gerade das Haus ihrer besten Freundin renoviert. Und sofort ist sie wieder da, die Verbundenheit, die zumindest Pierre gleich wieder empfindet. Doch Shauna reagiert zunächst recht reserviert, schließlich liegt zwischen ihnen immer noch ein Vierteljahrhundert, und die inzwischen 70-Jährige kann sich trotz aller Sympathie und Anziehung eine engere Beziehung zu Pierre beim besten Willen nicht vorstellen. Doch Pierre lässt nicht locker, und die eigentliche Suche nach ihrem Hund wird schnell zum romantischen nächtlichen Strandspaziergang mit tiefgehendem Gespräch, das im Haus seine wohlige Fortsetzung findet.

"Im Herzen jung" Szenenbild (© Alamode Film)

(© Alamode Film)

Die Chemie zwischen Fanny Ardant, die als sportliche Jeansträgerin durchaus jugendlich wirkt, und Melvil Poupaud stimmt einfach, es macht ungemein Spaß, ihnen dabei zuzusehen, wie sie ihre beiden Figuren langsam aufeinander zu bewegen und dabei den Altersunterschied beinahe vergessen lassen. Der ist natürlich nicht wegzudiskutieren und ihre Beziehung, die sich bei einem weiteren Treffen zurück bei ihr in Paris endlich konkretisiert, gesellschaftlich nahezu tabuisiert. Gerade das aber stand unverkennbar auf der Agenda der Schwestern im Geiste, Regisseurin Tardieu und Autorin Anspach, die gezielt mit dem sozialen No-Go brechen und damit die zwar oft unausgesprochene aber dennoch existierende Schranke zu demontieren versuchen.

Das kann schnell mal gezwungen wirken, aber so federleicht und gefühlvoll, wie Carine Tardieu hier die sich in aller Ruhe entwickelnde Liebesgeschichte der so ungleichen Shauna und Pierre inszeniert, können es mit dieser Glaubhaftigkeit irgendwie nur französische Filme. Dabei steht die Beziehung auch abseits des gesellschaftlichen Tabus unter keinem guten Stern, ist der Familienvater Pierre doch einigermaßen glücklich verheiratet und seine Frau Jeanne (Cécile de France) ziemlich zu bemitleiden. Trotzdem kann man ihm irgendwie nicht böse sein, denn er ist als von Grund auf ehrlicher Sympath angelegt, der jederzeit mit offenen Karten spielt und damit überhaupt nicht zum Buhmann taugt. Vielmehr lenkt Tardieu unser Interesse ganz romantisch auf die unzähmbare Liebe, die halt auch sämtliche Altersgrenzen überschreiten kann, wenn man sie nur zulässt.

Schön anzuschauen ist das, und von Ardant und Poupaud so glaubwürdig gespielt, dass die Message der Regisseurin unmittelbar ankommt. Da verzeiht man dem Drehbuch auch gern seine platte Wendung zur dramatischen, chronischen Erkrankung, die letztendlich dem Glück der beiden im Wege steht. Ein Hoch auf die Liebe.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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