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Jan Plewka beschert ein tolles Live-Album mit weiteren Songs des großen Rio Reiser

Autor: Tobi

Jan Plewka "Wann wenn nicht jetzt"

Jan Plewka

“Wann wenn nicht jetzt”

(CD+DVD, Fleet Union, 2021)

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Jan Plewka kennt man als Solokünstler, vor allem aber als Frontmann der Hamburger Rockband Selig, die in den 90er-Jahren mit Songs wie der großartigen Ballade “Ohne dich” oder ihrer Coverversion von “Knockin’ on Heaven’s Door” aus dem Soundtrack des gleichnamigen Films Erfolge verbuchen konnte. Dieser ist er nach zehnjähriger Trennung seit 2008 wieder, und im letzten Jahr war er dann auch Bestandteil der siebten Staffel von “Sing meinen Song – Das Tauschkonzert”, wo er sein Können untermauern und Songs von ihm und Selig noch bekannter machen konnte.

Zwischenzeitlich war Plewka auch als Schauspieler aktiv, u.a. im Film “Alles Lüge – Die Wahrheit über Rio Reiser” (2007). Und dieser hat es ihm angetan, auch heute noch, wo wir kürzlich seinen 25. Todestag beklagen konnten. Vor 17 Jahren widmete sich Plewka auf einer Tour erstmals Liedern von Rio und seiner legendären Band Ton Steine Scherben – und brachte es in Folge auf mehr als 200 ausverkaufte Vorstellungen, von denen eine als “Jan Plewka singt Rio Reiser” auch auf DVD veröffentlicht wurde.

Jan Plewka und die schwarz-rote Heilsarmee (© Oliver Fantitsch)

(© Oliver Fantitsch)

2019 ging Plewka mit seiner Stammband, der Schwarz-Roten Heilsarmee, erneut auf Tour, um den großen Rock-Poeten zu würdigen. Nun erscheint mit “Wann wenn nicht jetzt” (und noch plakativerem “Singt Rio Reiser II” auf dem Cover) ein Live-Album, mitgeschnitten am 16. und 17. November 2019 während der Premiere auf Kampnagel Hamburg – diesmal auch als Tonträger auf CD oder Doppel-Vinyl. Beiden Formaten liegt noch eine DVD bei, für die Tom Stromberg die Auftritte filmisch festgehalten hat und die mit 22 Liedern noch fünf mehr enthält.

17 Songs findet man folglich auf den 67 Minuten von CD und 2LP, und diese lassen sich sehr gut anhören, weil man vor allem deutlich spürt, dass Plewka die Stücke verinnerlicht hat und sie mit sehr viel Gespür für das, was Rio ausdrücken wollte, interpretiert. Er erklärt: “Mit 14 Jahren habe ich Ton Steine Scherben zum ersten Mal gehört. Seitdem bin ich ein glühender Verehrer von Rio Reiser, von seiner Musik, seiner Poesie, seinen Utopien. Seit über 15 Jahren bin ich mit diesem Programm nun schon auf Tour. Das ist die eine Konstante in meinem Leben.”

“Nachdem sich der erste Teil in erster Linie um die Liebeslieder drehte, die Reiser geschrieben hat, behandelt dieses zweite Programm vor allem die politische Seite Reisers und von Ton Steine Scherben”, erklärt Marco Schmedtje, Gitarrist und Produzent. “Wir haben bei der Bearbeitung gemerkt, dass die Songs von früher auch heute noch so aktuell sind – und dass gerade von den politischen Aussagen viele unheimlich gut in die aktuelle Zeit passen. Darum auch der Titel ‘Wann wenn nicht jetzt’.”

Mit “Menschenfresser” wird die Scheibe eröffnet, und ein weiterer Solo-Erfolg ist mit “Blinder Passagier” vertreten, das hier in einer sanften, Shanty-angelehnten Version interpretiert wurde. Es ist aber auch großes Kino, wenn untermalte Poesie wie “Zeitlos” in den aufrüttelnden Klassiker “Macht kaputt was euch kaputt macht” der Ton Steine Scherben übergeht, wenn das immer noch packende “Jenseits von Eden” aus dem sich stilistisch öffnenden und weniger linkspolitisch geprägten Album “IV” mit viel Druck gespielt wird, wenn das zu bedrohlichem Ticken gesprochene “Allein machen sie dich ein” zum wundervollen, optimistischen Liebeslied “Ich werde dich lieben” führt oder “Ich bin müde” nur mit Piano-Begleitung erklingt.

Mit dem ebenso wie “Du bist es” weltmusikalisch beeinflusstem “Komm schlaf bei mir” gibt es ein weiteres Lied der Zuneigung, das im Verbund mit der Hymne “Wenn die Nacht am tiefsten”, dem durch Reggae-Vibes groovy angerichteten “Sklavenhändler” und dem geradlinig abrockenden “Warum geht es mir so dreckig?” für viel Abwechslung sorgt.

So facettenreich war Rio eben, und der ausdrucksstarke, gesanglich erneut überzeugende Plewka bietet eine tolle Hommage an einen unvergessenen Musiker und Menschen. Mit den Scherben-Klassikern “Wir müssen hier raus” und “Mein Name ist Mensch” wird ein tolles Live-Album abgeschlossen, das von der DVD bestens komplettiert wird und für Fans von Plewka, von Reiser oder schlicht von deutscher Musik mit Tiefgang eine Bereicherung darstellt.

janplewka.com
facebook.com/janplewkaofficial

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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