Home MusikInterviews Die Mighty Oaks im Interview zu ihrem neuen Album “Mexico” (05/21 – mit Rezension

Die Mighty Oaks im Interview zu ihrem neuen Album “Mexico” (05/21 – mit Rezension

Autor: Tobi
Mighty Oaks (© Studio Marco Fischer)

(© Studio Marco Fischer – https://studiomarcofischer.com)

Nachdem der Amerikaner Ian Hooper, der seit 2008 in Deutschland lebt, den gebürtigen Italiener Claudio Donzelli und den Briten Craig Saunders in Hamburg kennen lernte und alle drei etwas später nach Berlin zogen, taten sie sich als Musiker zusammen und gründeten die Mighty Oaks. 2010 erschien eine erste EP, und nachdem ihr von einer gleichnamigen, in Eigenregie veröffentlichten EP stammender Song “Just One Day” es 2013 in die Charts schaffte, gab es den redlich verdienten Plattenvertrag.

Mit ihrem Debütalbum “Howl” schafften es die Jungs 2014 dann auch direkt in die Top Ten der deutschen Albumcharts und erregten auch außerhalb des Landes Aufsehen. Mit “Dreamers” (2017) und “All Things Go” konnten sie an den Erfolg zwar nicht mehr ganz anknüpfen, die Alben platzierten sich mit den Rängen 17 und 29 aber trotzdem noch sehr ordentlich. Nun erscheint der vierte Longplayer des Trios.

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Auf den 40 Minuten von “Mexico” findet man 14 neue Songs, mit denen sich die Mighty Oaks stilistisch treu bleiben, also auch weiterhin melodischen Folk-Pop mit gerne ab und an mehrstimmigem Gesang bieten. Mit den Worten “I never saw it coming, an avalanche of hard ship” zu Beginn des als dritte Single ausgekoppelten Openers “Land Of Broken Dreams” eröffnen sie den Longplayer, und auch wenn es hier darum geht, was vom American Dream übrig geblieben ist, lassen sie die immer noch die Welt bedrückende Pandemie auch hier und dort mit einfließen – neben anderen Themen, schwierigen wie Sucht oder psychischen Problemen ebenso wie positiv belegten mit Liebe, Freundschaft und Hoffnung.

Für Ian Hooper war die Pandemie der perfekte Anlass, seinen Traum vom Kellerstudio endlich umzusetzen, und dort nahmen sie die Scheibe dann auch zusammen mit ihrem Produzenten Nikolai Potthoff und ihrem Schlagzeuger Jonah Förster auf. Kein Wunder also, dass die Scheibe noch geerdeter klingt als bislang, noch intimer und purer, mit noch mehr Liveatmosphäre versehen.

Am meisten Energie verströmen der voraus geschickte Titeltrack “Mexico”, der inspiriert durch das allgemeine Verhalten in der Pandemie menschliche Irrationalität beschreibt, das groovende “Ghost”, das rockigere “What You Fighting For” und das beschwingte Liebeslied “Forever”. Neben diesen findet man getragenere Songs wie das mit Streichern bereicherte “My Demons”, das sphärische “Devil And The Deep Blue Sea” über gegenseitige Geduld, Verständnis und Respekt oder “By Your Side” ebenso wie balladeske Nummern mit “Heavy” und dem abschließenden “Deadman’s Island”.

Ein gelungenes Album mit schönen melodischen Nummern, die sich sehr gut durchhören lassen. Zeitlich bestens passend zur Veröffentlichung nimmt Ian Hooper an der achten Staffel der beliebten TV-Sendung “Sing meinen Song – Das Tauschkonzert” teil, was der Band und dem Album einen zusätzlichen Schub verpassen dürfte – und diesen gönnt man den sympathischen Jungs in jedem Fall.

Über das neue Album und einiges mehr führten wir ein Interview mit den Mighty Oaks.

