Home Film “Irgendwann werden wir uns alles erzählen” – ein wunderschön bebildertes Liebesdrama

“Irgendwann werden wir uns alles erzählen” – ein wunderschön bebildertes Liebesdrama

Autor: Tobi

"Irgendwann werden wir uns alles erzählen" Filmplakat (© Pandora Film)

Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Darsteller: Marlene Burow, Felix Kramer, Cedric Eich, Jördis Triebel
Regie: Emily Atef
Dauer: 132 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: irgendwann.film
Facebook: facebook.com/pandorafilm


Nachdem Regisseurin Emily Atef für Filme wie “Das Fremde in mir”, der sich 2008 mit postpartaler Depression beschäftigte, oder dem Romy-Schneider-Endkarriere-Porträt “3 Tage in Quiberon” (2018) schon mehrfach ausgezeichnet wurde und zuletzt mit dem Drama “Mehr denn je” (2022) gute Kritiken einfuhr, beschert sie auch mit ihrem neuesten Werk “Irgendwann werden wir uns alles erzählen” keine von Unbeschwertheit oder gar Humor dominierte Kost.

Der auf dem gleichnamigen Roman der Autorin Daniela Krien, die nun mit Atef auch das Drehbuch verfasste, basierende Film nimmt uns mit ins ländliche Thüringen im Jahr 1990 kurz nach dem Mauerfall. Da sich die Zeiten sowieso gerade deutlich ändern, misst die verträumte 18-jährige Maria (Marlene Burow) der Schule keine allzu große Bedeutung bei und verbringt die Zeit lieber mit ihrem Freund Johannes (Cedric Eich) auf dem Brendel-Hof seiner Eltern, wo sie auch bereits mit lebt, da ihre Mutter (Jördis Triebel) mit eigenen Problemen behaftet wenig Interesse für sie zeigt.

Wenn sie nicht mit Johannes zusammen ist, versinkt Maria gerne alleine in Büchern und Poesie, anstatt Erlebnisse zu suchen. Auch die Konflikte der Familie mit Henner (Felix Kramer), dem als schwierig und öfters ungehalten geltenden, statt mit Frau und Kindern nur mit gefährlich wirkenden Hunden lebenden Besitzer des benachbarten Bauernhofs interessieren Maria wenig, bis sie ihm eines Tages auf dem Weg zufällig begegnet und sich von ihm verführen lässt. Was nur ein einmaliger Ausrutscher sein sollte entwickelt sich zu einer Liebesbeziehung, die geheim gehalten werden muss, was durch Henners Vorliebe für harten Sex aber gar nicht so einfach ist.

"Irgendwann werden wir uns alles erzählen" Szenenbild (© Pandora Film / Row Pictures)

(© Pandora Film / Row Pictures)

Emily Atef legt mit “Irgendwann werden wir uns alles erzählen” einen ruhig erzählten Film vor, der mit wunderschönen Bildern von Kameramann Armin Dierolf und viel Poesie daher kommt, aber auch mit einer noch vom Ende einer Jugend geprägten Unsicherheit und Marias Hingezogenheit zu einem nicht nur viel älteren, sondern manchmal auch alles andere als zärtlichen Liebhaber. Atef: “Was mich von Anfang an Daniela Kriens Roman fasziniert hat, ist ihre Darstellung des Begehrens einer jungen Frau, weiblichen Begehrens in all seinen Facetten – ohne Auslassung oder Beschönigung. Die Neugier der Hauptfigur Maria, ihre Grenzen auszutesten und dabei sich selbst und das Leben kennen zu lernen, ohne Angst vor den dunklen Seiten und moralischen oder gesellschaftlichen Grenzen.”

Anders als in der Romanvorlage ist Maria keine 16, sondern 18 Jahre alt, wofür sich Emily Atef und Daniela Krien nach ausgiebiger Diskussion entschieden, um heute ja jederzeit denkbaren Kontroversen aus dem Weg zu gehen. Atef erklärt: “Es gab Bedenken, natürlich gab es sie! Aber es ging allen am Ende vor allem darum, dass die Geschichte gezeigt wird und zwar international und in ihrer Komplexität. Wir wollten die Gefahr vermeiden, dass der Film auf das sexuelle Verhältnis reduziert wird.” Krien fügt an: “Wir haben dann lange überlegt, ob es wirklich wichtig ist, dass Maria 16 ist. Kann sie nicht 18 sein? Was ändern zwei Jahre für die Geschichte, die immer noch die gleiche Geschichte bleibt? Es war am Ende ein Kompromiss ohne künstlerische Einbußen, deshalb sind wir ihn eingegangen.”

Die ebenso leidenschaftliche wie toxische Beziehung wird sehr glaubwürdig dargestellt, auch dank starken Spiels der wundervollen, bestens zur Figur der Maria passenden Marlene Burow, die nach “In einem Land, das es nicht mehr gibt” ihre zweite Hauptrolle be- und manchmal auch entkleidet, und des ebenfalls voll überzeugenden Felix Kramer, den man zuletzt in der Serie “Warten auf’n Bus” ja ganz konträr humoristisch erlebte und der wieder einmal sein Facettenreichtum unterstreicht.

Die Zeit gesellschaftlicher Veränderungen und Umbrüche im ersten Sommer nach dem Mauerfall wird zwar eher zur Randnotiz, sorgt aber durch Johannes’ Begeisterung für sich eröffnende neue Möglichkeiten und den Traum von einer Karriere als Fotograf sowie das bevorstehende Wiedersehen von dessen Familie mit dem vor vielen Jahren nach Bayern geflohenen Sohn der Oma für die Ablenkung, die Maria erst die Freiheiten und Nichtbeachtung für ihre Hingabe zu Henner beschert. Somit ergibt sich ein stimmiges Liebesdrama, das sich gut anschauen lässt.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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