Home MusikCD-Rezensionen Deep Purple untermauern mit Coverversionen alter Stücke ihre Spielfreude

Deep Purple untermauern mit Coverversionen alter Stücke ihre Spielfreude

Autor: Tobi

Deep Purple "Turning To Crime"

Deep Purple

“Turning To Crime”

(CD, earMUSIC, 2021)

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Nachdem Deep Purple 2020 und somit im 52. Jahr ihrer langen Karriere mit ihrem 21. Studioalbum “Whoosh!” (lies unsere Rezension hier) einen guten Longplayer vorlegten, der ebenso wie die Vorgänger “Infinite” (2017) und “Now What?!” (2013) Platz 1 der deutschen Charts eroberte und ihnen in Großbritannien mit Rang 4 die beste Platzierung seit 1974 einbrachte, gibt es mit “Turning To Crime” nur ein Jahr später bereits einen Nachfolger.

Dass die Rocker auch im fortgeschrittenen Alter noch jede Menge musikalische Spielfreude besitzen, untermauerten sie zuletzt imposant. Nun widmen sich Ian Gillan, Roger Glover, Ian Paice, Steve Morse und Don Airey als sogenanntes Mark-VIII-Line-Up der Band erstmals auf einem kompletten Album Songs, die nicht von der Band selbst geschrieben und zuvor von anderen Künstlern aufgenommen wurden.

Deep Purple (© earMUSIC)

(© earMUSIC)

Eine Cover-Scheibe liegt also vor, und als müssten sie sich hierfür schuldig fühlen sehen wir die Herren auf dem Cover wie in Mugshots, also den typischen Aufnahmen, wie sie die amerikanische Polizei von Tatverdächtigen anfertigt – und ein Aufkleber auf der Plastikhülle der CD haut mit “!WARNING! Contains Covers … 100% Deep Purple” in die gleiche Kerbe.

Schuldig fühlen muss sich hier allerdings niemand, denn wenn man nach mehr als 50 Jahren auch einfach mal aus Spaß an der Freude und als Huldigung anderer Kompositionen diese aufnimmt, dann kann sich das kaum einer so leisten wie Deep Purple. Die erste Single “7 And 7 Is”, deren Video einen exklusiven Blick hinter die Kulissen bei der Entstehung des neuen Longplayers gewährte, machte dann auch entsprechend Appetit auf die Neuinterpretationen, rockte die Version des Love-Stücks aus den 60ern doch gut ab.

Nur dem härteren Rock treu zu bleiben wäre aber langweilig und auch Deep Purple nicht würdig, und so schieben sie mit “Rockin’ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu” eine mitreißende Rock’n’Roll-Nummer nach, die nicht die einzige bleiben soll – einst in den 50ern von Huey “Piano” Smith geschrieben und aufgenommen, Anfang der 70er dann von Johnny Rivers noch bekannter gemacht.

Wenn mit dem 1969 von Fleetwood Mac veröffentlichten “Oh Well” eine Nummer folgt, die von den Oldtimern des Rock aus ihren klanglichen Limitierungen von damals befreit und zu einer fetten Nummer umgearbeitet wird, dann wissen wir, dass hier Abwechslung geboten wird, dass hier keine Langeweile aufkommt, dass Deep Purple immer noch ihre Instrumente beherrschen samt sehr ordentlichem Gesang und dass Produzent Bob Ezrin erneut für den optimalen Sound gesorgt hat.

“Jeder weiß, dass ‘Oh Well’ ein großartiger Song ist”, erklärt Roger Glover. “Steve hat das Demo hierfür aufgenommen. Man weiß nie so genau, wohin es sich mit Steve entwickelt, denn er ist sehr erfinderisch. Bis zu einem gewissen Punkt, als die Strophen im Song waren, war der Song dem Original sehr ähnlich. Und dann ging das Ding plötzlich ab wie eine Rakete… in andere Sphären.”

Das Album wurde erstmals in ihrer langen Karriere Pandemie-bedingt an getrennten Orten aufgenommen, die Jungs konnten also nicht im selben Raum zusammen spielen, und doch klingt die Scheibe so, als hätten sie zusammen sehr viel Spaß gehabt, was durchaus eine Kunst ist, die nicht jeder beherrscht.

Mitch Ryders 1967er-Rock’n’Roll-Knaller “Jenny Take A Ride!” ist eine hervorragende Nummer, die hier nun verschiedene Instrumente partiell in den Vordergrund stellt, denn den Mitgliedern von Deep Purple ist es offenhörbar wichtig, sich nicht im Hintergrund einfach nur als Name-Dropping mitschleppen zu lassen um der Band und Fans Willen, sondern zu musizieren, zu spielen, zu glänzen – und das tun sie in einem Maß, von dem sich so manch junge Truppe mehrere Scheiben abschneiden könnte.

Bei Bob Dylans 1971er-Song “Watching The River Flow” ziehen sie das Tempo noch einmal ordentlich an, das auf die 40er-Jahre zurück gehende, aber vor allem von B. B. King und Ray Charles bekannte “Let The Good Times Roll” wird als fette Blues-Rock-Nummer verabreicht, und auch Little Feats “Dixie Chicken” liegt zwischen Blues und Rock’n’Roll, bevor The Yardbirds’ “Shapes Of Things” wieder mehr im Rock angesiedelt ist und Johnny Hortons “The Battle Of New Orleans” sogar eine deutliche, sehr stimmungsvolle Folk-Note mit einfließen lässt.

Mit Bob Segers “Lucifer” wird wieder gut abgerockt, und das ist auch bei Creams “White Room” so, womit Deep Purple dann auch wieder wirklich in ihrem angestammten Metier angekommen wären. Abschließend wandeln sie dann noch mit dem achtminütigen “Caught In The Act”-Medley zwischen den Genres und fusionieren hier rein instrumental Songs von Freddie King, Booker T. and the M.G.’s, den Allman Brothers, Led Zeppelin und der Spencer Davis Group. Eine sehr beachtliche, viel Freude bereitende Cover-Scheibe.

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Bewertung: 8 von 10 Punkten

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