Home Film “HERRliche Zeiten” – wenn das Fiese im Menschen herausgekitzelt wird

“HERRliche Zeiten” – wenn das Fiese im Menschen herausgekitzelt wird

Autor: Tobi

"HERRliche Zeiten"

HERRliche Zeiten

Darsteller: Katja Riemann, Oliver Masucci, Samuel Finzi, Lize Feryn
Regie: Oskar Roehler
Dauer: 110 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.HerrlicheZeiten-Film.de
Facebook: facebook.com/HerrlicheZeiten.Film


Oskar Roehler (“Elementarteilchen”, “Quellen des Lebens”) beschert uns mit “HERRliche Zeiten” zwar eine Romanverfilmung, allerdings nicht des gleichnamigen (wenn man mal die Großschreibung des “HERR” ignoriert) Familiendramas von Norbert Leithold, sondern des Buchs “Subs” von Thor Kunkel – auch wenn Jan Berger in seinem Drehbuch einige Details geändert hat.

Den Müller-Todts geht es gut. Dies liegt vor allem am Geld, was Claus (Oliver Masucci) als Schönheitschirurg nach Hause bringt, aber auch seine Gattin Evi (Katja Riemann) verdient als Gartenarchitektin noch dazu. Kein Wunder also, dass die beiden für ihre schicke Villa eine Haushaltshilfe beschäftigen. Da diese eines Tages aber nicht mehr erscheint, gibt Claus nach einigen Gläsern Rotwein eine provokant formulierte Anzeige auf. Sein “Sklave/Sklavin gesucht” verstehen viele allerdings nicht augenzwinkernd, und so steht am nächsten Tag eine Horde an Fetischisten in Lack und Leder vor der Haustür.

Als Claus den Irrtum entschuldigend aufklärt, marschiert die schwarze Meute ab. Dann aber spricht Bartos (Samuel Finzi) bei ihnen vor und bietet seine Dienste an – und der sieht ganz normal aus, kommt in schickem Anzug daher, dazu noch gebildet und mit Kochkünsten gesegnet. Zusammen mit seiner Frau Lana (Lize Feryn) möchte er den Müller-Todts dienen, und das nicht nur stundenweise, sondern dauerhaft. Auch wenn Evi und Claus anfangs zweifeln, stellen sie Bartos an und bald schon finden sie Gefallen an den Annehmlichkeiten, die weit über das Putzen hinaus gehen – hier wird auch delikat gekocht und die beiden werden rundum mit Stil verwöhnt.

Selbst die anfänglich noch schlechtes Gewissen und Unbehaglichkeit erzeugende Unterwerfigkeit, mit der Bartos und Lana dienen, wird bald schon angenehm – warum sollte man sich nicht mal “Herr” nennen lassen, wenn man schon wie ein römischer Kaiser behandelt wird. Und da natürlich auch die Wünsche der Herrin im Fokus stehen, engagiert Bartos mal rasch eine Wagenladung illegal angestellter Bulgaren, die für einen Hungerlohn im Garten einen Swimmingpool für Evi graben. Dies geht dann aber doch zu weit, und so gerät die Situation mehr und mehr außer Kontrolle.

Evi (Katja Riemann) und Claus Müller-Todt (Oliver Masucci) zeigen Bartos (Samuel Finzi) ihren Garten (© 2018 Concorde Filmverleih GmbH)

Evi (Katja Riemann) und Claus Müller-Todt (Oliver Masucci) zeigen Bartos (Samuel Finzi) ihren Garten
(© 2018 Concorde Filmverleih GmbH)

Die Geschichte von “HERRliche Zeiten” besitzt immenses Potenzial, da sie so wunderbar vor Augen führt, wie der Mensch seine eigenen Werte manchmal mit Füßen tritt, wenn plötzlich alles so bequem und angenehm sein kann, und wie eine gar nicht existent geglaubte Fiesheit plötzlich ans Licht tritt. Dem Film gelingt es aber leider nicht, einen hiermit zu packen.

Die liegt zum einen daran, dass hier eigentlich niemand sympathisch daher kommt. Claus ist irgendwo zwischen lebensfrohem Rheinländer und peniblem Arzt anstrengend, Evi kommt als einzige noch über Werte grübelnde Esoterikerin als Wandelcharakter daher, Bartos ist durch seine Unterwürfigkeit erst unglaubwürdig (hierzu folgt aber noch eine Aufklärung, die nicht zündet), dann nervig, und die hübsche Lana lässt jegliches Profil vermissen. Hinzu kommt, dass die irrwitzigen Partys des reichen Arabers Mohammed (Yasin el Harrouk) auf dem Grundstück quer über die Straße genauso unglaubwürdig wirken wie die plötzlich aufkommende Freundschaft zu diesem – und wenn der Film auf so etwas schon nicht verzichtet, dann sollte er das Ganze wenigstens extremer ausreizen in der gemeinsamen “römischen Nacht”.

Katja Riemann spielt ihre Rolle gut, während man Oliver Masucci in “Er ist wieder da” oder gerade erst “Spielmacher” (Kritik hier) schon weit besser und glaubwürdiger gesehen hat, hier wirken seine Mimiken zu aufgesetzt. Samuel Finzi füllt seine Rolle so lange gut aus, wie er unterwürfig ist – jegliche Dominanz hingegen nimmt man ihm nicht ab. Insgesamt wirkt der Film somit ein bisschen wie eine vergebene Großchance im Sport – und wie heißt es da so oft: “Da hätte man mehr draus machen können, nein, müssen.”

Bewertung: 5 von 10 Punkten

 

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