Home Film “One For The Road” – ein warnendes, aber auch unterhaltsames Alkoholiker-Drama

“One For The Road” – ein warnendes, aber auch unterhaltsames Alkoholiker-Drama

Autor: Tobi


"One For The Road" Filmplakat (© 2023 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)

One For The Road

Darsteller: Frederick Lau, Nora Tschirner, Burak Yiğit, Friederike Becht
Regie: Markus Goller
Dauer: 114 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.OneForTheRoadFilm.de
Facebook: facebook.com/SonyPicturesGermany
Kinostart: 26. Oktober 2023


Nachdem uns Regisseur Markus Goller und Drehbuchautor Oliver Ziegenbalg mit dem zurecht zum Kinohit avancierten “25 km/h” 2018 ein wunderbares Roadmovie bescherten, in dem Bjarne Mädel und Lars Eidinger als Brüder auf Mofatour und Suche nach der Vergangenheit brillierten, setzt das Erfolgsgespann nun seine Zusammenarbeit mit “One For The Road” fort. Auch wenn die Straße hier im Titel vorkommt, handelt es sich diesmal allerdings nicht um ein Roadmovie im klassischen, aber vielleicht im übertragenen Sinne, nämlich um den steinigen Weg aus dem Alkoholismus.

Zunächst einmal aber steht “One For The Road” für eine alte und nicht erst heutzutage alles andere als sinnvolle Redewendung, dass man doch noch einen Drink nehmen sollte, bevor man sich auf den Heimweg macht. Da es hierbei zumeist um Alkohol geht und auch Fahrer nicht ausgeschlossen sind, kann dies fatal enden. Im Fall von Mark (Frederick Lau) ist es zum Glück kein Unfall, der ihn nach einem feuchtfröhlichen Abend ins Interesse der Polizei rückt, sondern schlichte Dummheit, will er doch sein im engen Berliner Verkehr vor der Sause mit den Freunden nicht ganz regelkonform abgestelltes Auto eigentlich stehen lassen und “nur” kurz korrekt umparken, wobei ihn die Gesetzeshüter aber nun halt erwischt haben, was ihn den Führerschein kostet.

Frustriert findet sich Mark in einem Vorbereitungskurs für die MPU wieder, die Medizinisch-Psychologische Untersuchung, die man bestehen muss, um den “Lappen”, der heute ja nur noch in fester Kartenform ausgegeben wird, zurück zu bekommen. Hier fühlt er sich inmitten einiger wirklicher AlkoholikerInnen deplatziert, wird vom Kursleiter (toll gespielt von Godehard Giese) aber scharfsinnig in die Realität geholt: Der so witzige, beliebte und daher in allen fröhlichen Runden immer gern gesehene Mark hat ein Alkoholproblem.

Sich diesem bewusst zu werden und es anzunehmen, scheint die größte Herausforderung, hat Mark doch irgendwie nicht gemerkt, dass er schon länger jede Party bis zum Ende ausreizt und sich viel zu oft nicht nur komplett abgeschossen und zum Filmriss, sondern auch in peinliche Situationen gebracht hat. Eine solche ist es dann auch, die den nun führerscheinlosen Single ins soziale Aus befördert, denn als er beim nächsten Saufabend den wertvollen Sessel seines besten Freundes Nadim (Burak Yiğit) mit der Toilette verwechselt, ist dessen Geduld am Ende. Das Problem wird klar adressiert und Mark erst einmal gemieden, wie er schmerzhaft bald feststellen muss. Um wieder an Nadim und die alten Freunde heran zu kommen, geht er die Wette ein, dass er es schafft, so lange keinen Alkohol zu trinken, bis er seinen Führerschein zurückbekommt.

Die neue Situation immer noch nicht ganz begreifend und ernst nehmend zieht Mark mehr mit der beim MPU-Kurs kennengelernten Lehrerin Helena (Nora Tschirner) durch die Gegend, und zusammen wird dann doch wieder getrunken, was auch für seinen Job als Bauleiter, den er selbst mit Kopfschmerzen vom Abend zuvor bislang immer so zuverlässig und gut machte, Konsequenzen hat – Chefin Luisa (Nina Kunzendorf), die immer zu ihm gehalten hatte, muss die Reißleine ziehen. Langsam aber sicher begreift der konstanierte Mark das Ausmaß seines Problems, und doch ist es so schwer, dessen Herr zu werden.

"One For The Road" Szenenbild (© 2023 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)

Mark (Frederick Lau) und Helena (Nora Tschirner)
(© 2023 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH)

Mit “One For The Road” legt das Duo Markus Goller und Oliver Ziegenbalg einen Film vor, der den schwierigen Balanceakt meistert, etwas sehr Ernstes zu zeigen und trotzdem unterhaltsam zu sein. Frederick Lau ist die Optimalbesetzung für den so sympathischen, fröhlichen und im Job für seine Qualität geschätzten Mark, den alle gern haben und der jede Feier bereicherte, bis er die Kontrolle über sein Trinkverhalten verlor, was er natürlich selbst nicht wahrhaben möchte, bis die Situation gleichzeitig an verschiedenen Ende eskaliert und er sehr viel auf einmal verliert.

Der Film zeigt ihn so, dass er einem leid tut und dann doch auch nicht, hat er es doch selbst in der Hand, sein Leben wieder zum Guten zu wenden – was aber so schwer ist, wenn man doch so viel Spaß an geselligen Runden im Rausch gefunden hat und wenn bei jeder Feier und jedem abendlichen Treffen eigentlich ausnahmslos alle trinken – nur halt kontrolliert, was ihm nicht mehr gelingt. Mit Helena, die von Nora Tschirner ebenfalls stark gespielt wird, findet er eine neue Bekanntschaft, die ihm etwas Halt gibt. Da sie aber selbst nicht willens ist, komplett trocken zu werden, bergen ihre Treffen auch Gefahr für den durch den Führerscheinentzug und die Wette eigentlich motivierten Neu-Abstinenzler.

Ein entscheidender Moment des Film ist die Szene, in der Marks von Burak Yiğit großartig gespielter bester Freund einen Anruf von ihm wegdrückt, um nicht wieder Platz für Peinlichkeiten zu bieten – in fröhlicher Runde, die der vor den Kopf gestoßene Mark durch die Scheibe eines Restaurants beobachtet. Es muss sich etwas ändern, und es ist so schwer.

Goller und Ziegenbalg präsentieren uns Marks Drama nicht übertrieben sondern sehr realistisch, was einige, die sich für Gesellschafts- oder Anlasstrinker halten, dazu anregen dürfte, das eigene Konsumverhalten zu überdenken. Was ist noch Genuss, was nicht? Hierüber zu sinnieren wird automatisch angestoßen, während der Film nicht in Trübsal abgleitet, sondern im Gegenteil auch sehr viele leichte und gut unterhaltende Momente bietet, dank der wunderbar pointiert auftretenden Helena, aber auch der Treffen bei der MPU-Vorbereitung. Hier sind zwar typische TrinkerInnen-Stereotypen auszumachen, sie haben aber alle ihre eigene, gut servierte Geschichte und werden zum Glück nicht ins Lächerliche gezogen, ebenso wie der anfangs abstürzende Mark nicht für dummen Slapstick herhalten muss. Das haben die Macher bestens hinbekommen, und so ist “One For The Road” ein starker Film geworden, der inhaltlich, schauspielerisch und in seiner Inszenierung überzeugt.

Trailer:

Bewertung: 8 von 10 Punkten

 

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