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Alphaville bescheren auf “Eternally Yours” Songs aus ihrer Karriere mit Orchesterklängen

Autor: Tobi

Alphaville "Eternally Yours"

Alphaville

“Eternally Yours”

(2CD, Neue Meister, 2022)

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Man kann eine Karriere kaum besser starten als es Alphaville einst taten. Im Januar 1984 erschien ihre erste Single “Big In Japan” und eroberte nicht nur Platz 1 der deutschen Charts, auch international wurde der eingängige, tanzbare Elektropop-Hit gefeiert, erreichte z.B. Platz 8 der britischen Charts und Rang 1 der US-Dance-Charts. Weitere deutsche Top-5-Singles folgten mit “Sounds Like A Melody” und “Forever Young” – kein Wunder also, dass auch das im September veröffentlichte Debütalbum “Forever Young” ein großer Erfolg wurde.

Nachdem Keyboarder Frank Mertens die Band 1985 verlassen hatte, engagierten Sänger Marian Gold und Keyboarder Bernhard Lloyd mit Ricky Echolette ein neues drittes Band-Mitglied, der bis 1997 neben Arbeit am Keyboard auch als Gitarrist aktiv war. 1986 veröffentlichten sie mit “Dance With Me” eine neue Single, kamen mit Rang 11 allerdings nicht mehr in die Top Ten – die sie auch bis heute nicht mehr erreichen sollten. Der eingängige, treibende Song wurde trotzdem viel gehört und legte den Grundstein dafür, dass das im Juni des Jahres erschienene Album “Afternoons In Utopia” sich noch recht gut verkaufte, auch wenn sicher eine höhere Platzierung als 13 anvisiert war.

Mit dem Longplayer “The Breathtaking Blue” ging es 1989 nur noch auf Rang 49, “Prostitute” erreichte fünf Jahre später die Top 100 der Charts gar nicht mehr. Mit “Salvation” lief es 1997 zwar etwas besser, Rang 74 bedeutete aber natürlich auch keine Rückkehr zum kommerziellen Erfolg. Alphaville machten eine Pause, in der Bernhard Lloyd die Formation verließ und Marian Gold das Projekt neu ausrichtete. Mit dem 2010er-Album “Catching Rays On Giant”, was es tatsächlich endlich wieder einmal in die Top Ten schaffte mit Platz 9, kehrten Alphaville zurück, während es mit “Strange Attractor” 2017 lediglich knapp in die Top 40 ging.

Anhaltende Erfolge sehen also anders aus, und so war es nicht verwunderlich, dass Marian Gold alle Register zog, um mal wieder mehr in den Fokus zurück zu rutschen. 2018 war er in der beliebten Fernsehshow “Sing meinen Song – Das Tauschkonzert” vertreten, präsentierte hierbei gleichzeitig seine nach wie vor gute Stimme und brachte die Hits und einige andere Stücke der Band wieder in Erinnerung. 2019 erschien eine mit Bernhard Lloyd zusammen erarbeitete, remasterte Deluxe-Version des Alphaville-Debütalbums “Forever Young” und kletterte noch einmal in die Top Ten der deutschen Charts, die Vinylausgabe sogar Platz auf Platz 1 der Vinylcharts. Klar, zum 35-jährigen Jubiläum von “Afternoons In Utopia” wurde dann 2021 ebenfalls eine neu gemasterte Variante veröffentlicht und chartete auf Platz 19, und “The Breathtaking Blue” (mit Rang 23 besser platziert als einst) schickte man gleich noch einmal mit auf den Markt. Außerdem erschien Anfang 2021 eine moderne Interpretation von “Summer In Berlin”, die Christopher von Deylen alias Schiller mit Alphaville erarbeitet hatte.

Alphaville - Marian Gold (© Helen Sobiralski)

Alphaville – Marian Gold (© Helen Sobiralski)

Um das Momentum nicht zu verlieren, geht Marian Gold nun den nächsten fast schon logischen Schritt und hat mit “Eternally Yours” ein Album (Doppel-CD, Dreifach-Vinyl) aufgenommen, für das Songs aus der langen Karriere von Alphaville mit Orchester neu eingespielt wurden. Innovativ ist das natürlich längst nicht mehr, einigen Formationen wie Metallica, Foreigner oder Alan Parsons Project sind hiermit aber wirklich tolle Alben gelungen.

Dass man auf dem Cover und den Pressefotos zur Scheibe nur Marian Gold sieht, wirkt sehr ehrlich – Alphaville ist inzwischen ja fast nur noch sein Baby, auch wenn andere Musiker mit an den Alben beteiligt sind und irgendwie mit zum Line-Up gehören.

Dass als Auskopplungen zum Album “Big In Japan”, “Sounds Like A Melody” und “Forever Young” vorab erschienen, verwundert nicht, und die mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg erarbeiteten Versionen lassen sich natürlich gut anhören – und das gleich dreimal, sind doch auch “Big in Japan” in der “BassRoque Version”, “Sounds Like A Melody” in der “Chamber Version” und “Forever Young” in der “Petite Version” verteten, zudem jedes Stück noch in einem “Single Edit”. Hmm, das ist dann doch ein bisschen zu viel des Guten – was nicht jeder so sieht.

