Home MusikCD-Rezensionen Marianne Faithfull bietet mit 71 Jahren neue emotionale Perlen

Marianne Faithfull bietet mit 71 Jahren neue emotionale Perlen

Autor: Tobi

Marianne Faithfull "Negative Capability"

Marianne Faithfull

“Negative Capability”

(CD, Bmg Rights Management, 2018)

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Marianne Faithfull blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück. 1965 war es, als die Britin nicht nur ihren Sohn das Licht der Welt erblicken ließ, sondern nach dem Single-Erfolg des von Mick Jagger und Keith Richards geschriebenen “As Tears Go By” auch ihr erstes Album veröffentlichte. Gerade mal 18 Jahre war sie damals alt, hatte im gleichen Jahr den Künstler John Dunbar geheiratet, den sie dann bald wieder verlassen sollte, um mit Mick Jagger zusammen zu leben.

Im Lauf ihrer somit bereits 54-jährigen Karriere sah Faithfull, die wirklich so heißt und nur ihren Vornamen von Marian Evelyn veränderte, Höhen und Tiefen. Es dauerte nicht allzu lange, bis Drogensucht sie zermürbte, Ende der 70er aber schaffte sie mit dem Album “Broken English” ein erfolgreiches Comeback und trat nun auch als Schauspielerin auf. Mitte der 80er war sie endlich weg vom Heroin, in den 90ern kollaborierte sie mit angesagten Bands wie The Chieftains oder Metallica. Im neuen Jahrtausend zog sie nach Paris, nahm ein Album mit Künstlern wie Blur, Pulp und Billy Corgan auf, konnte eine Krebserkrankung besiegen, und erhielt als Sängerin wie auch Schauspielerin immer wieder gute Kritiken, auch wenn ganz große Erfolge ausblieben.

Mit “Negative Capability” veröffentlicht Marianne Faithfull nun kurz vor ihrem 72. Geburtstag ihr 21. Studioalbum. Die zehn Songs auf 43 Minuten kommen gefühlvoll und melancholisch daher und sind vor allem autobiographische Stücke, rückblickend auf ihr bewegtes Leben.

Die erste Single “The Gypsy Fairie Queen” wurde von Shakespeares “Midsummer Night’s Dream” inspiriert, und das gemeinsam mit Nick Cave geschriebene und auch gesungene Duett ist nur eines von vielen wundervollen Stücken auf dem Album. Zur Zusammenarbeit mit Nick Cave, der auch das Piano spielt, erklärt Marianne: “Es ist ein kleines Wunder. Ich fragte Nick, ob er Musik machen würde und er schrieb zurück und sagte: ‘Ich bin so beschäftigt’. Ich sagte: ‘Ich verstehe, Entschuldigung, dass ich dich belästige’. Dann schrieb er einfach zurück: ‘Vielen Dank für dein Verständnis, hier ist das Lied’. Es ist einfach wunderschön.”

Marianne Faithfull (Foto: © Yann Orhan)

(Foto: © Yann Orhan)

Neben Nick Cave haben auch Musiker wie Warren Ellis, Ed Harcourt oder Mark Lanegan an der Scheibe mitgearbeitet. Der Stimme von Faithfull hört man ihr Alter natürlich an, aber das passt bestens, weil die Reife ihr viel Nachdruck verleiht und sie immer noch stark singt. Vor allem die ruhigen Nummern wie das größtenteils nur von Piano unterlegte “Born To Live”, das von Streichern und Akustikgitarre begleitete “Misunderstanding” oder das melancholische “Don’t Go” wissen einen voll zu packen, sind wunderschöne Nummern, ebenso wie die abschließende, traurige Ballade “No Moon In Paris”.

Mit “In My Own Particular Way”, “Witches Song” und dem progressiveren “They Come At Night” über alles Üble findet man nur drei Stücke mit vollerem Klangbild, denn auch die Neuinterpretationen von “As Tears Go By”, das natürlich den Kreis zu den Anfängen schließt, und Bob Dylans “It’s All Over Now, Baby Blue” als einzige Coverversion sind reduziert gehalten. Dies ist aber auch gut so, denn die klangliche Limitierung gibt dem Album eine sehr intime Note und macht die Songs zu stimmungstechnisch dichten Perlen.

www.mariannefaithfull.org.uk
facebook.com/mariannefaithfullofficial

Bewertung: 9 von 10 Punkten

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