“Die Beziehungen und die Liebe, die einen durch harte Zeiten bringen, werden auf dem Album auch gewürdigt, genauso wie Reflektionen über Orte, die eine Bedeutung haben und uns in diesen merkwürdigen Zeiten erlauben, zu träumen.”

MUM: Nachdem ihr euch für euer zweites Album “Dreamers” und “All Things Go” je drei Jahre Zeit gelassen habt, erscheint “Mexico” nun bereits nach einem Jahr. Ist dies das Ergebnis der Pandemie, in der nicht getourt werden konnte und auch sonst viel Zeit zum Kreativsein existierte?

Claudio: Nun, der Grund, warum “Dreamers” und “All Things Go” jeweils drei Jahre Abstand zu ihren Vorgängern hatten, war, dass wir immer eine sehr aktive Tour-Band waren. Normalerweise würden wir zwei Europa-Touren, eine US-Tour und Sommer-Festivals spielen, und noch einige zusätzliche Open-Air-Shows hier und dort. Aber als dann die Pandemie im März 2020 zuschlug, wurde es klar, dass wir uns von unserem üblichen Veröffentlichung-Tour-Zyklus verabschieden können und allen restlichen Plänen für 2020 mit all den Konzerten. Nach ein paar Monaten strikten Lockdowns durften wir uns dann wieder treffen und wenigstens zusammen an Musik arbeiten, um die unstrukturierte Zeit zu nutzen, die wir nun hatten. Die Idee, 2021 ein Album zu veröffentlichen, nahm schnell Gestalt an und die Dinge passierten von da an recht organisch. Es ist aber auch wahr, dass der Lebenszyklus eines Albums kürzer und kürzer wurde in den letzten Jahren seit wir unser Debüt “Howl” veröffentlichten. Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch ohne die Pandemie keine drei Jahre gewartet hätten.

MUM: Wenn ihr “Mexico” mit euren drei bisherigen Alben vergleicht, wo seht ihr die größten Unterschiede?

Craig: Die Songs auf “Mexico” klingen harmonischer zusammen als auf den vorigen Alben. Es ist ähnlich wie bei “Howl”, wo wir auch viel Zeit für die Stücke hatten, ohne jeglichen externen Druck, aber diesmal waren wir außerdem in der Lage, all die Erfahrungen einzubringen, als Band und auch als Menschen mit allem, was wir in den Jahren unserer Karriere gelernt haben. Die Songs bilden eine Einheit, die wir so auf den bisherigen Alben nicht hinbekommen haben, wie ich finde. Es ist unsere persönlichste, auch erwachsenste Scheibe, und ich denke auch unsere bisher stärkste.

MUM: “Mexico” wurde in Ians Heimstudio produziert und klingt trotzdem sehr gut. War dies vielleicht auch der Beweis, dass man – zumindest im Folk und eher akustischem Pop – nicht zwingend ein fettes Studioequipment benötigt, wenn man gute Songs hat?

Claudio: Weißt du, größtenteils für uns alleine zu arbeiten, in einer privaten Umgebung, ohne den Druck teurer Tagesmieten, das hat uns als Band viel Kraft verliehen, und ich denke wir brauchten so etwas zu diesem Zeitpunkt unserer Karriere. Hierbei ist es natürlich verlockend, Schlüsse aus einer einzelstehenden Erfahrung zu ziehen. Basierend auf dem, was ich mit der Band bislang erlebt habe, kann jeder Umstand mit der Zeit auch Einschränkungen mit sich bringen. Limitierungen sind gut für die Kreativität, versteh mich nicht falsch. Aber so vielfältig unser Repertoire ist, so sind es auch die Anforderungen jedes Tracks, den wir machen. Die Tatsache, dass digitale Technologien in den letzten Jahren so unglaublich gut geworden sind, führt dazu, dass du teure Studio-Ausrüstung simulieren kannst auf kleinem Raum – aber sag niemals nie.

