Home Film “Orphan: First Kill” – atmosphärischer Horror mit nettem Handlungstwist

“Orphan: First Kill” – atmosphärischer Horror mit nettem Handlungstwist

Autor: Mick

"Orphan: First Kill" Filmplakat (© Studiocanal GmbH)

Orphan: First Kill

Darsteller: Isabelle Fuhrman, Julia Stiles, Rossif Sutherland, Hiro Kanagawa
Regie: William Brent Bell
Dauer: 99 Minuten
FSK: freigegeben ab 16 Jahren
Website: www.studiocanal.de/title/orphan-first-kill-2022
Facebook: facebook.com/STUDIOCANAL.GERMANY


Es hat wirklich ungewöhnlich lange gedauert, bis jetzt eine Fortsetzung des „Orphan“-Films an den Start gebracht wird. Schließlich datiert der erfolgreiche „Orphan – Das Waisenkind“ schon aus dem Jahr 2009, und genau genommen ist der neue Streich des Horrorexperten William Brent Bell („The Boy“, „Stay Alive“) auch weniger Fortsetzung als vielmehr die Vorgeschichte des damaligen blutig fehlgeschlagenen Adoptionsversuchs.

Denn es geht zurück nach Estland, woher besagtes Waisenkind Leena Klammer, die ja im ersten Teil als Esther bei ihren neuen Eltern in den USA ein wahres Blutbad angerichtet hat, ursprünglich stammt. Und sehr schnell zeigt uns hier auch Regisseur Bell, mit welch gefährlichem Charakter wir es bei ihr zu tun haben. Dabei wird Leena auch diesmal wieder von Isabelle Fuhrman gespielt, die der dämonischen Psychopathin ein wunderbar unschuldiges Gesicht verleiht und jetzt auf jeden Fall erstmal für einen wichtigen Wiedererkennungseffekt sorgt. Dass die damals 12-Jährige die kleinwüchsige Erwachsene dermaßen abgeklärt gab, während sie jetzt, inzwischen 25-jährig, mit einigen Tricks auf die Kindesmaße der nochmal zwei Jahre jüngeren Esther reduziert werden musste, wirkt fast ein bisschen anachronistisch, tut der Glaubwürdigkeit ihrer überzeugenden Darstellung aber überhaupt keinen Abbruch.

Wir sind im Jahr 2007, als Leena unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen in einer psychiatrischen Anstalt betreut wird, und die neue Kunsttherapeutin dort gerade ihren Dienst antritt. Die unterschätzt zwar die Gefährlichkeit der wachstumsgestörten 31-jährigen keinesfalls, ist deren Skrupellosigkeit jedoch chancenlos ausgeliefert. Mit einem ersten Vorgeschmack an Brutalität gelingt der mit ihrer unfreiwilligen Hilfe die Flucht, und Bell so ein standesgemäßer Einstieg in seinen blutigen Horrorstreifen. Schnell ist anschließend über das Internet ein passendes vermisstes Kind in den USA gefunden und schon wird aus der flüchtigen Estin Leena die von ihren Eltern sehnsüchtig zurückerwartete, vier Jahre verschollene Amerikanerin Esther.

Doch schon kurz nach dem ersten Wiedersehen kommen Mutter Tricia (Julia Stiles) erste Zweifel, und Esthers Interesse gilt bald nicht mehr primär den geordneten Lebensverhältnissen der wohlhabenden Upper-Class-Familie in Connecticut sondern vor allem Vater Allen (Rossif Sutherland), mit dem sie passenderweise auch ihr künstlerisches Hobby teilt. Wenig verwunderlich häufen sich deshalb im Hause die Unstimmigkeiten und merkwürdigen Vorfälle, die kurze Zeit später ebenfalls den misstrauischen Polizeiinspektor Donnan (Hiro Kanagawa) auf den Plan rufen. Allesamt jedoch haben sie die Rechnung ohne die kaltblütige, hochintelligente Esther gemacht, der selbst ihr abgebrühter älterer Bruder Gunnar (Matthew Finlan) nicht das Wasser reichen kann.

"Orphan: First Kill" Szenenbild (© Studiocanal GmbH / Paramount Pictures / Steve Ackerman)

Esther (Isabelle Fuhrman)
(© Studiocanal GmbH / Paramount Pictures / Steve Ackerman)

Bells Film wird bis dahin wieder einmal getragen von der wundervollen Isabelle Fuhrman, die ihrer Esther nur in Sekundenbruchteilen ein diabolisches Lächeln ins kindliche Unschuldsgesicht zaubern kann, was einem jedes Mal fast das Blut in den Adern gefrieren lässt, bestimmt aber gewaltiges Gruselpotenzial besitzt. So nimmt man ihr die zu allem fähige Wahnsinnige jederzeit ab und wartet gespannt auf deren neue mörderische Pläne. Leider werden die nach einer gewissen Zeit allzu vorhersehbar, so dass das Drehbuch gerade noch rechtzeitig einen wirklich überraschenden Twist bereithält, der aus dem etwas eindimensionalen Horrorstück unvermittelt einen handfesten Psychothriller macht.

Das belebt das „Orphan“-Prequel merklich, das zur Mitte hin ein wenig in den innerfamiliären Strukturen inklusive therapeutischer Wirkung der wieder aufgetauchten, verloren geglaubten Tochter zu versanden droht und erhält somit die Spannung geschickt aufrecht. Schade nur, dass einen gerade zum Showdown das Gefühl beschleicht, als wäre das Budget ausgeschöpft gewesen, so billig kommt einem das Setting bisweilen vor. Trotzdem ist Bell mit seiner Vorgeschichte der mordenden Waise Esther ein logisch stimmiger Thriller mit Schockfaktor gelungen, der sich mit seiner innovativen Wendung angenehm von vergleichbarer Massenware abhebt.

Trailer:

Bewertung: 6 von 10 Punkten

 

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