Home Film “Was man von hier aus sehen kann” – die unterhaltsame Bestsellerverfilmung huldigt dem Dorfleben

“Was man von hier aus sehen kann” – die unterhaltsame Bestsellerverfilmung huldigt dem Dorfleben

Autor: Tobi

"Was man von hier aus sehen kann" Filmplakat (© Studiocanal GmbH)

Was man von hier aus sehen kann

Darsteller: Corinna Harfouch, Luna Wedler, Karl Markovics, Benjamin Radjaipour
Regie: Aron Lehmann
Dauer: 103 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.studiocanal.de/title/was-man-von-hier-aus-sehen-kann-2022
Facebook: facebook.com/STUDIOCANAL.GERMANY


Nachdem Mariana Leky mit ihrem 2017 erschienenen Roman “Was man von hier aus sehen kann” ein Überraschungserfolg gelang und der Bestseller seither mehr als 700.000 mal verkauft und in 22 Sprachen übersetzt wurde, legt Regisseur Aron Lehmann (“Highway to Hellas”, “Das schönste Mädchen der Welt”) eine Verfilmung vor. Bei dieser durfte man durchaus skeptisch sein, ob es gelingen würde, die so besondere Erzählweise mit verschiedenen Zeitebenen ansprechend in bewegte Bilder umzusetzen, aber dies ist hervorragend gelungen.

Der Streifen nimmt uns nicht nur mit in ein Dorf, er zelebriert das dortige Leben, seine skurrilen Bewohner und ihre Macken. Hier im Westerwald ist Luise (Luna Wedler) bei ihrer Großmutter Selma (Corinna Harfouch) aufgewachsen, und hier wird sie wohl immer bleiben, auch wenn ihre Kindheit einst die Unbeschwertheit auf fiese Art und Weise verlor – wie wir nicht sofort, aber etwas später gezeigt bekommen. Seitdem schaut Luise am besten niemandem mehr in die Augen, denn sie vermutet, Unglück zu bringen, vor allem wenn sie etwas Falsches sagt – dabei ist es doch Selma, der stets im Traum ein Okapi erscheint, bevor im Dorf jemand verstirbt.

Um sich abzulenken, schreibt Luise – und so offenbart sie dem Zuschauer nun mit 22 Jahren nicht nur in Rückblicken Erinnerungen an ihre Kindheit (jung stark gespielt von Ava Petsch), sondern stellt auch eine ganze Reihe an unterschiedlichen Charakteren im Dorf vor. Da wäre der nette, aber schüchterne Optiker (Karl Markovics), der schon Ewigkeiten in Selma verliebt ist, ohne es ihr zu offenbaren, was von omnipräsenten Stimmen im Kopf auch noch hämisch kommentiert wird. In puncto verborgener Zuneigung ist er allerdings nicht der einzige, denn der italienische Besitzer der Eisdiele (Jasin Challah) ist nicht nur eigentlich Grieche, sondern hat auch eine Affäre mit Luises Mutter Astrid (Katja Studt) als Betreiberin des Blumenladens gegenüber.

Ganz und gar nicht verliebt, aber umso einsamer lebt die stets schlechtgelaunte und daher nicht sonderlich beliebte, aber doch bemitleidete Marlies (Rosalie Thomass) vor sich hin. Und Selma selbst besitzt zwar auch ihre Eigenheiten, versucht aber dem immer deutlicher werdenden Alter zu trotzen und sorgt warmherzig für Schwung im Dörfchen und im Leben von Luise, die mit ihrem großen weißen Hund namens Alaska zusammenlebt.

Als Selma dann wieder von einem Okapi träumt, spricht sich dies herum und das ganze Dorf ist in Aufregung. Da niemand weiß, wen es diesmal treffen wird, kommen plötzlich Geheimnisse ans Licht und einige offenbaren sich. Konträr zum aufkommenden Chaos wirken da nur noch die im Haus der abergläubischen Elsbeth (Hansi Jochmann) wohnenden buddhistischen Mönche – von denen Luise mit Frederik (Benjamin Radjaipour) einen näher kennen lernt.

"Was man von hier aus sehen kann" Szenenbild (© Studiocanal GmbH / Walter Wehner)

Luise (Luna Wedler), der Optiker (Karl Markovics) und Großmutter Selma (Corinna Harfouch)
(© Studiocanal GmbH / Walter Wehner)

Mit “Was man von hier aus sehen kann” ist Aron Lehmann ein wunderbarer Gute-Laune-Film über eine verschrobene Dorfgemeinschaft, die Tücken des Lebens und nicht immer leichtfüßig daher kommende Liebe gelungen, der mit toller Ausstattung, durch besondere Farbgebungen und Einstellungen wirkenden Bildern von Christian Rein und ideenreichem Schnitt von Ana de Mier y Ortuño besticht.

Doch nicht nur dies, die Handlung trotzt der mitschwingenden Todes-Thematik und der phantasievolle, schlichtweg gut gestrickte Film kommt mit optimal gesetztem Humor und seinen interessanten Charakteren äußerst unterhaltsam daher. Mit seiner liebevollen Skurrilität und seiner fast märchenhaften Aufmachung erinnert der Streifen zwar durchaus – vor allem in seiner ersten Hälfte – an “Die fabelhafte Welt der Amelié”, das schadet allerdings nicht, besitzt “Was man von hier aus sehen kann” doch stets genug Eigenständigkeit.

Neben den genannten filmischen Attributen und der anfangs etwas verwirrenden, einen dann aber bald gefangen nehmenden Handlung überzeugt der Film auch durch seine tolle Besetzung, aus der neben der wundervollen Luna Wedler und dem bestens zur Rolle passenden Karl Markovics vor allem die hervorragend spielende Corinna Harfouch als Selma heraus ragt. Ohne Frage kommt hiermit auf den letzten Drücker noch einer der besten deutschen Filme des Jahres 2022 ins Kino.

Trailer:

Bewertung: 9 von 10 Punkten

 

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