MUM: Wie sehr haben die COVID-19-Pandemie und die spezielle Stimmung zwischen Hoffnung und Verzweiflung ihren Weg in eure Texte gefunden?

Ian: Das letzte Jahr war wirklich schwierig für alle und ich finde, dass es das mentale Wohlbefinden der Menschen sehr beeinflusst hat. Die generelle Unsicherheit, was die Zukunft für uns bereit hält, ist ein furchtbares Gefühl, und eines, das jede Ebene der Gesellschaft während dieser Pandemie erreicht hat. Das hat auch seinen Weg in unsere Texte gefunden. Und die Beziehungen und die Liebe, die einen durch harte Zeiten bringen, werden auf dem Album auch gewürdigt, genauso wie Reflektionen über Orte, die eine Bedeutung haben und uns in diesen merkwürdigen Zeiten erlauben, zu träumen.

MUM: Gibt es eine übergeordnete Botschaft, die ihr mit dem Album transportieren möchtet, oder ist es eine Sammlung verschiedener, einzelner Aussagen?

Claudio: Es gibt keine übergeordnete Botschaft und es gab auch kein Bestreben, eine zu haben. Ich liebe es, wie jeder Track seine eigene akustische Welt erschafft und hierbei verschiedene Aspekte menschlicher Erfahrungen behandelt. Das Album umfasst Themen wie Liebe, politischen Konflikt, Wirklichkeitsflucht und Kindheitserinnerungen. Anstatt einer Botschaft fühle ich viel mehr eine Art von allgemeiner Stimmung oder Gemütsverfassung, die dem Album zugrunde liegt, in direkter Verbindung mit dieser beispiellosen Zeit gesundheitlicher Notfälle und politischer Unruhe, die die Menschheit gerade durchlebt. Wieder einmal hat Musikmachen sich als optimal erwiesen, uns gesund und geerdet sein zu lassen in schwierigen Zeiten. Wir hoffen, dass die Musik das Gleiche mit denen macht, die sie hören, und deshalb war es meiner Ansicht nach auch wichtig, eine aufrichtende, hoffnungsvolle und feierliche Komponente auf diesem Album zu haben.

MUM: Welcher Track ist euer Lieblingssong auf dem Album, und warum?

Claudio: Das ändert sich andauernd für mich (lacht). Momentan liebe ich “Land Of Broken Dreams”. Ich denke, das ist der perfekte Opener für das Album, er führt so hervorragend ein, wie der Beginn eines Films. Ich liebe es, dass es im Song so viele verschiedene Momente gibt, und die Botschaft ist ziemlich stark. Wir haben gesehen, die die USA letztes Jahr eine ziemlich abschüssige Straße entlang gegangen sind, mit allem was passierte vom Mord an George Floyd und der Black Lives Matter Bewegung, Trump mit seinem narzistischen Verhalten auf politischer Ebene, dem zivilen Konflikt zwischen Republikanern und Demokraten. Als ich Ians Text zum Song das erste mal hörte, fühlte sich das so gut an. Er hat die Essenz von allem, was die USA durchgemacht haben, hervorragend festgehalten.

MUM: Ihr kommt aus den USA, Italien und England, lebt in Berlin. Ich bin mir sicher, ihr habt viel Feedback von Verwandten und Freunden zur globalen Stimmung eingefangen, zur Pandemie aber auch anderen längere Zeit beherrschenden Themen wie der US-Wahl oder dem Brexit. Meint ihr, dieser multikulturelle Kontext kann in euren Songs gehört werden?

Ian: Auch wenn wir alle aus verschiedenen Orten kommen und auch wenn wir sehr verschieden sind, hat das nie unsere Texte oder unseren Klang sonderlich beeinflusst. Wenn überhaupt, dann klingt der amerikanische Aspekt am meisten durch, weil ich das anfängliche Songwriting übernehme.

