Home Film “Jean Seberg – Against all Enemies” – das Biopic blickt intensiv auf das Schicksal der Filmikone der 60er zurück

“Jean Seberg – Against all Enemies” – das Biopic blickt intensiv auf das Schicksal der Filmikone der 60er zurück

Autor: Mick

"Jean Seberg – Against all Enemies" Filmplakat (© 2020 PROKINO Filmverleih GmbH)

Jean Seberg – Against all Enemies

Darsteller: Kristen Stewart, Anthony Mackie, Zazie Beetz, Jack O’Connell
Regie: Benedict Andrews
Dauer: 103 Minuten
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Website: jeanseberg-derfilm.de
Facebook: facebook.com/Prokino


Die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg avancierte schon im zarten Alter von 22 Jahren zur Stilikone mit keckem Pixie-Kurzhaarschnitt, nachdem sie Jean-Luc Godard 1960 für seinen Filmklassiker “Außer Atem” entdeckt hatte und damit zum Star der Nouvelle Vague in Frankreich machte. Dass sie zurück in Amerika ihres Lebens nicht mehr froh wurde und dann mit 40 Jahren unter mysteriösen Umständen früh verstarb, bewegte damals die Welt und ließ allerlei Verschwörungstheorien ins Kraut schießen. Auch den australischen Theaterregisseur Benedict Andrews faszinierte trotz des Fluchs seiner späten Geburt ihre Leinwandpräsenz so sehr, dass er jetzt in “Jean Seberg – Against All Enemies” ihr Schicksal zu einer packenden Biografie verarbeitet.

Darin hält er sich gar nicht erst groß mit Jeans (Kristen Stewart) Werdegang auf, der erst später eher beiläufig Erwähnung finden soll. Vielmehr steigt er in einem Moment ein, als sie sich längst einen Namen gemacht hat und nach ihren enormen Erfolgen in Frankreich nun auch in Hollywood Fuß fassen will. Dabei findet man sich sofort mitten im Geschehen wieder, als sie auf einem Flug nach L.A. den Aktivisten der Black-Power-Bewegung Hakim Jamal (Anthony Mackie) kennenlernt, der ihr nicht nur äußerst sympathisch ist, sondern auch durch seinen enthusiastischen Kampf für die Gleichberechtigung ihr Interesse weckt. So kommt es bei der Ankunft am Flughafen zu einem fatalen Foto, auf dem sie unbedarft mit emporgereckter Faust mit den Freiheitskämpfern posiert, was für sie ungeahnte, tragische Folgen haben soll.

Durch ihre Instrumentalisierung als populärer Filmstar durch die Schwarzenbewegung gerät sie nämlich ins Visier des FBI, das in den bewegten Zeiten Ende der 60er Jahre überaus sensibel auf jede Unterstützung subversiver Tendenzen reagiert. Nunmehr Zielperson des Cointepro-Programms der Regierung, sieht sie sich systematischer Überwachung und Zersetzung ausgesetzt, der sie absolut hilflos ausgeliefert ist.

"Jean Seberg – Against all Enemies" Szenenbild (© 2019 PROKINO Filmverleih GmbH)

Jean Seberg (Kristen Stewart) bereitet sich auf ein Casting vor (© 2019 PROKINO Filmverleih GmbH)

Andrews inszeniert die umstrittenen, menschenverachtenden Staatsmethoden in einer gelungenen Mischung aus Fiktion und Fakten aus FBI-Dokumenten. Er schildert uns nur allzu verständlich, wie die politisch engagierte Jean als Sympathisantin und Geldgeberin der Black-Power-Bewegung mit einem reichlichen Schuss Naivität zur Zielscheibe eines perfiden Programms wird, bei dem selbst dem auf sie angesetzten Beamten Jack (Jack O’Connell) mit steigender Intensität der Mittel langsam Zweifel an dessen Richtigkeit kommen. Der schleichende Prozess der Belästigung und öffentlichen Diffamierung sorgt dabei gerade im Kontext aktueller Social-Media-Beeinflussung für ordentlich Empörung und rückt das tragische Schicksal der Jean Seberg spannend ins Licht.

Mit Unterstützung der sensibel agierenden Kristen Stewart als Jean – dass sie dem Original optisch nahezu eins zu eins entspricht, muss in der Folge jüngster Biopics fast nicht mehr erwähnt werden – nähert er sich ihr so auch als Mensch und macht seinen Film damit obendrein zu einem emotionalen Psychogramm, das einen nicht kalt lassen kann. Dass der Anteil an Realität in einer doch in Teilen rein fiktiven Handlung jedoch etwas spekulativ bleibt, sorgt bisweilen trotz eines unbestritten recht lebhaften Lebenswandels von Jean Seberg für ein wenig Verwirrung und Bedarf unbedingt eines nachträglichen Fakten-Checks.

Das aber macht den Streifen fast noch tiefgründiger, regt zur Beschäftigung mit der vielschichtigen Persönlichkeit der Protagonistin an und stimmt angesichts jüngst aufgetretener Maßnahmen staatlicher Intervention überaus nachdenklich. So erreicht Andrews sein formuliertes Ziel, einem die Nouvelle-Vague-Ikone näherzubringen, ausgesprochen unterhaltsam und bereichert damit unseren Erfahrungsschatz ungemein.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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