Home MusikInterviews Muse zum Erfolg ihres Albums “Showbiz” (05/00)

Muse zum Erfolg ihres Albums “Showbiz” (05/00)

Autor: Tobi

Kaum eine Band war innerhalb der letzten zwölf Monate so präsent in Deutschland, wie Muse. Zuerst kamen sie für ganz wenige Clubgigs im November letzten Jahres vorbei, als noch keiner die Jungs so recht kannte. Dies änderte sich schlagartig, als Matthew Bellamy (Gitarre, Gesang), Chris Wolstenholme (Bass) und Dominic Howard (Drums) Mitte November ihre erste Single “Muscle Museum” veröffentlichten, einen Song, der nicht mehr aus dem Ohr ging. Stilistisch fühlten sich die meisten sofort an Radiohead erinnert, spielen Muse doch auch eine extrem interessante Mixtur aus ruhigen und knackig rockigen Parts, wozu Matthew seine Stimme in mehreren Oktaven erklingen lässt, sehr extrovertiert, sehr intensiv. Muse selbst sehen ihre Einflüsse eher bei Jeff Buckley.

Angefangen hatte alles mit einigen Schulbands, in Devon im Süden Englands. Nach einigem Probieren fand sich das Trio und musizierte munter drauflos. Beim “In The City Conference”-Wettbewerb in Manchester erspielten sie sich viel Interesse, und nicht lange danach unterzeichneten sie beim amerikanischen Maverick-Label. Zwei EPs erschienen, die Kritiker waren zumeist sehr positiv angetan, die Fans sowieso. Dann gingen Muse in Cornwall in die Sawmills Studios und nahmen mit John Leckie, der auch für die Stone Roses aktiv war, als Produzenten ihr Debütalbum auf. “Showbiz” erschien in Deutschland im September 1999 und galt für viele wohl als das Album des Jahres, war es doch auch eine großartige Scheibe, und sie ist es noch.

Es folgten Tourneen als Support von Live und Bush, die Fangemeinde wurde immer größer. Als Singles wurden “Uno” und “Sunburn” nachgeschoben, und längst waren die renommiertesten Festivals gebucht. Im Mai kamen Muse dann endlich noch einmal auf Headliner-Tour, einige vielversprechende neue Stücke im Gepäck, die in das Set integriert wurden. Live begeisterten Muse ihr Publikum, ob auf der Tour oder bei den Festivals, den tollen Songs und der Bühnenshow mit einem an Gitarre und Mikro überragenden Matthew konnte sich niemand entziehen. Nun erschien als vierte Single aus dem Album “Unintended”, ein wunderschönes Liebeslied. Grund genug, das Interview vom Mai, anlässlich der Tournee geführt, endlich zu veröffentlichen.

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“Das erste Album ist sehr persönlich, es geht um Lebenserfahrungen. Auf dem zweiten Album wird das etwas anders, da werden auch andere Rollen beleuchtet.”

MUM: Erzählt doch noch einmal etwas darüber, wie ihr zueinander gefunden habt. Ich habe gelesen, ihr wart in Schulbands.

D: Ja, wir kannten uns schon, als wir noch sehr jung waren, so 12 oder 13. Wir waren mehrere Leute, die Musik mochten und auch selbst machten, und da gab es verschiedene kleine Bands. Diese Band ist dann daraus entstanden, so vor sechseinhalb Jahren.

MUM: Dann habt ihr auch gleich als Trio angefangen?

D: Ja. Die anderen Bands damals waren alle zu viert oder fünft, aber wir haben es zu dritt probiert und es hat geklappt.

MUM: Was für Musik habt ihr denn vorher gespielt?

D: Coverversionen von Sonic Youth und so.

MUM: Was hört ihr zuhause für Musik?

D: Damals habe ich viel amerikanische Musik gehört, Smashing Pumpkis, Rage Against The Machine und so. Heute höre ich Primus, Jimi Hendrix und Deus.

MUM: Ihr habt damals das “In The City Conference” in Manchester gespielt und den ersten Preis gewonnen?

C: Nein, wir sind Dritter geworden. Da waren viele Nachwuchsbands, die dort gespielt haben.

MUM: Das war euer erster größerer Gig?

D: Ja, und vor allem der erste, der nicht in Devon stattfand. Dort hatten wir schon recht viel gespielt.

MUM: Von dem “In The City Conference”-Gig an hat es nicht mehr so lange gedauert, bis ihr den Plattenvertrag in der Tasche hattet, oder?

C: Nein, das waren nur so drei oder vier Monate. Wir hatten einiges Interesse aus Amerika. In England wurden gerade nicht viele neue Bands unter Vertrag genommen, also haben wir die Angebote aus Amerika angeschaut und uns für das beste entschieden.

MUM: Wieso habt ihr euch für John als Produzenten entschieden?

C: Wir haben ihn schon eine ganze Weile, bevor wir unter Vertrag waren, getroffen. Wir wurden Freunde, und er wollte das Album machen. Wir kannten einige Sachen, die er zuvor gemacht hatte, und fanden sie sehr gut. Also entschieden wir uns dafür, mit ihm aufzunehmen.

MUM: Arbeitet ihr weiter mit ihm zusammen?

D: Nein, das denke ich nicht. Vielleicht in der Zukunft irgendwann mal, aber für das nächste Album versuchen wir sicher etwas Neues. Wir werden an einem anderen Ort aufnehmen, und mit jemand anderem.

MUM: Arbeitet ihr gerade an neuen Sachen?

D: Ja, wir haben schon ein paar neue Tracks, die wir auch in das Set bereits einfügen.