MUM: Euer Album wird eine Woche nach dem Start der neuen Staffel der TV-Sendung “Sing meinen Song – Das Tauschkonzert” veröffentlicht, in der du, Ian, dabei bist. Vermutlich ist dies kein Zufall, ist die Show doch gute Promotion auch für eure Musik. Als du gefragt wurdest, ob du Teil der Show sein möchtest, musstest du hierüber eine Weile nachdenken oder was das eine schnelle Entscheidung?

Ian: Wir wurden in der Vergangenheit schon gefragt, es fühlte sich aber nie wie die richtige Zeit an, um teilzunehmen. Wir waren immer unterwegs, wenn die Dreharbeiten anstanden, und es fühlte sich auch merkwürdig an, dass ich als einziger die Band vertreten würde. Die Vorstellung, in Deutsch singen zu müssen, hat mir zudem nie so gut gefallen. Nichtsdestotrotz, alle Hemmungen waren wie verflogen, als uns der Teppich unter den Füßen weggezogen wurde und wir nicht mehr auf Tour gehen oder etwas anderes als Band machen konnten. Es war ein großer Segen, dass das Angebot dieses Jahr wieder auf dem Tisch lag, und jetzt war es definitiv der richtige Zeitpunkt, die Mighty Oaks ins Fernsehen zu bringen.

MUM: Hat der Ausstrahlungstermin auch das Veröffentlichungsdatum des Albums entscheidend beeinflusst und somit etwas Zeitdruck mit sich gebracht, selbst in der momentanen Situation?

Ian: Die Show war definitiv der entscheidende Faktor, das Album fertig zu stellen. Das meiste Songwriting war glücklicherweise bereits abgeschlossen und eine Menge Arbeit war erledigt, um sicher zu stellen, dass wir bereit sind wenn es dazu kommt, aufzunehmen und zu veröffentlichen – wir hätten bloß nicht erwartet, dass es SO schnell gehen würde.

MUM: Was habt ihr in den nächsten Monaten für Pläne, in Zeiten, die das Planen schwierig machen?

Craig: Wir werden weiter Songs vom Album veröffentlichen bis zum Erscheinen. Dann hoffen wir, dass wir im Sommer doch einige Konzerte spielen können, auch wenn ich nicht sagen kann, wie viele und wo, weil sich alles immer sehr schnell ändern kann, wie wir wissen. Momentan aber sieht es so aus, als wenn wir die Chance kriegen könnten, das Album dieses Jahr noch live spielen zu können, und das wäre unglaublich.

MUM: Wenn ihr euch drei Acts aussuchen könntet, mit denen ihr auf Tour geht, welche wäre dies?

Craig: Momentan wären wir schon begeistert wenn wir überhaupt auf Tour gehen könnten. Aber angenommen, Live-Shows und Touren wären wieder, wie sie waren, dann würde ich The Lumineers wählen, weil wir schon mit ihnen unterwegs waren und es sich um einen tollen Haufen Menschen handelt, wir hatten eine großartige Zeit mit ihnen, also wissen wir, dass es gut funktioniert. Dann Bob Dylan – auch wenn er seine besten Zeiten hinter sich hat, wäre es faszinierend, eine Chance zu bekommen, ihm als so wichtigen Songschreiber nahe zu sein und zu sehen, wenn er spielt. Schließlich noch Led Zeppelin, in ihrer Glanzzeit, weil wir sie jeden Abend live sehen würden, und die After-Show-Parties würden unglaublich werden.

MUM: Letzte Frage – welche Frage wolltet ihr schon immer mal gestellt bekommen, und wie wäre die Antwort?

Craig: Die Frage wäre “Hättet ihr gerne einen Multimillionen-Dollar-Sponsoring-Deal mit Green Spot Whiskey?” – und die Antwort “Oh, dann mal los!”

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MUM: Mucke und mehr

Mehr Informationen zu den Mighty Oaks findet man auf mightyoaksmusic.com und facebook.com/mightyoaksmusic.

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