Home MusikKonzertberichte Panic! At The Disco verabschieden sich mit einer opulenten, starken Show (Köln, 24. Februar 2023)

Panic! At The Disco verabschieden sich mit einer opulenten, starken Show (Köln, 24. Februar 2023)

Autor: Tobi
Panic! At The Disco (© Alex Stoddard)

(© Alex Stoddard)

Als im August 2022 mit “Viva Las Vengeance” (lies unsere Rezension hier) das siebte Studioalbum von Panic! At The Disco erschien und auch eine Tour verkündet wurde, die die Band im Februar 2023 in einige große Hallen bei uns bringen sollte, da ahnte noch niemand, dass es sich hier um Abschiedskonzerte handeln würde. Ende Januar dann verkündete Mastermind Brendon Urie über die sozialen Medien, dass die auf viele Konzerte in den USA folgenden Gigs in Europa die letzten der Band seien und es auch keine neuen Lieder mehr geben würde, da er sich fortan auf seine Familie und den Nachwuchs fokussieren wolle, den seine Frau Sarah und er erwarten.

Kein Wunder also, dass die Kölner LANXESS Arena am Abend des 24. Februar voll war, als das letzte Deutschland-Konzert von Panic! At The Disco auf dem Plan stand. Dies wäre sie aber vermutlich auch ohne die für Fans traurige News gewesen, schließlich feierte die Band aus Las Vegas, die nach dem Ausstieg von Drummer und Gründungsmitglied Spencer Smith 2015 zum Solo-Projekt des Multi-Instrumentalisten und Sängers Urie wurde, bei dem weiteren Musiker vornehmlich live eine Rolle spielen, im Laufe der 18 Jahre seit Veröffentlichung des großartigen Debütalbums “A Fever You Can’t Sweat Out” große Erfolge.

Eröffnet wurde der Abend mit einem für einen Support-Act recht ausgiebigen, aber mit neun Songs gerne so genommenen Auftritt der amerikanischen Sängerin und Songwriterin Fletcher. Diese hatte nach diversen Jahren mit Singles und EPs letztes Jahr ihr Debütalbum “Girl Of My Dreams” veröffentlicht und erreichte mit ihrer Mischung aus Pop, R&B und Rock einen beachtlichen Platz 15 in den US-Charts. Hier nun freute sie sich über ihr, wie sie verkündete, bislang größtes Konzert, wandte sich sympathisch zwischen den Stücken immer wieder ans Publikum und wusste dieses mit abwechslungsreichen Tracks, die größtenteils von Liebe und Beziehungen mit guten sowie schlechten Momenten handelten und oftmals auch rockig angerichtet waren, bestens anzuheizen. Ihre erfolgreichste Single “Undrunk” aus dem Jahr 2019 fehlte hierbei ebenso wenig wie aktuellere Stücke a la “Becky’s So Hot” und “Better Version”, bei dem sie am besten ihre gute Stimme am besten offenbaren konnte.

Um 21.15 Uhr war es dann soweit und nach einem zehnminütigen Countdown betrat Brendan Urie die Bühne. Nicht nur Gitarrist Mike Naran, Bassistin Nicole Row und Schlagzeuger Dan Pawlovich, die seit 2018 seine Liveband bilden, eröffneten den Abend zusammen mit Urie bei “Say Amen (Saturday Night)” aus dem 2018er-US-Nummer-1-Album “Pray For The Wicked”, das mit Rang 8 bei uns die höchste Platzierung der Bandgeschichte verbuchen konnte. Drei Streicherinnen und drei Bläser kompettierten das Bild und vor allem den hierdurch opulenten Klang, was im Laufe der Show immer wieder mal so sein sollte, schließlich gehören klassische Töne und Brass-Sektionen schon immer hier und dort zum besonderen Sound der Formation und stoßen zu Songs zwischen Alternative-Rock, Emo und flottem Pop, die mal auch Jahrmarktklänge oder Jazz-Anleihen aufbieten.

Im Fokus stand, wie sollte es anders sein, der diesmal nur am Mikrofon aktive, aber munter auf der Bühne herum wirbelnde Brendon Urie, der gesanglich voll überzeugte und mit seiner vier Oktaven umfassenden Stimme – vor allem in hohen Passagen – seine weiblichen Fans hörbar immer wieder in Begeisterung versetzte … und nicht umsonst gab es am Merchandising-Stand sogar kleine Stoff-Figuren des charmanten Frauenschwarms zu kaufen.