“Alle 23 Stücke des Albums sind durch die Bearbeitung im Kern klarer geworden, sie sind freigelegt, entfesselt, befreit. Ihre wahre Natur kam zum Vorschein”, erklärt Marian Gold und fügt an: “‘Eternally Yours’ klingt in meinen Ohren daher tatsächlich so, als handelte es sich in Wirklichkeit um das erste Alphaville-Album – nur, dass es vor vierzig Jahren nicht veröffentlicht wurde. Wir hatten damals eben kein Orchester zur Hand, sondern ‘nur’ Synthesizer und Rhythmusmaschinen.”

Die Hits werden natürlich ausgekoppelt, die eigentlichen Highlights sind aber andere. Nachdem das End-90er-Stück “Dream Machine” in einen stimmungsvollen Opener umarrangiert wurde, zeigen besagtes “Summer In Berlin”, das leicht groovige “Summer Rain”, “Elegy”, “Flame”, das träumerische “MoonGirl” und das siebeneinhalbminütige “Lassie Come Home”, welch schöne Stücke Alphaville abseits des Chartradars geschaffen haben bzw. welch Potenzial in diesen steckte. Auch das noch gut im Ohr liegende “Dance With Me” kommt in seiner bedächtigen Version bestens hörbar daher und bildet mit Piano und Streichern, zudem melodisch anderem Refrain einen hervorragenden Kontrast zur damaligen Dance-Version.

Tracks wie “Apollo” oder “A Victory Of Love” weisen hingegen auch in den neuen Versionen noch zu viel Poppigkeit auf mit tanzbaren Beats – so wie auch die neuen Versionen von “Big In Japan”. Die Coverversion des Bond-Songs “Diamonds Are Forever” lässt sich hingegen sehr gut anhören. Auch die drei Bonus-Tracks der Vinyl-Ausgaben (siehe unten) passen sich gut ein, “Pandora’s Lullaby” in der “Lunapark Version MCMXCI”, “Elegy” in der “Springtime Version MCMXC” und “Dream Machine” in der “Dreamscape Version MCMXCIX”.

Marian Gold hat mit seinen beiden Arrangeuren Max Knoth und Christian Lohr nicht nur an der neuen Umsetzung gearbeitet, sondern auch ein neues Stück erschaffen, das Titelstück – welches abwechslungsreich sowohl ruhigere als auch kraftvollere Passagen aufbietet. “Eternally Yours” handelt von Beständigkeit und Vergänglichkeit, und vom Träumen: “Wir kommen ziemlich viel herum, wir haben fast überall gespielt, in und aus unseren Köpfen heraus. All das trägt zu unserer Musik bei, zu der Idee, was Alphaville sein könnte. Es ist wie ein nie endender Traum. Diejenigen, die unsere Musik hören, hören Fragmente dieses Traums.” Der Song liest sich wie ein Abschiedsbrief, mit Ausnahme des Refrains stammen allerdings alle Zeilen aus Sonetten von Shakespeare. “Ich habe für das Lied keine Zeile selbst geschrieben, alle Wörter und alle Gedanken stammen von Shakespeare. Ich habe sie nur intertextuell zusammengesetzt und minimal justiert, damit sie für mich singbarer werden.”

Nächstes Jahr sind Alphaville mit Orchester live zu erleben:

13.04.23 Essen, Philharmonie
14.04.23 Düsseldorf, Tonhalle
15.04.23 Kassel, Kongress Palais
05.05.23 Frankfurt, Alte Oper
19.05.23 Bremen, Die Glocke
20.05.23 Hannover, Theater am Aegi
27.05.23 Freiburg, Konzerthaus
28.05.23 Stuttgart, Liederhalle
07.06.23 Leipzig, Gewandhaus
11.06.23 Hamburg, Laeiszhalle
12.06.23 Berlin, Philharmonie
13.06.23 Dresden, Kulturpalast
16.06.23 München, Isarphilharmonie
17.06.23 Nürnberg, Meistersingerhalle
20.06.23 Dortmund, Konzerthaus

Das Album erscheint als Doppel-CD mit einer Gesamtspielzeit von 112 Minuten, als Dreifach-LP auf 180g-Vinyl (gatefold auf schwarzem oder auch golgenem Vinyl) mit 127 Minuten, oder auch als Limited Collector’s Box. Letztere ist handsigniert und enthält die Doppel-CD die Colored Vinyl GOLD Edition und eine Kassetten-Version, zusätzlich kann man “Eternally Yours” über den Alphaville-USB-Stick im immersiven Dolby-Atmos-Klang genießen. Ein großformatiges Booklet bietet eine Track-by-Track-Beschreibung von Marian Gold sowie Texte des Autors Max Dax, und fotografische Einblicke bieten weitere spannende Insights zur Aufnahme des Albums und der Geschichte von Alphaville. Auch ein Eternally-Yours-Jutebeutel ist enthalten.

Alles in allem ein Album für Alphaville-Fans, das für diese aber sehr interessant sein dürfte und bei dem man Marian Gold keinen Vorwurf machen kann, dass er den von schon so vielen Bands und KünstlerInnen eingeschlagenen Weg, altes Material orchestral arrangiert erneut zu vermarkten, ebenfalls geht, auch wenn er in unserem 2021er-Interview erklärte: “Ich glaube nicht, dass es eine merkwürdigere Band auf Erden gibt als Alphaville.” Das ist völlig legitim, ein logischer Schritt für eine mit Neukompositionen schon lange größtenteils unbeachtete Band, musikalisch stellenweise sehr gewinnbringend, und finanziell bestimmt auch.

www.alphaville.info
www.facebook.com/alphavilleofficial

Bewertung: 7 von 10 Punkten


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