Home Film “Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer” – aufwändig und nah am Original

“Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer” – aufwändig und nah am Original

Autor: Tobi

"Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" Filmplakat

Jim Knopf & Lukas der Lokomotivführer

Darsteller: Solomon Gordon, Henning Baum, Annette Frier, Christoph Maria Herbst
Regie: Dennis Gansel
Dauer: 105 Minuten
FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung
Website: www.warnerbros.de/kino/jim_knopf_und_lukas_der_lokomotivfuehrer.html
Facebook: facebook.com/jimknopf.film


“Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer…” – zumindest jeder jenseits der 40 Jahre hat bei diesen Worten sofort eine Melodie im Ohr und erinnert sich an frühe, in einigen Aspekten bessere Zeiten. Damals ließen sich Kinder noch auf eine Art und Weise unterhalten, bei der sich die heutigen oft abwenden würden. Statt ganzer Fernsehsender mit Kinderserien hatten wir ein paar Sender nur und freuten uns – wenn wir überhaupt fernsehen durften – über hin und wieder mal eine Ausstrahlung für Kinder, und besonders über das Ferienprogramm. Und das, was man sah, war liebevoll handgemacht. Statt der heutigen, actionreichen Knaller aus den Animationsstudios gab es mit Charme gezeichnete Serien oder als Realproduktionen gefangen nehmende Mehrteiler, in denen Schauspieler wie Thommy Ohrner (“Timm Thaler”, “Manni, der Libero”) oder Patrick Back (“Silas”, “Jack Holborn”) uns fesselten.

Damals, als auch die Erwachsenen noch keine Filme on demand schauen konnten und für ihren Samstagabend-Wunschfilm per Telefon abstimmten, gab es auch die toll gemachten Abenteuer der Augsburger Puppenkiste. Das Marionettentheater, das es bereits seit den 50er-Jahren gibt und welches auch heute noch existiert, brachte immer wieder auch Stücke ins Fernsehen. Am bekanntesten waren hierbei “Urmel aus dem Eis” (1969) und “Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer”. In fünf Folgen wurde hierbei 1961 das ein Jahr zuvor veröffentlichte Kinderbuch von Michael Ende mit Marionetten gespielt, dazu gab es besagtes, eingängiges Titellied.

Mit “Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer” hatte Michael Ende sein erstes Buch veröffentlicht, und es sollte zu den erfolgreichsten und beliebtesten Kinderbüchern im deutschsprachigen Raum überhaupt gehören. Von den ca. 20 Millionen Büchern, die Ende in Deutschland verkaufen sollte, machte Jim Knopf ein Viertel aus – in den 70er-Jahren sollten schließlich noch Klassiker wie “Momo” oder “Die unendliche Geschichte” folgen.

"Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" (© 2018 Warner Bros. Ent)

(© 2018 Warner Bros. Ent)

Nun also kommt die erste Realverfilmung von Michael Endes Debüt ins Kino. Regisseur Dennis Gansel hatte hierfür ein für deutsche Verhältnisse großes Budget von ca. 25 Millionen Euro zur Verfügung, und man sieht es dem Film auch an. Nicht nur die kleine Insel Lummerland mit ihren zwei Bergen, dem Schloss von König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte (Uwe Ochsenknecht) und eben der kleinen Eisenbahnlinie kommt optisch äußerst ansprechend daher. Der gesamte Film ist aufwändig gemacht, behält hierbei allerdings in vielen Momenten den damaligen Charme, wenn sich Lokomotive Emma zum Beispiel als Drache verkleidet, was extra einfach aussieht im Vergleich zu den heutigen technischen Möglichkeiten.

Wir sehen die Geschichte des einst per Paketboten auf der Insel angelieferten Jim Knopf (Solomon Gordon), der als Junge mit seinem Freund, dem Lokomotivführer Lukas (Henning Baum) und der Dampflok Emma in die weite Welt zieht, nachdem der König der Meinung war, die Insel sei zu klein für alle und die Bahn müsse daher ihren Betrieb einstellen. Die Reise führt sie ins Reich des Kaisers von Mandala/China. Der sehr kleine aber sehr alte Junge Ping Pong erklärt ihnen, dass der Kaiser sehr traurig sei, da seine Tochter Li Si entführt worden sei. Jim und Lukas haben ja sowieso nichts anderes vor, entscheiden sich also, zu helfen und sich in die Stadt der Drachen zu wagen. Natürlich lauern auf dem Weg einige Gefahren.

Die Umsetzung ist nah am Buch und auch ansprechend gemacht, dürfte aber nur Kinder so richtig fesseln. Für diese ist das Ganze allerdings evtl. etwas zu langatmig, da Gansel nichts auslässt und der Film mit seiner Aneinanderreihung von Problemen und Lösungen über 105 Minuten streckt, anstatt ihn auf 90 Minuten einzudampfen, was durchaus machbar gewesen wäre.

Auch wenn mit Annette Frier als Frau Waas, Christoph Maria Herbst als Herr Ärmel, Uwe Ochsenknecht als König und Milan Peschel ist als Scheinriese TurTur bekannte Gesichter zu sehen sind und auch anständig spielen, wird Erwachsenen der Esprit fehlen, an den sie sich aus ihrer Kindheit erinnern – aber damals war man eben vielleicht auch noch Kind und hat das Ganze als Buch oder Puppenspiel anders aufgenommen. Auch das Lied von damals taucht ja nur angedeutet auf, dafür gibt es bombastischen Score zu hören.

Etwas merkwürdig mutet an, dass sich Gansel offensichtlich nicht recht entscheiden konnte, ob er einen deutschen oder internationalen Film realisieren will. Solomon Gordon spielt Jim gut, aber die Tatsache, dass er deutlich merkbar synchronisiert wurde, stört etwas – so wie auch die Stimme von Ping Pong. Der Film versäumt es nicht, ein bisschen Botschaft in heutigen Zeiten von Flüchtlingskrisen zu streuen, was durchaus sinnvoll an dieser Stelle ist – andererseits werden die Chinesen äußerst einfach dargestellt, hier hätte man auch etwas beschönigen können. Alles in allem also aufwändiges Kinderkino mit Positivem und Abstrichen. Und sollte der Streifen ein großer Erfolg werden, dann hat Ende mit “Jim Knopf und die Wilde 13” ja 1962 noch einen Nachfolger veröffentlicht, der auch filmisch folgen könnte…

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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