Home Film “Merkel – Macht der Freiheit” – die Doku über die ehemalige Bundeskanzlerin ist ein wohlwollender, runder Rückblick auf ihre Karriere

“Merkel – Macht der Freiheit” – die Doku über die ehemalige Bundeskanzlerin ist ein wohlwollender, runder Rückblick auf ihre Karriere

Autor: Mick

"Merkel - Macht der Freiheit" Filmplakat (© PROGRESS Filmverleih)

Merkel – Macht der Freiheit

Dokumentation
Regie: Eva Weber
Dauer: 96 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: verleih.progress.film


Fast genau ein Jahr ist es jetzt her, dass die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ beim Großen Zapfenstreich emotional aus ihrem Amt verabschiedet wurde. 16 Jahre Kanzlerschaft der ersten Frau auf diesem Posten, die sich öffentlich immer so reserviert präsentierte, waren offensichtlich für Eva Weber Motivation genug, um sich jetzt mit ihrer Dokumentation „Merkel – Macht der Freiheit“ nicht nur der Politikerin sondern vor allem dem Mensch Angela Merkel zu nähern.

Die seit 1991 in London lebende Regisseurin geht das Thema eher mit dem globalen Blick an, beobachtete die Karriere der Ausnahmepolitikerin, die ja letztes Jahr Helmut Kohls Rekord der längsten Amtszeit nur um Haaresbreite verpasste, vorwiegend aus dem Ausland und legt uns als Ergebnis ihrer Recherchen nun eine Collage vor, die auch das internationale Publikum ansprechen soll. Dementsprechend können ihre Ausschnitte, die sie zu einer nahezu chronologisch angeordneten Rückschau montiert, den politisch durchschnittlich interessierten Zuschauer in Deutschland nicht wirklich überraschen. Die entnimmt sie nämlich hauptsächlich den gängigen Politformaten und Talkshows, und so sind einem die Interviewsequenzen und Kommentare fast allesamt nicht neu, was dafür für allerhand nostalgischer Wiedersehensfreude sorgt.

Überhaupt fasst Weber Merkel fast mit Samthandschuhen an, beschäftigt sich kaum mit ihren politischen (Fehl-) Entscheidungen und lässt Kritik allerhöchstens von dritter Seite zur Flüchtlingskrise 2015 zu, als die Kanzlerin mit ihrem couragierten Beschluss der Grenzöffnung international für Aufsehen sorgte. Das aber ist auch gar nicht nötig, ist ihre Dokumentation doch weniger kontroverse Auseinandersetzung mit Merkels Politik des Aussitzens als viel mehr Charakterstudie einer Frau, die zu einer der mächtigsten der Welt wurde. Dabei verzahnt sie ihr Archivmaterial teilweise so geschickt mit den Kommentaren der Politikerin, dass es einem bisweilen so vorkommt, als würde einem Merkel persönlich ihre Geschichte erzählen. Und das, wo die sich seit einem Jahr fast komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat und so nicht allzu überraschend auch für Interviews zu diesem Filmprojekt nicht zur Verfügung stand. Dafür hat sich die Regisseurin mit ihrem Rechercheteam in akribischer Kleinarbeit durch unzählige Archive gewühlt und eine stimmige Auswahl getroffen, die nicht nur alle Höhen und Tiefen des Werdegangs Merkels abdeckt, sondern außerdem, gerade wegen der Übernahme von deren Sicht auf die Dinge, die sonst so distanzierte Politikerin nicht zuletzt wegen ihres trockenen Humors reichlich Sympathiepunkte sammeln lässt.

Angela Merkel und Barack Obama (© Imago Zuma Press / PROGRESS Filmverleih)

Angela Merkel und Barack Obama
(© Imago Zuma Press / PROGRESS Filmverleih)

Das beginnt mit der Begründung ihrer Berufswahl als Physikerin in der DDR, wobei man wenig anecken konnte, wenn man sich nur nüchtern an die Fakten hielt. Denn schließlich war auch im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat „zwei und zwei immer noch vier“. Und endet mit ihrer 2022 in Plauderlaune bei einem Podiumsgespräch getroffenen Eischätzung, dass sie sich beim besten Willen nicht vorstellen könne, dass Putin sie bei ihrem Besuch 2007 aus Versehen mit seinem Labrador konfrontiert hat. Und doch klingt auch die beharrliche Machtpolitikerin Merkel an, die sich, einst als „Kohls Mädchen“ in sein Kabinett geholt, mit instinktivem Gespür fürs richtige Timing als ostdeutsche Frau gegen alle Alphatiere in der Männerdomäne Politik durchgesetzt und mit ihrem unvergessenen FAZ-Artikel den Rekordkanzler politisch beerdigt hat.

Insgesamt jedoch bleibt bei der fein zusammengestellten Charakterisierung der Ex-Kanzlerin ein überwiegend positives Bild, das von durchweg würdigenden Kommentaren ihrer politischen Weggefährten von Hillary Clinton bis Barack Obama abgerundet wird. Und schließlich gräbt Eva Weber mit Merkels Mutter im Interview noch eine Perle aus, die einen ungemein berührt. Nicht nur das macht ihre emotionale Doku, in der sie der beherrschten Person Merkel so nahe kommt wie nie zuvor, unheimlich unterhaltsam.

Trailer:

Bewertung: 7 von 10 Punkten

 

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