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“Mr. Long” – ein einfühlsames Meisterstück zum Thema Integration und Toleranz

Autor: Mick

Mr. Long

Mr. Long

Darsteller: Chen Chang, Runyin Bai, Yiti Yao, Sho Aoyagi
Regie: SABU
Dauer: 118 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: rapideyemovies.de/mr-long
Facebook: facebook.com/rapideyemovies


Der japanische Regisseur SABU, mit bürgerlichem Namen Hiroyuki Tanaka, ist seit Jahren gern gesehener Gast auf der Berlinale und war nach zuletzt “Chasuke’s Journey” 2015 auch dieses Jahr wieder mit seinem neuesten Werk im Wettbewerb vertreten. Nun folgt also auch der reguläre Start von “Mr. Long” in den deutschen Kinos, der von der Jury leider nicht mit einem Preis bedacht wurde. Verdient hätte er es allemal gehabt, denn er schildert das Schicksal des Auftragskillers Mr. Long (Chen Chang) derart eindrücklich, dass die Konkurrenz bei den Filmfestspielen schon enorm stark gewesen sein muss.

Den skrupellosen Taiwanesen Mr. Long, der es gerne auch mal mit vielen Gegnern im blutigen Nahkampf aufnimmt, führt ein Auftrag ins entfernte Tokio, wo er einen Gangsterboss liquidieren soll. Das geht diesmal aber gründlich schief, und so findet er sich nur mit viel Glück und schwer verletzt in einem Tokioter Vorort-Slum wieder. Dort findet ihn der kleine Jun (eine echte Entdeckung: Runyin Bai), der ihn zunächst erstmal schüchtern mit dem Nötigsten versorgt. So reißerisch und brutal der Film auch gestartet sein mag, schon jetzt tritt SABU gewaltig auf die Bremse, zeigt nachhaltig, dass er auch ganz leise Töne anschlagen kann und liefert damit ein frühes Beispiel für den wahnsinnigen Facettenreichtum dieses Streifens.

Gerade noch Begleiter des erbarmungslosen Einzelkämpfers Mr. Long, lernt man jetzt seine andere Seite kennen, wenn er und der kleine Jun sich Millimeter für Millimeter annähern. Man kann förmlich spüren, wie langsam das Vertrauen zwischen ihnen wächst, so wunderbar ist das in ruhigen, grauen Bildern der heruntergekommenen Bretterbuden eingefangen. Und wird gleich im nächsten Moment kontrastiert von wild geschnittenen Rückblenden, die einem drastisch vor Auge führen, wie Jun mit seiner Junkie-Mutter (Yiti Yao) im dreckigen Ghetto landen konnte.

Das ist genauso Mitleid erweckend, wie die Fürsorge einer japanischen Großfamilie für Mr. Long das Herz erwärmt. Die gewinnt er im Handumdrehen für sich, als sie zum ersten Mal seine schmackhafte Suppe probieren und ihn sofort als Koch für die nächste Familienfeier engagieren. Es entsteht in kürzester Zeit eine regelrechte Freundschaft, wird Mr. Long doch trotz Sprachbarriere völlig vorurteilsfrei mit einer frisch renovierten Hütte inkusive mobiler Garküche zum Broterwerb ausgestattet. Kaum vorstellbar ist es da, dass der gestrandete Einzelgänger, der sich so rührend um Jun und seine Mutter kümmert und sich nebenbei mit Tokios Unterwelt anlegt, die Tage bis zu seiner Rückkehr nach Taiwan auf dem Kalender abstreicht.

SABU legt hier ein einfühlsames Meisterstück zum Thema Integration und Toleranz vor, verpackt es in einen spannenden Kriminalplot und bedient dabei so viele Genres, dass man daraus gut und gerne drei Filme hätte machen können. Seiner aber wird dadurch emotional so dicht, dass man ihm auch die eine oder andere übertrieben gewalttätige Kampfszene durchgehen lässt.

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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