MUM: Nervt es euch eigentlich, immer diesen Vergleich mit Radiohead unter die Nase gehalten zu bekommen?

D: Nein, nicht wirklich. Jeder redet darüber, aber das stört uns nicht so, obwohl es nicht so zutrifft. Ein Einfluss von uns ist Jeff Buckley. Kann sein, dass Radiohead auch von ihm beeinflusst sind.

MUM: Magst du Radiohead?

D: Ja.

MUM: Ihr habt Red Hot Chili Peppers, Bush, Live und viele andere große Bands bereits auf Tour supportet. Was habt ihr von den Bands gelernt?

D: Die Red Hot Chili Peppers sind eine sehr gute Band, die wir uns jede Nacht angeschaut haben. Die lassen sich nach all den Jahren, auch wenn sie die ganz großen Arenen spielen, nicht ablenken von all dem, was um sie herum passiert, die konzentrieren sich auf ihre Musik. Davon haben wir bestimmt etwas gelernt.

MUM: Gibt es eine Band, wo ihr sagen würdet, dass ihr mit ihnen am meisten Spaß hattet?

C: Die letzte Tour war gut.

D: Ja, war sie. Bush sind nette Jungs, das hat Spaß gemacht.

MUM: Als ihr im November in Deutschland auf kleiner Clubtour wart, da kamen ja sicher noch nicht ganz so viele Leute, heute spielt ihr schon – wenn auch in kleinen Hallen – vor ausverkauften Häusern. Wie seht ihr die Entwicklung für die Band in der Zwischenzeit?

C: Die lief sehr gut für uns. Wir hatten ja damals nur ganz wenige Gigs, und dann kamen wir noch mit Bush und Live nach Deutschland. Dies ist nun also unsere erste richtige Tour hier, und sie läuft bisher sehr gut, es macht Spaß.

D: Es ist auch gut, als Headliner zu spielen. Wir hatten wirklich viele Support-Gigs.

MUM: Seid ihr irgendwie überrascht über euren Erfolg?

D: Schon. Im letzten Jahr ist wirklich viel passiert. Das ist eine stetige Kurve, die recht steil nach oben zeigt, und mit jeder Single geht es weiter bergauf.

MUM: Was kommt als nächstes?

D: Jetzt touren wir erstmal noch, dann spielen wir viele Festivals. Rock am Ring, Rock im Park, Bizarre, Roskilde, Pink Pop. Dann machen wir das Album fertig.

MUM: Habt ihr ein Datum, wann es erscheinen soll?

C: Vielleicht Anfang nächsten Jahres, aber wir sind nicht sicher. Das hängt auch davon ab, ob wir in Japan und Australien touren oder nicht. Wir hoffen, die Scheibe Ende des Jahres aufzunehmen.

MUM: Wie sind die Reaktionen in Amerika?

D: Die sind gut, sehr gut. Das war anders, wir spielten große Arenen, und den Leuten schien es zu gefallen. Komisch ist das aber schon, du hast riesige Arenen, und alles ist bestuhlt. Merkwürdig.

MUM: Gab es mal einen besten Gig für euch?

C: Da gibt es verschiedene Gründe, warum ein Konzert gut ist. Manchmal ist ein Konzert für uns einfach klasse, weil das Publikum klasse ist. Manchmal ist es klasse, weil wir gut spielen.

D: Das Konzert in Hamburg letztens war auch sehr gut.

MUM: Und ein schlechtestes Konzert?

C: Ja, das war in London, und es wurde live ins japanische Fernsehen übertragen. Da ging alles schief. Die Instrumente fielen aus, alles war konfus, und das live im Fernsehen. Das war wohl das schlechteste.

MUM: Ihr seid ja nun noch nicht so lange im Business, aber würdet ihr sagen, dass ihr euch das eine oder andere anders vorgestellt habt?

C: Es gibt schon einiges, worüber man vorher nicht so viel nachdenkt. Man denkt an Konzerte und Studio, aber da gehört noch so viel mehr dazu, der Umgang mit der Presse und all dies.

D: Wir mussten auch erst einmal lernen, Interviews zu geben. Videos, Artwork, andere Sachen…

MUM: Würdet ihr euch mehr als Liveband bezeichnen?

C: Auf jeden Fall. Als wir angefangen haben, da war dies der Antrieb, wir wollten live spielen.

MUM: Was denkt ihr über die MP3-Diskussion?

D: Na ja, für die Plattenindustrie ist das natürlich wirklich nicht so toll, die Firmen verlieren dadurch viel Geld. Um den Namen einer Band bekannt zu machen, ist dies alles aber hilfreich. Kann sein, dass man irgendwann kaum noch Platten verkauft, dann kann man aber auf Tour gehen und vor vielen Tausend Leuten spielen, weil sie dich trotzdem kennen.

MUM: Was wollt ihr mit den Texten ausdrücken?

D: Das erste Album ist sehr persönlich, es geht um Lebenserfahrungen. Auf dem zweiten Album wird das etwas anders, da werden auch andere Rollen beleuchtet.

MUM: Habt ihr Ambitionen, auch mal Texte zu schreiben?

D: Nein, das macht Matthew.

MUM: Gibt es eine Band, mit der ihr gerne mal spielen würdet?

D: Ja, Deftones und Deus.

MUM: Deftones spielen auch Rock am Ring.

D: Wirklich? Hoffentlich am gleichen Tag wie wir.

MUM: Ich weiß nur aus dem Kopf, dass ihr gleichzeitig mit Korn spielt, was mich sehr ärgert.

C: Mit Korn? So ein Mist.

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MUM: Mucke & Mehr
D: Dominic von Muse
C: Chris von Muse

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