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Jean-Michel Jarre knüpft mit “Equinoxe Infinity” an seinen Klassiker an

Autor: Tobi

Jean-Michel Jarre "Equinoxe Infinity"

Jean-Michel Jarre

“Equinoxe Infinity”

(CD, Columbia, 2018)

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Nach 50 Jahren Karriere zeigt sich Jean-Michel Jarre kein bisschen müde, sondern äußerst kreativ und ergiebig. Wir verzichten an dieser Stelle darauf, den Franzosen als einen der Pioniere elektronischer Musik erneut vorzustellen. Wer mehr über Jarre erfahren möchte, der lese bitte unsere Rezension zum Mitte September erst veröffentlichten Best-Of-Album “Planet Jarre – 50 Years Of Music”.

Jean-Michel Jarre (Foto: © Peter Lindbergh)

(Foto: © Peter Lindbergh)

Ein kleines Stück blicken wir aber doch zurück. Nachdem sich Jarre nach längerer Zeit ohne Erfolge mit seinem “Electronica”-Zweiteiler 2015 und 2016 wieder in den Gehörgängen von Elektrofreunden festgesetzt hatte, komplettierte er Ende 2016 noch mit “Oxygène 3” die “Oxygène”-Trilogie, bevor er sich der Zusammenstellung und dem Remastern von “Plant Jarre” widmete, das ja mit “Coachella Opening” auch noch einen neuen Track enthielt.

Parallel hierzu arbeitete Jarre am nun vorliegenden Album “Equinoxe Infinity”, womit er exakt 40 Jahre nach dem Erscheinen seines Klassikers “Equinoxe” eine weitere von Fans gewünschte Fortsetzung präsentiert. Diese spiegelt sich schon alleine im Cover-Artwork von Künstler Filip Hodas wider. Das der Musik der Zukunft gewidmete “Equinoxe” zeigte auf seinem Cover eine Masse der “Watchers” – und diese Figuren als Symbol für Maschinen, die uns beobachten, sind auch nun wieder präsent – übrigens in zwei unterschiedlichen Cover-Versionen, und auf Künstlerwunsch erhält der Käufer eine Option nach dem Zufallsprinzip. Die eine Version verkörpert eine Zukunft, in der der Mensch in Einklang mit der Natur lebt. Die andere Version zeigt die Zerstörung, die Maschinen und Menschen über den Planeten bringen könnten. Das Album basiert auf diesen beiden Visionen.

Da Jarre im Gegensatz zum 1978er-Album seine Tracks diesmal nicht einfach nur in Parts unterscheidet, sondern den Stücken trotz einer allgemeinen Bezeichnung als Movements diesmal auch erklärende Titel gegeben hat, sind “The Watchers” im sphärischen Opener auch direkt wiederzufinden. 40 Minuten sind entstanden, und die Namen der zehn Songs geben zusätzliche Hinweise, welche Ideen hinter ihnen stecken – wobei das Ganze auch wieder wie ein Soundtrack eines nicht existenten Films funktioniert und ohne Interpretation gehört werden kann.

Klanglich ist das Album natürlich wieder ein Genuss, hieran haben wir beim Soundtüftler und Perfektionisten Jarre aber auch nicht gezweifelt. Mit dem von druckvollem Elektrobass und Synthieflächen geprägten “Flying Totems” geht es mit mehr Dramatik weiter, bevor “Robots Don’t Cry” mit seinen Klangelementen am meisten an den Klassiker erinnert, und das eingesetzte Mellotron, eines der ältesten elektromechanischen Instrumente, verleiht dem stellenweise psychedelisch anmutenden Stück eine zusätzliche nostalgische Würze.

Den Titel des Songs beschreibt Jarre so: “Ich liebe Oxymora, die aus zwei gegensätzlichen Worten, zwei gegensätzlichen Gefühlen bestehen. Dieser Track ist ein Spiegel dessen. Ich benutze viel das Mellotron in diesem Stück, so ein großartiges Instrument, ein mechanisches Gerät, aber mit einer menschlichen Qualität. Es klingt wie einige Audio-Reste der Vergangenheit. Ich habe diesen Track nur einmal aufgenommen, ich habe alles – die Melodie und den Rhythmus – in einem Zug gemacht. Ich liebe die Idee, dass Technologie Emotionen hervorrufen kann, auch wenn Technologie nicht mit der Vorstellung verbunden ist, dass sie tatsächlich Emotionen hervorrufen kann. Roboter oder Künstliche Intelligenz sind nur Maschinen ohne widersprüchliche Emotionen…. Sie wären vielleicht nicht in der Lage, so effizient zu arbeiten, wenn sie Emotionen hätten. Aber wer weiß, vielleicht werden Roboter ja eines Tages Nostalgie erleben.”

Das ruhig daher kommende “All That You Leave Behind” verströmt viel Atmosphäre, und “If The Wind Could Speak” wirkt eher wie eine experimentellere Klangcollage. Mit “Infinity” bietet Jarre dann ein Stück, welches als einziges wie ein Ausreißer nach unten wirkt und das sonstige Flair von seinen Tracks vermissen lässt, da die extrem poppige Nummer wie eine 80er-Disconummer anmutet.

Zum Glück kehrt Jarre dann mit dem von Elektro-Licks beherrschten “Machines Are Learning” und dem wieder druckvolleren, treibenden und im Refrain, wenn man bei Instrumentals überhaupt von selbigem sprechen kann, mit eingängiger Melodie ausgestatteten “The Opening” in seine übliche Klangwelt und Qualität zurück. Mit dem feinen, an Violinen-Stakkato erinnernden “Don’t Look Back” und dem sphärischen Titeltrack wird das Album abgeschlossen. Bis auf “Infinity”, auf das er gerne hätte verzichten können, ein weiteres gutes Album der Elektro-Legende, wenn auch kein Meisterwerk.

“Equinoxe Infinity” erscheint als Digipack und Vinyl mit den erwähnten zwei Cover-Versionen, sowie als Boxset, welches neben dem neuen Album auch “Equinoxe Original” als Vinyl Replica CDs, Vinyl, sowie Download-Karte und Poster der Album Cover enthält.

www.jeanmicheljarre.com
facebook.com/jeanmichelJARRE

Bewertung: 7 von 10 Punkten

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