Home Film “Tel Aviv on Fire” – der Nahostkonflikt endlich einmal komödiantisch aufgearbeitet

“Tel Aviv on Fire” – der Nahostkonflikt endlich einmal komödiantisch aufgearbeitet

Autor: Mick

"Tel Aviv on Fire" Filmplakat

Tel Aviv on Fire

Darsteller: Kais Nashif, Yaniv Biton, Lubna Azabal, Nadim Sawalha
Regie: Sameh Zaobi
Dauer: 97 Minuten
FSK: freigegeben ab 6 Jahren
Website: www.mfa-film.de/kino/id/tel-aviv-on-fire
Facebook: facebook.com/mfa.filmdistribution


Schon oft wurde der Nahostkonflikt besonders von Filmschaffenden aus den betroffenen Gebieten selbst thematisiert. Kein Wunder, brennt ihnen das Thema doch aufgrund ihrer alltäglichen Schwierigkeiten wie kein anderes unter den Nägeln. Viele Komödien allerdings finden sich unter diesen Werken nicht, als zu groß wird wohl landläufig die Gefahr eingeschätzt, der Problematik nicht mit dem gebotenen Respekt zu begegnen. Der Palästinenser Sameh Zoabi, selbst im Westjordanland nahe Nazareth aufgewachsen, traut sich jetzt aber dennoch und beschert uns mit “Tel Aviv on Fire” einen fröhlich-leichten Film, der trotzdem den bestimmt nicht immer lustigen Alltag in den besetzten Gebieten nicht aus den Augen verliert.

In seinem Fokus steht der palästinesische Rumsumpfer Salam (Kais Nashif), der täglich zwischen Palästina und isrealischer Besatzungszone pendelt, um sich seinen Lebensunterhalt als Mädchen für alles am Set der bei Israelis wie Arabern gleichermaßen beliebten Soap-Opera “Tel Aviv on Fire” zu verdienen. Die produziert nämlich sein Onkel (Nadim Sawalha) und überträgt ihm kurzerhand Teilverantwortung für das Drehbuch, als es wieder einmal zu Unstimmigkeiten mit dem aufmüpfigen Autor kommt.

Schade nur, dass ihn die Inspiration just in dem Moment verlässt, als er das Skript für die nächste Folge abliefern soll. Doch wie der Zufall so spielt, ist Assi (Yaniv Biton), dem Kommandeur am israelischen Kontrollpunkt, seit einer heimischen Auseinandersetzung um die Handlung “Tel Aviv on Fire” auch nicht mehr ganz egal, auch wenn ihn die Serie bisher eher genervt hat. Als der bei einer schikanösen Kontrolle Salams von dessen Tätigkeit Wind bekommt, sieht er seine Chance gekommen, Einfluss auf die populäre, eigentlich antizionistisch angelegte Soap zu nehmen. Und im Gegensatz zu Salam mangelt es dem Soldaten gewiss nicht an Fantasie, die kurz vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 spielende Serie auch mit all ihren romantischen Verwicklungen fortzuschreiben.

"Tel Aviv on Fire" Szenenbild (© Patricia Peribanez - Samsa Film - TS Productions - Lama Films - Artemis Productions)

(© Patricia Peribanez – Samsa Film – TS Productions – Lama Films – Artemis Productions)

Es ist schon ganz große Kunst, wie Regisseur Zoabi gemeinsam mit seinen wundervollen Hauptdarstellern die verfeindeten Salam und Assi zu einer Zweckgemeinschaft zusammenschmiedet und bei ihren nun regelmäßigen Drehbuch-Besprechungen am Checkpoint mit feiner Situationskomik immer wieder für Lacher sorgt. Dabei beruht deren Beziehung doch einzig und allein auf den täglichen Repressalien der Besatzungsmacht Israel gegen die Palästinenser, die er hier schleichend in einen Eine-Hand-wäscht-die-andere-Deal übergehen lässt. Zu dem steuert dann auch der von Salam mitgebrachte, palästinensische Hummus schmackhaft das Seine bei.

Dass Salam durch sein gesteigertes Ansehen und in seine Dialoge einfließende Referenzen zu seiner Angebeteten enorm in deren Gunst steigt, ist da zwar nur Nebenhandlung, fügt sich jedoch ebenso harmonisch in den herzerwärmenden Plot ein wie Assis Dikussionen über die Soap zuhause. Geradezu virtuos aber gelingt es Zoabi, mit subtilem Humor in seinen auch atmosphärisch stetigen Wechsel zwischen Serie-im-Film – in der eine arabische Spionin (Lubna Azabal) zwischen einem isrealischen General (Yousef Sweid) und einem Widerstandskämpfer (Ashraf Farah) hin- und hergerissen ist – und Primärhandlung eine deutliche politische Botschaft zu verpacken, ohne das stimmungsvolle Gesamtbild einzutrüben. Fast wirkt es trotz aller unterschwelliger Kritik wie ein Versöhnungsangebot, wenn alle am gemeinsamen Projekt “Tel Aviv on Fire” arbeiten. Ach, wenn sich doch der reale Konflikt nur ähnlich leicht lösen ließe wie hier, schließlich sind sie doch alle nur Menschen.

Trailer:

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

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