Vor einer riesigen quadratischen Leinwand, die für imposante Hintergrundbilder sorgte, und eingerahmt in tolle Licht-Szenarien folgten mit dem gemütlich getragenen “Hey Look Ma, I Made It” vom gleichen Longplayer, dem mal hüftschwingenden, mal abrockenden “Don’t Threaten Me With A Good Time” und dem wilden “Emperor’s New Clothes” vom 2016 zum ersten US-Charttopper avancierten Doppel-Platin-Album “Death Of A Bachelor” sowie dem treibenden “This Is Gospel” und dem groovenden “Miss Jackson” vom 2013er-Platin-Longplayer “Too Weird To Live, Too Rare To Die!” weitere Highlights aus den 2010er-Jahren. Rechts und links über der Bühne wurden die Protaginisten – vor allem Brendan – hierbei in großen Hochkant-Projektionen für jedermann gut sichtbar gezeigt, und Feuerwerfer, Stroboskop oder Papierschnipsel-Kanonen komplettierten die aufwändige, gut durchgeplant Show.

Für den Aufbau der Setlist hatte sich Urie etwas Besonderes ausgedacht und ließ dann das komplette aktuelle Album “Viva Las Vengeance” folgen, in der vom Longplayer bekannten Reihenfolge seiner zwölf Songs. Sicher ein ungewöhnlicher Zug, Klassiker so lange inmitten eines Konzerts auszublenden, aber die sich mehr auf Rock konzentrierende Scheibe, die in puncto Verkaufszahlen aus unverständlichen Gründen bei weitem nicht an alte Erfolge anzuknüpfen wusste, ist den Fans natürlich längst gut im Ohr und hat mit treibenden Nummern wie dem Titelsong oder “Say It Louder”, dem beschwingten Trennungssong “Middle Of A Breakup” oder dem an Queen erinnernden, in sich wunderbar abwechslungsreichen “God Killed Rock And Roll” diverse Highlights – und beim feinen Midtempo-Song “Don’t Let The Light Go Out” sorgten die Fans in der Halle mit ihren Handys für einen stimmungsvollen Sternenhimmel und somit dafür, dass die Titel-Bitte erfüllt wurde.

Nicht vergessen werden soll, dass das Album nicht einfach so gespielt wurde, sondern in voller Besetzung mit Streichern und Bläsern sowie hier dann auch noch drei zusätzlichen Gitarristen – viel opulenter geht es kaum, und jeder Titel wurde von einer kurzen Passage der Streicherinnen eingeleitet, was toll wirkte. Gegen Ende der Album-Performance wurde es dann etwas ungewöhnlich, als Brendan sowohl beim flotten “Sad Clown”, als auch beim schönen, ruhigeren “All By Yourself” und dem die Scheibe abschließenden “Do It To Death” die Songs abbrach und die Musik stoppte, da in den vorderen Reihen jeweils jemand schlapp zu machen schien. Besorgt stellte er sicher, dass den Personen geholfen wurde oder es ihnen wieder gut ging, um die Stücke dann jeweils neu von vorne zu starten – sehr sympathisch vom auch ansonsten mit guter Laune die Leute mitreißenden Frontmann.

Die Stimmung in der Halle war generell während der gesamten Show ausgelassen, es wurde viel getanzt, geklatscht und natürlich mitgesungen, was bei den häufig mit hymnischen Passagen ausgestatteten Stücken natürlich zu erwarten war und nur zu gerne angenommen wurde. Auch wenn “Viva Las Vengeance” insgesamt gut von den Fans zelebriert wurde, steigerte sich die Laune danach noch einmal, als sieben Klassiker das fulminante Finale bildeten. Zum für jegliche sexuelle Neigungen stehenden, Gute Laune machenden “Girls / Girls / Boys” leuchteten die Handys im Publikum dank vorher verteilter Folien bunt, was einen tollen Effekt bot. Nach “House Of Memories” ging es mit “Nine In The Afternoon” dann auch mal zurück in die 2000er-Jahre, stammt das Stück doch vom zweiten Longplayer “Pretty. Odd.” aus 2008, und nach dem gemütlich mit Jazz, Swing und Funk aufwartenden “Death Of A Bachelor”, bei dem die Bläser natürlich besonders eingebunden waren, wurde “I Write Sins Not Tragedies” als einzige Nummer aus dem 2005er-Debüt begeistert abgefeiert. Auf das branchenübliche Verlassen der Bühne, um dann nach Zugabe-Rufen zurück zu kehren, verzichtete Brendan. Statt dessen wurde das überzeugende letzte Deutschland-Konzert von Panic! At The Disco mit dem mitreißenden “Victorious” und der Hymne “High Hopes” nach etwa 110 Minuten fulminant abgeschlossen.

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Links:
Website von Panic! At The Disco
Website von Fletcher
Website der LANXESS Arena Köln

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